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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Prädikatenlogik zu verstehen scheint wie Sie.«
Er wirft einen Blick auf die Uhr. »Schon halb sechs. Sie wollen jetzt bestimmt
Feierabend machen.«
    Ich stehe auf und gehe zur Tür. Meine Hand greift
bereits nach der Klinke, als Angleton noch mit tonloser Stimme hinzufügt: »Wie
viele haben den Angriff auf Wadi al-Qebir überlebt, Mr. Howard?«
    Ich halte in meiner Bewegung inne. Verdammt. »Zwei«,
erwidere ich und merke, dass ich meinen Kehlkopf nicht mehr unter Kontrolle
habe. Schon wieder eines dieser Kontrollfelder. Das Schwein hat sein Büro wie
eine Verhörzelle verkabelt!
    »Sehr gut, Mr. Howard. Die beiden waren die Einzigen,
die ihrem Kommandanten voll und ganz vertrauten. Darf ich Ihnen vorschlagen,
dass Sie sich von ihnen eine Scheibe abschneiden und in Zukunft Ihre Nase nicht
mehr in Sachen stecken, die Sie nicht das Geringste angehen? Zumindest sollten
Sie etwas geschickter vorgehen.«
    »Ich –«
    »Aber jetzt hinaus mit Ihnen, ehe ich mich noch über
Sie lustig mache«, fügt er leicht amüsiert hinzu.
    Ich gehe – verlegen und doch erleichtert.
     
    Mo aufzuspüren ist nicht weiter schwierig, nachdem ich
mich erinnert habe, dass mein Palmtop noch immer auf ihre Aura ausgerichtet
ist. Mit dem Lift fahre ich zwischen den untersten Stockwerken hin und her, bis
ich sie in einem der Leseräume der Bibliothek orte. Sie sitzt über einer alten
Handschrift, deren Tinte hell unter Mos beleuchteter Lupe schimmert. Sie wirkt
so vertieft, dass ich an den Türrahmen klopfe und warte.
    »Ja? Oh, Sie sind es.«
    »Es ist zehn vor sechs«, sage ich zaghaft. »In zehn
Minuten wird Sie irgendein Orang-Utan im blauen Anzug hier einschließen.
Manchen Leuten gefällt so etwas ja, aber Sie scheinen mir nicht zu dieser Sorte
zu gehören. Deshalb dachte ich mir, ich könnte Sie vielleicht mit einem Glas
Wein hier rauslocken. Ich schulde Ihnen ja auch noch eine Erklärung.«
    Unbewegt erwidert sie meinen Blick. »Hört sich besser
an, als einem Orang-Utan im blauen Anzug zu begegnen. Ich treffe jemanden um
neun, aber eine Stunde kann ich mir leisten. Dachten Sie an irgendetwas
Bestimmtes?«
    Kurz darauf finden wir uns in einem überteuerten
Schwachkopf-Nirvana namens Wagamama in der Nähe der New Oxford Street wieder.
Man kann es gar nicht übersehen, denn die Schlange der Modeopfer steht hier bis
weit auf die Straße, und manche warten schon so lange, dass sie versteinert zu
sein scheinen. Das Wagamama hat eine riesige Küche aus rostfreiem Edelstahl und
zahlreiche anscheinend australische Bedienungen auf Rollerblades, die mit
aufgesetztem Grinsen die Bestellungen von ihren Palmtops in die Kasse einscannen,
während sie um die klapprigen Mensatische flitzen. Dort sitzen sehr ernsthafte
junge Dinger mit kleinen quadratischen Brillen, die den Einfluss Derridas auf
Alcopop-Marketing in Bezug auf den nächsten großen Börsengang diskutieren – oder
was auch immer diese Szenetypen augenblicklich als wichtig auserkoren haben –,
während sie sich über ihre Gyöza beugen und die ihre japanischen
Buchweizennudeln schlürfen. Mo schafft es, sich mir gegenüber am Kopf eines
altersschwachen Tisches, der wahrscheinlich jede Nacht mit einer
Mikrotom-Klinge poliert wird, auf eine Bank zu zwängen. Die Leute neben uns
kichern hysterisch über irgendeinen Fernsehjob, und Mo wirft mir einen scharfen
Blick zu.
    »Das Essen soll nicht schlecht sein«, sage ich zu
meiner Verteidigung.
    »Darum geht es nicht«, meint sie und blickt über ihre
Schulter. »Es sind die Leute. Alles so kalifornisch. Ich hätte nicht gedacht,
dass dieser Müll schon London erreicht hat.«
    Ein Bedienungs-Bot schießt an unserem Tisch vorbei und
bombardiert uns aus der Ferne mit zwei supergekühlten, direkt aus flüssigem
Stickstoff gefischten Kirin-Bierdosen. Mo fasst sie an und zuckt zurück, als
ihre Fingerkuppen gefrieren. »Woher hat die Wäscherei eigentlich ihren Namen?«
    »Hm.« Ich sammle meine Gedanken. »Soweit ich weiß,
waren sie während des Zweiten Weltkriegs in einer beschlagnahmten chinesischen
Wäscherei in Soho untergebracht. Erst als der Mülleimer in seinen Wolkenkratzer
zog, bekam die Wäscherei Dansey House.« Um meine Bierdose zu öffnen, ziehe ich
mir den Pullover über die Finger und gieße dann den Doseninhalt in ein Glas.
»Claude Dansey wurde zum obersten Chef des SOE verdammt. Als eingefleischter
SISler kam er mit den hohen Tieren einfach nicht zurecht. SOE galt während des
Krieges sozusagen als Cowboy des britischen

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