Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
angelegte Häuser mit Flachdächern umgaben die Bucht; dazwischen lagen von Palmen schattige Gärten sowie die Gebäude der zahlreichen, über die ganze Stadt verstreuten Tempel. Talabar war eine schöne Stadt, weder so kahl und weiß wie Groenhavn, noch dermaßen grau und beklemmend wie Schrammstein. Allein die Zitadelle in ihrer glorreichsten Zeit hätte sich mit ihr messen können.
Viele Jahre waren verstrichen, seit Brakandaran sich in Talabar aufgehalten hatte. Bei jenem letzten Mal hatte er verheimlicht, wer er war, und sich wie ein unbedeutender Niemand durch eine weitläufige Stadt bewegt, deren Einwohner seinesgleichen als ausgestorben betrachteten. Das vorherige Mal war er dort gewesen, als noch Hablets Urgroßvater auf dem Königsthron saß. Damals hatte man ihn als Meister Brakandaran gekannt, den die Könige ebenso fürchteten wie die Sklaven. Sich später damit bescheiden zu müssen, Brakandaran das Halbblut zu sein, hatte ihm zwar wenig behagt, war in mancherlei Hinsicht jedoch nützlich gewesen, und er hoffte, dass man ihn zumindest in bestimmten Kreisen nicht vergessen hatte.
Brakandaran gelangte durch eines der Tore in die Stadt, ohne behelligt zu werden. Die Torwachen erübrigten viel mehr Aufmerksamkeit für die Karren und sonstigen Fahrzeuge, die sie mit unterschiedlicher Hingabe durchsuchten – je nach dem Wohlstand des betroffenen Händlers und der voraussichtlichen Höhe der Summe, die sie einstreichen konnten, wenn sie ein Auge zudrückten. Käuflichkeit bildete in Fardohnja eine feste Größe. Selbst der ehrbarste Krämer erwartete nicht, seine Geschäfte tätigen zu können, ohne irgendjemand für den Umstand, dass er dabei ungestört blieb, zu bezahlen.
Er ritt durch die bevölkerten Straßen und ließ die Eindrücke der Stadt auf sich wirken. Anhand der allgemeinen Gemütsstimmung auf einem betriebsamen Marktplatz, in einer lärmenden Schänke oder einer geschäftigen Schmiede ließen sich mannigfaltige Rückschlüsse ziehen. Sein Weg führte vorbei an den Glaswerken, in deren finsteren, höhlenartigen Werkstätten Schmelzöfen glosten; vorüber an den lauten Schlachthäusern, wo die Metzger der Göttin des Überflusses Dankeslieder grölten, ehe sie mit geübten Schnitten ihrer scheußlich scharfen Messer den glücklosen Schlachttieren die Kehle aufschlitzten.
Talabar wirkte auf Brakandaran, wie es immer auf ihn gewirkt hatte. Er konnte nichts Ungewöhnliches bemerken.
Sein Pferd scheute infolge des Geruchs frischen Bluts, das aus den Schlachthöfen in Talabars riesige unterirdische Abflussanlagen rann. Von dort strömte es ins Meer, in dem gewaltige Fischschwärme sich an der seltenen Leckerei labten und anschließend träge zurück in die offene See schwammen, wo dann die Fischer mit den langen Hanfnetzen ihnen auflauerten.
Die Straßen verbreiterten sich, als Brakandaran ins Weberviertel ritt, aber das Gewimmel der Menschen lichtete sich nicht im Geringsten. Wie ein Pulsschlag erfüllte das Klappern der Webstühle die Luft. Ein paar Straßen weiter sah er sich zum Absitzen gezwungen. Er schmunzelte nur, während er seinen Wallach am Schauplatz eines hitzigen Streits entlangführte, den ein Tuchhändler, dessen Wagen umgekippt war, sodass sich eine Ladung Wollstoffballen auf der Straße türmte, und ein höchst aufgebrachtes langes Elend von Näherin austrugen, die über den Händler und seine Sauferei lauthals genug schimpfte, um noch in Medalon gehört zu werden.
Dahinter schwang sich Brakandaran wieder in den Sattel und durchquerte bald darauf ein vergleichsweise ruhiges Wohnviertel. Dort waren die Gassen gepflastert und die Bauten, obgleich sie eng zusammenstanden, offensichtlich Wohnhäuser wohlhabender Händler, deren Reichtum zwar nicht genügte, um sich Grundstücke in der Nähe des Hafens leisten zu können, aber die ohnedies lieber unweit ihrer Läden wohnten. Die Häuser befanden sich in gepflegtem Zustand. Sklaven fegten vor so mancher Tür das Pflaster oder klopften auf großen, zur Straße gelegenen Balkonen Teppiche aus. Hohe Topfpalmen und üppig wuchernde Klettergewächse spendeten Schatten.
Noch im Lauf des Vormittags erreichte Brakandaran den angenehmsten Stadtteil Talabars, die Gegend zwischen Hafen und Sommerpalast. Hundert Geschlechterfolgen fardohnjischer Könige hatten sich in dem Bestreben, die Gunst der Götter zu gewinnen, der Aufgabe verschrieben, ihnen in der Stadt immer eindrucksvollere Tempel zu errichten. Jelanna war Hablets
Weitere Kostenlose Bücher