Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Zitadelle wieder zu erringen? Das Heer, das vor den Mauern lagert, könnte eine jahrelange Belagerung durchstehen. Hinter dem nächsten Berg wartet kein Heer, um uns Beistand zu bringen. Und wäre es so, welches Heer auf diesem Erdteil könnte sich mit den gewaltigen Streitkräften der Karier messen? Der ganze Plan ist viel zu gefährlich. Wir sollten etwas anderes ersinnen.«
Garet Warner hob die Hände, um das Stimmengewirr zu dämpfen, das sich den Darlegungen des Oberstallmeisters unverzüglich voller Zustimmung anschloss; dann schaute er erwartungsvoll R’shiel und Brakandaran an. »Elmarbert hat einen gewichtigen Einwand genannt. Scheitert unser Vorgehen, können wir das karische Heer nicht zum Abzug veranlassen, so blicken wir einer Belagerung entgegen, die lange dauert, fürchterlich verläuft und letzten Endes mit unserem Untergang endet.«
»Und wenn nun doch die Aussicht auf Entsatz bestünde?«, fragte Brakandaran. Über die Schulter sah R’shiel ihn an. Dann verstand sie die Äußerung und lächelte.
»Ach so … Damin.«
»Wer?«, fragte ein Anwesender im Hintergrund der Kammer.
»Damin Wulfskling ist gemeint, der Großfürst von Hythrien. Tarjanian Tenragan ist mit den Männern, die er um sich geschart hat, in den Süden gezogen, ihm entgegen. Wulfskling hat Medalon Unterstützung zugesichert.«
»Und darüber hinaus«, sagte R’shiel voller Nachdenklichkeit, »wäre es wahrscheinlich möglich, dass auch König Hablet auf unserer Seite eingreift. Hinzu wären die nach Hythria geflohenen Hüter zu rechnen.«
»Wie viele Hüter sind es denn?«, fragte jemand. »Tausend? Zweitausend vielleicht? Wider die Heerscharen, die vor der Stadt lagern, sind sie nur ein kärgliches Häuflein.«
»Wie denn, du glaubst wahrhaftig, die Hythrier und die Fardohnjer kämen uns zu Hilfe?« Oberstallmeister Elmarbert sprach in spöttischem Ton.
»Damin Wulfskling wird kommen«, verhieß R’shiel mit aller Zuversicht.
»R’shiel hat Recht«, gab Brakandaran ihr Rückhalt. »Wenn sie um Beistand ersucht, werden Hythria und Fardohnja sich keineswegs verweigern.«
»Dann müssen die Verhältnisse im Süden sich während der vergangenen Monate ganz wesentlich gewandelt haben«, meinte Elmarbert verdrossen. »Nach meiner letzten Kenntnis trug sich König Hablet mit der Absicht, gemeinsam mit Karien gegen uns Krieg zu führen, nicht hingegen, uns im Krieg gegen Karien Beistand zu erweisen. Und seit wann hast du eigentlich Einfluss auf die Könige und Fürsten unserer südlichen Nachbarländer?«
Warner musterte R’shiel für die Dauer einiger Herzschläge, ehe er sich an Elmarbert wandte. Er hatte sich mit ihr an der Nordgrenze aufgehalten und wusste, dass sie den hythrischen Fürsten gut kannte. »Ich bin der Auflassung, dass R’shiel in dieser Hinsicht keine hohlen Worte redet. Wenn sie es wünscht, wird Wulfskling kommen. Aber bist du dir gänzlich dessen sicher, R’shiel, dass wir ihm Vertrauen schenken dürfen?«
»Damin würde ich mein Leben anvertrauen.«
»Du vertraust ihm nicht allein dein Leben an, R’shiel, sondern gar das Leben jedes Mannes, jeder Frau und jeglichen Kindes in der Zitadelle.« Noch mehrere Augenblicke lang ruhte Warners Blick auf ihr und Brakandaran, als wöge er ab, ob es wirklich ratsam sei, auf ihre Beteuerungen zu bauen. Schließlich zuckte er mit den Schultern und richtete die nächsten Worte an seine Kameraden. »Ich sehe die Lage dergestalt: Entweder wird nun gehandelt, so wie unser Vorsatz es will, oder wir verwerfen unser Vorhaben zur Gänze. Mit jedem Tag, den die Karier Medalon im Würgegriff behalten, wird es schwieriger, sie zu vertreiben. Ich bin R’shiel zu glauben bereit, wenn sie verspricht, uns Entsatz zu verschaffen. Deshalb befürworte ich es, den geschmiedeten Plan in die Tat umzusetzen, danach stillzuhalten und abzuwarten, bis die Hythrier uns zu Hilfe eilen.« In der Kammer erklang halblautes Gemurmel, während die übrigen Hüter-Unterführer vorsichtige Zustimmung zum Ausdruck brachten. Garet Warner nickte. »Nun wohl, dann wollen wir uns über die Einzelheiten verständigen.«
Zu diesen Absprachen konnten R’shiel und Brakandaran kaum einen Beitrag leisten. Die Männer feilten an ihren Absichten schon seit dem Tag, an dem Frohinia die Urkunde unterzeichnet hatte, die Medalons Niederlage besiegelte. Alles war längst festgelegt: welche entscheidenden Örtlichkeiten der Zitadelle es einzunehmen galt, was für Waffen man brauchte und welche Männer den
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