Daemonenhunger
beina he so, als flöge er. Prüfend schlug er die Augen auf.
Er flog tatsächlich.
Er kreischte und starrte auf die Autobahn hinunter. Er befand sich mindestens hundert Meter über dem Boden und war in flottem Tempo unterwegs.
»Hör auf mit dem Gejammer«, sagte Nod hinter ihm. »Ich lasse dich schon nicht los.«
»Dann trägst du mich also«, stellte Vincent verdattert fest, blickte über die Schulter und konnte gerade noch erkennen, wie der Winzling ihn am Hosenboden festhielt. »Ich habe ganz vergessen, wie stark ihr Feenwesen seid.«
»Ja, wir sind ziemlich hart im Nehmen«, bestätigte Nod.
»Du solltest mich vielleicht besser absetzen, ehe uns jemand bemerkt«, sagte Vincent. »Wir fliegen direkt über die Autobahn. Nicht, dass es noch zu Unfällen kommt.«
»Da würde ich mir mal keine Sorgen machen«, sagte Nod. »Die Leute nehmen doch bloß wahr, was sie wahrnehmen wollen, und niemand will ein Kind sehen, das durch die Luft fliegt.«
»Ach so«, erwiderte Vincent. Das klang ganz vernünftig, auch wenn es im Grunde kein bisschen vernünftig war. Chanteuse hatte ihm bereits erklärt, dass die wenigsten Menschen Phantasiegeschöpfe sehen konnten. Ein Junge, den ein Feenmann durch die Lüfte trug, passte wahrscheinlich genau in diese Schublade.
Vincent rieb sich die Brust. Sein Oberkörper tat höllisch weh, und er konnte sich nicht einmal genau erinnern, warum.
»Was ist mit mir passiert?«, fragte er. »Ich weiß nur noch, dass ich hochspringen wollte, um diesen Dämon aufzuhalten.«
»Das hast du dann auch gemacht«, sagte Nod. »Übrigens, vielen Dank. Du hast mir das Leben gerettet.«
»Tatsächlich?« Obwohl es äußerst schmerzhaft war, zu reden oder sogar zu atmen, konnte Vincent den Mund nicht halten. »Ich habe noch einen Dämon auf dem Parkplatz gesehen. Er hat allerdings keinen besonders gefährlichen Eindruck gemacht.«
»Aber nur deswegen, weil deine Epoche noch nicht zu Ende ist«, gab Nod zurück. »Die Dämonen können erst zum Angriff übergehen, wenn die Portale sich schließen. Falls sie vorher auf dich losgehen, durchfährt sie ein magischer, äußerst schmerzhafter Stoß. Mit dem Ablauf deiner Epoche werden sie sich jedoch in deinen schlimmsten Alptraum verwandeln.«
»Aber du hast gesagt, sie kommen erst, wenn die Portale geschlossen sind.«
»Im Großen und Ganzen trifft das auch auf die meisten von ihnen zu«, erklärte Nod. »Anschließend gehen sie dahin zurück, wo sie hergekommen sind. Trotzdem bleiben manche von ihnen auf der Erde und jagen all je ne, die ihnen entwischt sind. Niemand hat eine Chance ge gen sie, sogar für unsereins sind die Dämonen zu mächtig. Auch uns Feen bleibt nichts anderes übrig, als die Beine in die Hand zu nehmen und zu hoffen, dass sie uns nicht erwischen. Oder schmecken.«
»Wieso schmecken?«
»Na ja, eine Dämonenzunge nimmt besser Witterung auf als jede Hundenase. Er muss bloß an einer Stelle kosten, wo du dich aufgehalten hast, um dich verfolgen zu können.«
»Ist das auch in dem Gebäude passiert?«
»Genau«, sagte Nod. »Da drin wimmelt es nur so von Dämonen. Deshalb habe ich mich auch versteckt, bis ich dachte, die Luft sei rein. Dann erst habe ich den Feueralarm ausgelöst.«
»Nur leider war die Luft gar nicht rein?«
»Nicht ganz jedenfalls. Den Dämon habe ich blöderweise erst bemerkt, als ich den Alarm schon ausgelöst hatte. Er hat die Zunge herausgestreckt und anscheinend Lunte gerochen. Zwar bin ich sofort in Deckung gegangen, aber er hat den Alarmhebel abgeleckt und meine Spur aufgenommen. Natürlich ist mir daraufhin nichts anderes übriggeblieben, als abzuhauen. Falls er also wieder auftaucht, hat er’s auf mich abgesehen.«
»O nein«, stöhnte Vincent.
»Erst mal ist er ja schachmatt«, sagte Nod beruhigend. »Wir haben also einen kleinen Zeitvorsprung. Deshalb bringe ich dich jetzt auch schnell nach Hause, und danach mache ich mich für eine Weile unsichtbar.«
»Können dir die anderen Feen denn nicht helfen?«, fragte Vincent.
»Gegen die Dämonen sind wir alle machtlos«, erwiderte Nod. »Besser, ich ziehe niemanden in die Sache hinein.«
»Irgendwer muss dich doch unterstützen können.« Vincent blickte suchend hinab. Inzwischen hatten sie das Autobahnkreuz erreicht, wo sich Dufferin & Steeles befand.
Einer dieser riesigen Supermärkte von Alphega.
»Ich hab’s!«, rief der Junge auf einmal. »Lass uns lan den, Nod. Die einzige Person, die uns helfen kann, befindet sich genau dort
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