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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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eine Art Blutopfer sprachen, also über
ein Opferung für einen Erkenntnisgewinn. Kerle aus dem Mittleren Osten. Ein
Inkubus. Ein deutscher Akzent. Sind Sie sicher, dass er deutsch war?«
    »Ja«, erwidert sie finster. »Zumindest glaube ich es.
Aber es hat sich garantiert um einen Mitteleuropäer gehandelt.«
    »Das ist wirklich seltsam. Ich kann mir das Ganze
nicht erklären. Soweit ich weiß, gibt es keine verdächtigen okkultistischen
Gruppen in Deutschland. Die Rosenberg-Gruppe von der Abwehr und die   Überlebenden
der Thule-Gesellschaft wurden Ende Juni 1945 ›auf der Flucht erschossen‹. Die
KZ-Wächter wurden entweder ebenfalls hingerichtet oder erhielten lebenslange
Haftstrafen. Diejenigen, die für die Ahnenerbe-SS zuständig waren, wurden exekutiert,
und das ganze Land wurde, was Okkultismus betraf, entmilitarisiert.«
    »Er fing immer wieder an«, fügt Mo unerwartet hinzu.
    »Womit?«
    »Er wollte nach Hause, wollte Hilfe dorthin bringen
oder so. Glaube ich zumindest.«
    Ich richte mich auf und zucke gleich wieder zusammen.
Meine Rippen tun immer noch weh. »Hilfe? Sagte er etwas Genaueres?«
    Mo denkt eine Weile nach. Ihre dichten dunklen
Augenbrauen ziehen sich zusammen. »Er sagte noch etwas über den ›Öffner der
Pfade‹. Dabei hatte ich den Eindruck, als ob er über mich reden würde. Er
erklärte, dass die Unterstützung im Kampf gegen Dar-al-Harb warten müsse, bis
die Zeremonie der … ahm … der ›Entfesselung der Wurzeln des Igdrazl‹ vorüber
sei. Erst dann würde er ›die Brücke öffnen und die Eisgiganten einlassen können‹.
Diese Brücke schien ihm sehr wichtig zu sein, die Brücke zum Lebensraum. So
nannte er das – Lebensraum. Ergibt das irgendeinen Sinn?«
    »Einen ›Oh verdammte Scheiße‹-Sinn schon.«
    Sie nimmt den Becher wieder in die Hand und spielt
damit.
    »War das alles?«
    »Nein, das ist noch nicht alles. Ich wartete, bis ich
glaubte, dass sie gegangen waren und rief Sie an. Sie müssen aber wohl doch
noch in der Küche gewesen sein, denn auf einmal wurde die Tür aufgerissen und
der Typ mit der Pistole nahm mein Handy, warf es auf den Boden und trampelte
darauf herum. Er war sehr wütend, aber der andere, der mit dem Akzent –« Sie
erbebt auf einmal am ganzen Körper.
    »Können Sie ihn beschreiben?«
    Sie schluckt. »Das ist es ja. Der Stimme nach hatte
ich eine Art Arnold Schwarzenegger erwartet, aber das war er nicht. Da waren
vier Typen aus dem Mittleren Osten und der eine hatte … Er hatte … Ich kann
mich nicht mehr an sein Gesicht erinnern. Aber an die Augen. Sie strahlten in
einem eigenartigen, grünen Licht, wie Murmeln. Und da war etwas Leuchtendes,
Wurmartiges an seinem Gesicht. Er – also der Kerl mit den Augen und dem
deutschen Akzent – war wütend und schrie mich an. Ich hatte panische Angst,
aber sie zerstörten nur mein Handy und sperrten mich dann wieder ein. Diesmal
verbarrikadierten sie die Tür auch noch mit einem Tisch. Und ich … Ich …« Mo trinkt
ihren Kaffee aus. »Das war die schlimmste Stunde meines Lebens.« Sie   überlegt.
»Es hätte natürlich noch schlimmer kommen können.« Pause. »Sie hätten es tun
können.« Pause. »Mein Anruf hätte sie nicht erreicht.« Pause. »Vielleicht hätte
man mich nie gefunden.«
    »So sieht unser Alltag aus«, sage ich leichthin, auch
wenn ich mich ganz und gar nicht so fühle. »Haben Sie irgendetwas gesehen, als
die Polizei Sie befreit hat?«
    »Da habe ich, ehrlich gesagt, nicht so aufgepasst«,
meint sie zitternd. »Ich hörte auf einmal Schüsse. Dann trat, wie es schien,
ein komplettes SWAT-Team die Tür zu meiner Kammer ein. Ich blickte auf einmal
in mehrere Maschinenpistolenläufe. Da denkt man nicht mehr viel nach, sondern
versucht nur noch, nicht bedrohlich zu wirken. Einer der Leute kam dann auf die
glorreiche Idee, dass ich das Opfer sein muss, und man führte mich nach
draußen. Im Haus war überall Blut und außerdem zwei Leichen, aber der Kerl mit
den seltsamen Augen war nicht darunter. Den hätte ich erkannt. Dann fielen mir
noch merkwürdige Symbole an den Wänden auf. Die vorher weißen Wände waren mit
irgendeiner dunklen Flüssigkeit, vielleicht mit Blut, beschmiert. Es gab
außerdem noch einen niedrigen Tisch, einen kaputten Laptop, einige
Kerzenleuchter und ein elektrisches Schweißgerät. Es war seltsam,
wahrscheinlich können Sie sich das sogar vorstellen. Und dann wurde ich
weggebracht.«
    Mein schlechtes Gefühl verstärkt sich – und zwar so
sehr, dass

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