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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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die Wahrscheinlichkeitsmetrik herstellen können, um
spezifischen EIs zu lauschen –«
    »EIs?«
    »Externe Intelligenzen. Im Mittelalter wurden EIs als
Dämonen, Gespenster, Geister und so weiter bezeichnet. Um es auf einen Nenner
zu bringen; Außerirdische aus kosmologischen Weiten, wo das anthropologische
Prinzip Gesetz ist und sich diverse intelligente Spezies entwickelt haben.
Manche weisen übermenschliche Züge auf, andere können es nicht einmal mit dem
IQ eines Zaunpfahls aufnehmen. Was jedoch zählt, ist die Tatsache, dass wir sie
manchmal und mit etwas Glück benutzen, ja kontrollieren können. Manche können
Wurmlöcher öffnen –negative Masse ist für sie nichts Außergewöhnliches – und
sich selbst oder andere Wesen hindurchschicken. Soweit ich es begriffen habe,
sind wir dank der generellen Unbestimmbarkeitstheorie in der Lage, sie
zielgenau anzupeilen – so ähnlich, wie wenn man ein Telefonbuch benutzt, statt
einfach die erstbeste Nummer zu wählen.«
    Ein halbmondförmiger Teller voll Gyöza wird zwischen
uns auf den Tisch gestellt, und wir verbringen die nächsten Minuten mit Essen.
Danach kommt die Suppe, und ich jongliere mit Stäbchen und Löffel, um die
Nudeln, die meinen, mir entwischen zu können, in meinen Mund zu befördern.
    »Also«, fängt Mo an, nachdem sie ihre Suppe
ausgetrunken und die Stäbchen über ihr Schälchen gelegt hat. Sie schaut mich
ernst an. »Fassen wir mal zusammen. Ich bin also über etwas gestolpert, das die
Wäscherei interessiert. Ganz so, als ob ich eine Atombombe entworfen hätte,
ohne es zu merken. In diesem Land arbeitet jeder, der an so etwas dran ist, für
die Wäscherei. Und jetzt hat die Wäscherei mich aufgesaugt, und Sie sollen mir
den nötigen Hintergrund liefern, damit ich weiß, wo ich mich eigentlich
befinde.«
    »Meist in der schmutzigen Wäsche anderer Leute«, sage
ich entschuldigend.
    »Natürlich. Und die Idee, mich über alles auf den
neuesten Stand zu bringen, kam von Ihnen? Was ist also in Santa Cruz wirklich
passiert? Wer hat mich gekidnappt und was haben Sie dort gemacht?«
    »Ich kann nicht behaupten, dass man mir nicht nahe
gelegt hätte, diskret mit Ihnen zu sprechen.« Ich lege meinen Löffel auf den
Tisch und drehe ihn nachdenklich um. »Die Wäscherei ist in erster Linie eine
sich selbst am Leben erhaltende Bürokratie. Sie unterscheidet sich also kaum
von irgendeinem anderen x-beliebigen Ministerium. Die Standardarbeitsanweisung
für Außendienstler lautet, wenn sie in Schwierigkeiten stecken, die Zentrale zu
beschützen, indem man die Fühler zurückzieht.« Ich drehe den Löffel erneut um.
»Als ich nach England zurückkam, wurde ich strafversetzt, weil ich Ihnen
gefolgt war. Selbst mein Boss konnte nur zusehen.«
    »Sie sind mir was?« Mos Augen weiten sich. »Ich wusste
gar nicht –«
    Ich schneide eine Grimasse. »Die Standardarbeitsanweisung
lautet, dass man sich so schnell wie möglich aus dem Staub machen soll, wenn
irgendetwas passiert. Aber was sollte ich tun? Sie klangen nicht gerade
glücklich, als Sie mich anriefen. Also fuhr ich zu Ihrer Wohnung, um Ihnen von
dort aus zu dem Haus zu folgen, wo man Sie festhielt. Von da aus rief ich Ihr
Handy in der Hoffnung an, dass jemand freundlich Gesinnter mithört. Das
Nächste, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich in einem Krankenhaus mit
einem gewaltigen Kater aufwachte, ohne einen einzigen Tropfen Alkohol getrunken
zu haben. Der amerikanische Geheimdienst nahm mich sofort in die Mangel.
Zugegebenermaßen nicht sehr clever von mir, aber zumindest haben sie uns beide
lebend rausgeholt. Als ich dann nach England zurückkam, erklärte man mir, dass
nichts dergleichen vorgefallen sei. Sie seien nicht von grauen Herren aus dem
Mittleren Osten gekidnappt worden, die vielleicht – vielleicht aber auch nicht
– für einen Mann namens Tariq Nassir mit Verbindungen zu Yusuf Qaradawi arbeiten.
Die Schwarze Kammer habe keinerlei Interesse an Ihnen. Denn wäre irgendetwas
davon wahr, wäre das sehr, sehr schlecht, was wiederum meiner Vorgesetzten
nicht gut tun würde. Und die ist derart scharf darauf, eine öffentliche
Auszeichnung zu bekommen, dass man es zehn Kilometer gegen den Wind riechen
kann.«
    Mo sagt einen Moment lang nichts. »Ich hatte ja keine
Ahnung«, meint sie schließlich. In ihren Augen funkelt es gefährlich. »Diese
Männer hatten vor, mich umzubringen. Ich habe es mit meinen eigenen Ohren
gehört!«
    »Nicht offiziell«, verbessere ich sie.

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