Dämonentor
»Aber
inoffiziell kann ich so viel sagen: Bridget ist nicht die einzige
Poker-Spielerin in der Wäscherei.« Ich zucke mit den Achseln. »Ein anderer
Spieler möchte Genaueres über Ihre Geschichte wissen. Natürlich ganz
inoffiziell.« Ich lasse meinen Blick durch das Lokal wandern. »Hier ist
eigentlich nicht der geeignete Ort dafür. Sogar mit einem Wäscherei-Palmtop.«
»Ich …« Sie schaut auf die Uhr. »Ich habe noch eine
Stunde, Bob. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, könnten Sie auf eine Tasse Kaffee
mitkommen, ehe ich Sie dann hinauskomplimentiere. Ich möchte mehr wissen.« Sie
sieht mich ernst an. »Aber um halb zehn ist Schluss. Ich habe eine
Verabredung.«
»Okay.« Ich hoffe, dass man mir meine Enttäuschung
nicht ansieht. Gleichzeitig verspüre ich eine gewisse Erleichterung, dass ich
nun auf keinen Fall Gefahr laufe, Mhari eins auszuwischen. Außerdem ist Mo viel
zu nett, um sie für ein derartiges Spielchen zu missbrauchen. Ich winke, und
schon erscheint ein Kellner neben mir, ergreift meine Kreditkarte, zieht sie
durch seinen Palmtop und wünscht mir noch einen schönen Abend.
Wir machen uns auf in Richtung Mos Wohnung. Sie liegt
im Zentrum von Putney, umgeben von Weinbars und Cafes. Wir nehmen die Bahn, und
sobald der Zug aus dem Tunnel ins Freie kommt, ist klar, dass wir in den
Londoner Vororten gelandet sind. Wir steigen aus, und Mo eilt mit entschlossenem
Schritt voran, sodass ich kaum nachkomme. »Ist nicht weit«, ruft sie. »Mehr
oder weniger um die Ecke.«
Wir laufen durch eine mit Laub übersäte Straße. Alles
ist in das orangefarbene Licht der Laternen getaucht. Ich spüre bereits den
kalten Hauch des Herbstes. »Hier ist es«, verkündet Mo schließlich und zeigt
auf eine Tür etwas abseits von der Straße mit einer ganzen Reihe von
Klingelschildern. »Ich wohne ganz oben im dritten Stock, unter dem Dach.« Sie
stochert etwas mit dem Schlüssel im Schloss herum und öffnet schließlich die
Tür. Wir stehen in einem dunklen Treppenhaus. Auf einmal läuft es mir eiskalt
den Rücken herunter. Jeglicher Laut scheint plötzlich verstummt zu sein und
auch das Licht der Laternen scheint zu verlöschen.
»Warten Sie –«, mehr kann ich nicht mehr sagen, ehe
sich eine schwarze Gestalt aus dem Schatten löst und Mo von hinten erwischt.
Sie sackt leblos in die etwa zwölf Tentakel ihres
Angreifers, der sie in die Tiefen des Treppenhauses zieht. »Verdammt!«, schreie
ich, mache einen Schritt rückwärts und suche nach dem Multitool, das an meinem
Gürtel hängt. Mit gezogener Acht-Zentimeter-Klinge schleiche ich ins
Treppenhaus.
Ich höre einen gedämpften Schrei. Mo liegt vor der Tür
zu einer Wohnung und schreit um ihr Leben. Irgendetwas, das an ein Nest aus
tausend Schlangen erinnert, versucht, sie am Nacken in die Wohnung zu zerren.
Das Energiefeld, das mein Gehör einschränkt, dämpft auch ihre Schreie. Das
Tentakelwesen hat Mo an ihren Armen und am Oberkörper gepackt. Hinter ihr
scheint die Tür zu pulsieren, und das Licht aus der Glühbirne über uns
flackert.
Ich laufe zur Haustür, ziehe mein Handy raus und wähle
eine Kurzwahlnummer, ehe ich das Gerät auf die Stufen vor dem Eingang
schleudere. Dann atme ich tief ein und zwinge mich, da wieder reinzugehen.
»Hol es von mir weg!«, bittet mich Mo lautlos, während
sie wie wild um sich schlägt. Ich beuge mich über sie und setze die Klinge an
einen der Tentakel. Das Ding ist trocken und ledrig und windet sich wie eine
gewaltige Schlange. Ich stoße mit aller Kraft zu.
Das Wesen auf der anderen Seite der Tür rastet nun
völlig aus: Sogar das Energiefeld kann die Geräusche, die von drinnen kommen,
nicht mehr dämpfen. Etwas Riesiges versucht die Wand zu durchbrechen. Die
Tentakel ziehen sich enger um Mo zusammen, und ich habe eine Heidenangst, dass
sie jeden Augenblick ersticken könnte. Eine schwarze Flüssigkeit sickert aus
der Wunde, die mein Messer verursacht hat. Ich ramme den Tentakel mit der
Klinge zu Boden und säble, was das Zeug hält. Es fühlt sich an, als würde ich
einen Riesengummischlauch bearbeiten, der locker eine Güterlokomotive hätte
antreiben können.
Mo schlägt immer noch wild um sich. Ihr Rücken ist
gegen den Türrahmen gepresst, und sie rollt mit den Augen. Mit meiner freien
Hand greife ich nach dem Tentakel an ihrem Nacken, und ein ungeheurer Schmerz
breitet sich in meinen Fingern aus – als hätte ich in ein Bett von
Rasierklingen gegriffen. Die schwarze, ölige Flüssigkeit spritzt
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