Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Jahren in Markburg eingetroffen war, nahegelegt hatte, sich den hythrischen Kalender einzuprägen.
»Und dank Gawn sind sie uns entwischt«, antwortete Tarjanian, während er absaß. Ritac trat heran, ergriff die Zügel und führte Tarjanians Ross durch den belebten Innenhof zu den Ställen. »Ihr reitet am Grenzfluss entlang?«
Janseson nickte. »In der übernächsten Woche ist das Fest Bhrens, des Gottes der Stürme. Mir ist es ein Rätsel, wie man bei derartig vielen Feiertagen in Hythria irgendetwas zustande bringt. Ich habe den Eindruck, man verbringt dort unerhört viel Zeit damit, sich zu Ehren der Götter den Wanst voll zu schlagen.«
Flüchtig schmunzelte Tarjanian, dann wurde seine Miene wieder ernst. »Versichert den Bauern, während Ihr unterwegs seid, dass sie, wenn sie überfallen werden, keine Abgaben herausrücken müssen. Offensichtlich hat unser junger Hauptmann sich's angemaßt, im Verlauf seines Rundritts eine gegenteilige Regelung zu verkünden.«
Nikal Janesons Blick fiel auf Gawn. »Was für ein verwünschter Madensack.«
Gawn war aus dem Sattel gestiegen und nahte sich den beiden anderen Hauptleuten. Nachdem er Janeson höflich zugenickt hatte, wandte er sich - offenbar völlig uneinsichtig - mit unübersehbarer Schroffheit an Tarjanian.
»Ich setze Euch davon in Kenntnis, Hauptmann, dass ich Feldhauptmann Verkin über Euer verwerfliches Verhalten lückenlose Meldung zu erstatten gedenke. Er wird, so glaube ich fest, unverzüglich mit Euch sprechen wollen, sobald er darüber Bescheid weiß.«
»Verwerfliches Verhalten?«, wiederholte Nikal Janeson mit unverhohlenem Schmunzeln.
»Damit Ihr's wisst, Hauptmann Janeson: Ohne jeden Anlass hat sich Hauptmann Tenragan hinterhältig an mir vergriffen.« Der junge Hauptmann machte auf dem Absatz kehrt und stapfte zum Haupthaus.
»Mein Freund«, meinte Nikal Janeson zu Tarjanian, während er Gawn nachblickte, »es war ein Fehler, ihn am Leben zu lassen.«
»Glaubt nicht, ich hätte keine Versuchung verspürt.«
»In einer Hinsicht hat er Recht: Verkin will ohne Verzug mit Euch reden.« Janeson nahm die Zügel zur Hand und schwang sich in den Sattel. »Seit Ihr auf Streife geritten seid, hat sich einiges geändert. Um nur eine Neuigkeit zu nennen: Die Erste Schwester Trayla ist tot.«
»Tot? Wieso?«
»Nach allem, was ich vernommen habe, soll sie von einem Heiden ermordet worden sein.« Über die Schulter schaute sich Nikal Janeson nach seinen Männern um und vergewisserte sich, ob sie bereit waren loszureiten. »Alles Weitere erfahrt Ihr mit Gewissheit von Verkin. Ich muss aufbrechen.« Er beugte sich herab und drückte Tarjanian herzlich die Hand. »Tarjanian, es war eine Wohltat, Euch bei uns zu haben. Ich werde Euch vermissen.«
»So lange bleibt Ihr doch nicht fort.«
»Nein, aber Ihr werdet nicht mehr hier sein, wenn ich wiederkehre. Ihr werdet zurück in die Zitadelle gerufen, mein Freund.«
3
ZÜGIG strebte R'shiel den breiten, mit Efeu bewachsenen Ziegelweg zum Kleinen Saal der Zitadelle entlang. Sie knöpfte den Kragen ihrer grünen Novizinnenkutte zu, während sie halb ausschritt, halb lief, denn wieder drohte sie zu spät einzutreffen - dieses Mal zu einer von Frohinia angesagten Feierlichkeit. Ihre Unpünktlichkeit zählte zu den etlichen unverzeihlichen Sünden, für die ihre Mutter sie regelmäßig rügte.
Eigentlich verspürte R'shiel keinerlei Lust, an der für Schwester Jacomina, der neuen Herrin der Erleuchtung, veranstalteten Feier teilzunehmen. Sie freute sich nicht im Geringsten darauf, den ganzen Abend lang im Kleinen Saal zu stehen und von den Anhängerinnen ihrer Mutter behelligt zu werden, die sie bei derlei Gelegenheiten stets endlos mit Fragen quälten, zu denen sie sich öffentlich gar nicht äußern mochte.
R'shiel hegte die feste Überzeugung, dass Frohinia nur Anhängerinnen hatte, keine Freundinnen. Es störte sie, Tochter eines Quroum-Mitglieds zu sein. Oft wünschte sie sich, sie wäre als Knabe geboren worden. Dann hätte sie ins Hüter-Heer eintreten können. Zu gern wäre sie dem übermächtigen Schatten ihrer ehrgeizigen Mutter entkommen.
Sie erreichte den Eingang des Kleinen Saals just in dem Augenblick, als das Dunkeln der Zitadellenmauern
einsetzte. Manche jüngere Novizinnen tuschelten, es sei Zauberei, dass die Mauern der Zitadelle sich bei jeder Morgendämmerung langsam erhellten und bei Sonnenuntergang ebenso langsam dunkel wurden. Dagegen erachteten die Seminaristinnen diese Besonderheit
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