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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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aus einem
elektrischen Stuhl und einer Streckbank.
    Mos Augen sind geschlossen. Sie scheint nicht bei
Bewusstsein zu sein. Ich kann nicht anders: Hektisch fummele ich an dem
Verschluss meines Helms herum, bis ich das Visier hochklappen und die eiskalte
Luft einatmen kann. Mo wurde vor ungefähr acht Stunden entführt. Wenn man sie
seitdem hier festgehalten hat, ist sie wahrscheinlich schon halb erfroren.
    Ich nähere mich ihr vorsichtig, wobei ich darauf
achte, den mit Lötzinn auf den Steinboden gezeichneten Schaltkreis nicht zu berühren.
»Mo?«
    Sie zuckt zusammen. »Bob? Bob, hol mich hier raus!«
Ihre Stimme klingt heiser und ängstlich.
    Ich hole tief und zitternd Luft. »Das ist genau, was
ich vorhabe. Bleibt nur noch die Frage wie.« Ich sehe mich um.
»Irgendjemand da?«, rufe ich.
    »Sofort«, höre ich Hutters Stimme aus dem Korridor.
»Wir warten noch auf den Boss.«
    Ich suche nach meinem Palmtop. Ehe ich mich dem Bett
noch weiter nähere, möchte ich genau wissen, womit ich es zu tun habe. »Mo,
sprich mit mir. Was ist passiert? Wer hat dir das angetan?«
    »Oh Gott, er ist noch da draußen …«
    Panik ergreift sie, und sie fängt an, wie wild an den
Seilen zu reißen. »Stopp! Hör auf.«, schreie ich, nun ebenfalls panisch. »Mo,
hör auf, dich zu bewegen. Die ganze Vorrichtung könnte auf dich herunterfallen!«
    Sie hört so abrupt auf, sich zu bewegen, dass das
Folter-Streckbett heftig wackelt. »Was hast du gesagt?«, fragt sie flüsternd.
    Ich lasse mich auf meine Fersen nieder und versuche,
das Fundament dieser Vorrichtung genauer zu untersuchen. »Ich binde dich los,
sobald ich sicher sein kann, dass du nicht in den Schaltkreis integriert bist.
Weißt du, so eine Art Totmann. Sieht mir ganz nach einer
Vohlman-Knuth-Konfiguration aus, die momentan zum Glück ausgeschaltet ist. Ein
bisschen Strom und die Sache könnte ganz anders aussehen.« Ich habe ein
interessantes Diagnose-Programm auf meinem Palmtop aufgerufen und der
Hall-Effekt-Sensor im Rechner liefert mir einige überaus nützliche Daten. »So
etwas benutzt man für Geisterbeschwörungen. Dämonen, wie man sie früher einmal
nannte. Heutzutage nennen wir sie primäre Manifestationen. Wahrscheinlich, weil
sich das Management dann nicht gleich in die Hose macht. Wer hat dich hier
festgeschnallt?«
    »Ein dünner Typ mit gebräuntem Teint und deutschem
Akzent.«
    »Der aus Santa Cruz?«
    »Nein, den hier hatte ich noch nie zuvor gesehen.«
    »Scheiße. War er allein? Hat er an dem Streckbett
herumgeschaltet?«
    Ich inspiziere die obere Seite der Vorrichtung. Der
seltsame Lüster über Mo ähnelt einer fürchterlichen dreidimensionalen Guillotinenklinge.
Wenn man auch nur eines der Seile durchschneiden würde, die Mo festhalten, käme
sie unweigerlich herunter. Ich bin mir nicht sicher, woraus sie genau besteht.
Glas und Teile menschlicher Knochen sind ebenso erkennbar wie farbkodierte
Drähte und Zahnräder. Außerdem weiß ich nicht, ob die verdammte Klinge nicht
sowieso herunterfällt, wenn jemand die Vorrichtung anschaltet.
    »Nein, ich glaube, er war allein«, flüstert Mo,
scheint sich aber nicht sicher zu sein.
    Ich sehe mir nun den Fuß des Geisterbeschwörungsbettes
an und entdecke zu meiner Erleichterung ein Log-Display. Offensichtlich sind
hier schreckliche Dinge vor sich gegangen: Geister, die durch die Drähte
heulten; zerstörte Informationen, die mithilfe von merkwürdig gedrehten
Geometrien aus Silberdraht und Haaren gehängter Frauen aus unserem
Raum-Zeit-Kontinuum geschleust wurden.
    Dieser widerwärtige Abschaum! Ich muss Mo unbedingt
dazu bringen, weiter mit mir zu sprechen.
    »Ich habe geschlafen«, fährt sie fort. »Ich erinnere
mich noch an einen Traum – ein tosender, sehr kalter Wind, und ich werde
irgendwohin getragen, kann mich aber nicht bewegen. Als ob ich gelähmt wäre.
Ich habe wahnsinnige Angst gehabt und konnte nicht atmen. Dann bin ich hier
aufgewacht. Er beugte sich über mich. Mein Kopf tut so weh, als ob ich
einen höllischen Kater hätte. Was ist genau passiert?«
    »Hat er irgendetwas gesagt?«, frage ich. »Hat er
irgendwelche Einstellungen vorgenommen?«
    »Er meinte, dass ich meinen Zweck erfüllt habe und das
mein letzter Beitrag wäre. Seine Augen waren wirklich merkwürdig. Leuchtend.
Aber was bedeutet das? Was meinst du mit Einstellungen?« Sie versucht, den Kopf
zu heben und die ganze Maschinerie fängt gefährlich an zu schwanken. Das Bedienungsfeld
beginnt zu summen und in einer Ecke

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