Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Stunde in mein Schwert und erspare den Kariern die Mühe, mich zu hängen.«
Offensichtlich wollte R’shiel Einwände äußern, aber Brakandaran mischte sich ein, ehe sie etwas entgegnen konnte. »Wie lauten die Forderungen, Obrist?«
»Erstens möchte ich Eure und R’shiels Zusage, dass meine Empfehlungen angenommen werden. Ich bin nicht untätig gewesen, während die Karier Medalon überrannt haben. Ich habe Männer dort, wo sie am richtigen Platz sind, und die Vollmacht, über sie zu verfügen. Doch soll uns Erfolg beschieden sein, dann ist der rechte Zeitpunkt von allerhöchster Bedeutung. Ich will nicht, dass jemand – vor allem du nicht, R’shiel – um irgendwelcher edlen heidnischen Zwecke willen voreilige Taten begeht, die das Ganze gefährden. Mich kümmern weder deine Bestimmung, R’shiel, noch die Harshini oder die Rebellen. Ich mag nicht einmal wissen, wonach du in den Archiven zu forschen gedenkst. Ist das klar verstanden worden?«
»Diesen Wunsch halte ich für berechtigt«, antwortete Brakandaran und kam R’shiel auch diesmal zuvor. »Und wohin geht die zweite Forderung?«
»Es ist meine Absicht, die Schwesternschaft zu zerschlagen.«
Beide starrten ihn an. »Die Schwesternschaft? Warum?«
»Es erstaunt mich, dass gerade du diese Frage stellst, R’shiel. Die Schwesternschaft übt eine verderbte und schlechte Herrschaft aus. Es mag sein, dass am Anfang redliche Vorsätze standen, heute jedoch treibt ausschließlich noch Machtgier die Schwestern um. Durch ihre Machenschaften haben die Mitglieder der Schwesternschaft all dies Unheil über uns gebracht. Daher will ich, wenn wir die Zitadelle von den Kariern befreien, gleichzeitig der Schwesternschaft die Macht entwinden und sie in die Hände der Hüter legen.«
»Ihr strebt an, das Joch durch die Knute zu ersetzen?«, fragte Brakandaran launig.
»Nein. Zu guter Letzt sollen Wahlen stattfinden. Medalons Volk soll darüber abstimmen, wer es führt, diese Entscheidung darf nicht mehr einer Hand voll Weiber überlassen bleiben, denen von Kindesbeinen an eingetrichtert worden ist, sie seien Menschen höheren Schlages. Mit der vorläufigen Führung betrauen wir Jenga, bis die Karier verjagt sind und wir Wahlen vorbereiten können. Er hat genug Ehre im Leib, um zu gewährleisten, dass alles mit rechten Dingen zugeht.«
Argwöhnisch musterte R’shiel ihn. »Seit wann tragt Ihr Euch mit diesem Plan, Obrist?«
»Dem Plan zum Sturz der Schwesternschaft? Seit dem Tag, an dem ich von der Brandschatzung einer kleinen, in den Heiligen Bergen gelegenen Ortschaft namens Heimbach erfuhr.«
Zunächst schwieg R’shiel. »Ihr stammt aus Heimbach«, sagte sie schließlich; sie äußerte eine Feststellung, keine Frage. In dem kurzen Satz klang die plötzliche Einsicht in seine Beweggründe mit, seinen inneren Ansporn; unversehens hatte er das Gefühl, dass sie ihm in diesem Augenblick unbewusst verziehen hatte.
»Deine leibliche Sippe ist damals bei dem Überfall hingemetzelt worden, R’shiel. Ebenso ist es meiner Sippschaft ergangen.«
»Ich wusste nicht, dass Ihr aus den Bergen kommt.«
»Woher hättest du es wissen sollen? Seit du mich kennst, R’shiel, kennst du mich nur als Hüter.«
»Aber Ihr habt stets gewusst, wer ich in Wahrheit bin?«
Garet Warner schüttelte den Kopf. »Bei deiner Geburt war ich aus Heimbach schon lange fort. Aber ich kannte J’nel, deine Mutter. Und ihre Schwester B’thrim.«
»Was waren sie für eine Art von Menschen?«
Warner musste lächeln, teils dank der Erinnerungen, die ihn nun befielen, teils wegen des Ausdrucks in R’shiels Gesicht. Ungeachtet aller Großtaten und ihrer maßlosen Machtfülle steckte in ihr noch ein Rest dessen, was sie einmal gewesen war: ein verzweifelt nach Halt suchendes Kind.
»B’thrim war, so entsinne ich mich, eine recht große, gluckenhafte Frau, die uns, wenn sie uns dabei ertappte, dass wir im Wald ihre Fallen plünderten, mit dem Abhäutemesser nachsetzte. J’nel war das genaue Gegenteil: ein kleines, zartes, aber wildes Mädchen. Wir nannten sie Schneekind. Niemals war sie glücklicher, als wenn sie sich im Wald verirrte. Mehr als einmal zählte ich als Jugendlicher zu den Aufgeboten, die nach ihr suchen mussten. Sie gehörte zu den Menschen, die es verstanden, Wildkaninchen auf ihren Schoß zu locken. Nie wieder habe ich jemanden wie sie kennen gelernt. Mich überrascht es überhaupt nicht, dass sie schließlich die Aufmerksamkeit eines Harshini-Königs erregt hat.«
Kurz
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