Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals

Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals

Titel: Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
Vom Netzwerk:
nach Brakandarans Ein-Schätzung ein Körper in herausragend tüchtiger Verfassung verbarg. Viel schwieriger fiel es, ihr Alter zu schätzen; sie konnte zwischen zwanzig und vierzig Jahre zählen. Brakandaran vermutete das Letztere. Ihre Augen spiegelten ein zu gründliches Wissen wider, zu viel misstrauische Achtsamkeit und zu viel Überdruss an der Welt, als dass sie noch in der Blüte ihrer Jugend hätte stehen können.
    Sie klopfte nach der Abendmahlzeit leise an Brakandarans weiß gestrichene Kammertür. Vorsichtig öffnete er die Tür und musterte die Frau vom Scheitel bis zur Sohle. Am Mittelfinger der Linken stak der kleine, goldene Raben-Ring der Assassinen-Zunft. Obgleich er es im Stillen als den Gipfel überheblicher Dummheit bewertete, ein Zeichen des eigenen Gewerbes so offen zur Schau zu stellen, stellte er, da er den Ring erkannte, keine Fragen und ließ die Besucherin eintreten, weil er auf diese Weise seine eigene Glaubwürdigkeit festigte.
    Einst hatte er mit einem früheren Raben eine Meinungsverschiedenheit über die Torheit ausgefochten, als Assassine etwas so Offenkundiges zu tragen, aber die Menschen hielten gern an ihren Wahrzeichen fest, und anscheinend hatte sich dieser Brauch unverrückbar bis heute gehalten. Närrische Menschen .
    »Was wünscht Ihr vom Raben?«, erkundigte sich die Frau, ohne irgendwelche Höflichkeitsfloskeln voranzuschicken, und schaute sich in dem Gemach um.
    »Ich möchte mit ihm sprechen.«
    »Der Rabe redet nicht mit jedem.«
    »Mit mir wird er reden.«
    Die Frau beendete die Musterung der Räumlichkeit und heftete den Blick auf Brakandaran. »Das hat uns schon Gernard ausgerichtet.«
    »Gernard?«
    »Der Gastwirt.«
    »Aha … Darf ich Euch Wein einschenken?«
    »Nein.« Die Assassine durchmaß die Kammer und öffnete die Tür zum Garten, atmete tief die vom üppig blühenden Grün duftige Luft ein. Brakandaran hatte keinen Zweifel daran, dass ihr weniger an den Pflanzen gelegen war als an der Gewissheit, nicht belauscht zu werden. »Nun denn«, meinte sie, indem sie sich von der offenen Tür entfernte, »sagt an, was hat es mit Euch so unerhört Besonderes auf sich, dass der Rabe dazu geneigt sein sollte, Euch zum Gespräch zu empfangen?«
    »Ich bin Brakandaran.«
    Kurz unterzog sie ihn im Zwielicht einer genaueren Betrachtung; dann lachte sie. »Das Halbblut Brakandaran? Daran hege ich meine Zweifel.«
    »Ihr fordert Beweise?«
    »Ach, ich bin mir ganz sicher, dass Ihr Beweise aufzutischen versteht«, entgegnete sie heiter. »Eine Fülle ulkiger Taschenspielerpossen, die mir weismachen sollen, Ihr verfügtet über Zauberkräfte. Allerdings überseht Ihr eine Kleinigkeit.«
    »Und die wäre?«
    »Brakandaran müsste sich, im Fall dass er noch lebte, im Greisenalter befinden. Er ist hier das letzte Mal … vor fünfzig Jahren gewesen? Ihr könnt kaum mehr als fünfunddreißig Jahre zählen, mag sein, vierzig, wenn’s hoch kommt.«
    »Ich bin zur Hälfte Harshini«, stellte Brakandaran fest. »Ich altere nicht in dem Maße wie ein gemeiner Mensch.«
    Die Frau lächelte. »Sehr gerissen. Selbst darauf wisst Ihr eine Antwort. Sie behebt meine Zweifel nicht, aber ich weiß es zu würdigen, wenn jemand auf Einzelheiten achtet.«
    Brakandarans Herz erwärmte sich für die Frau. Sie war außerordentlich scharfsinnig und hatte ein durchaus anziehendes Wesen. Aber er musste sie überzeugen, und wahrscheinlich stand er damit vor keiner leichten Herausforderung.
    »Nun wohl«, gab er zur Antwort und hob die Schultern. »So sagt Ihr mir, welcher Beweis Euch genügen soll, eine Art von Probe, die ich ganz unmöglich vorausgesehen haben kann. Vielleicht empfiehlt es sich, für diesen Zweck einen anderen Ort aufzusuchen, damit ich Euch nicht mit … wie habt Ihr es genannt? Mit listig vorbereiteten Taschenspielerpossen übers Ohr haue.«
    »Ich weiß beileibe nicht, weshalb ich mich so einer Mühe unterziehen sollte.«
    »Dürftet Ihr es Euch erlauben, einem Irrtum zu erliegen?«
    Einige Augenblicke lang überlegte die Frau, dann schüttelte sie den Kopf. Als versänke sie in Gedanken, wandte sie sich ab, ihre Hand glitt unter ihr Gewand. »Eine Probe, sagt Ihr? Etwas Unerwartetes?« Sie fuhr herum und hob den Arm. »Versuchen wir’s damit.«
    Das Geschoss, das von der kleinen Armbrust auf ihn zusauste, überraschte Brakandaran. Zwar hatte er sich soeben gedacht, dass sie irgendetwas im Schilde führte, doch um sich auf diesen Anschlag einzustellen, blieb ihm keine

Weitere Kostenlose Bücher