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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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wandert. Dich, Mo, hat es seit Kalifornien beschattet,
aber als es dich endlich in seiner Gewalt hatte, wollte es dich nur als
Rohmaterial für ein Beschwörungsopfer benutzen. Das ergibt doch keinen Sinn,
oder? Wenn ich dich durch die halbe Welt verfolge, warum stelle ich mich dann
nicht einfach vor, schüttle dir die Hand und bin auch schon in deinem Kopf?«
    »Das kann uns im Augenblick egal sein«, unterbricht
mich Alan. »Wir gehen bald. Roland zufolge wird das Tor nämlich kleiner. Wie es
im Augenblick aussieht, stehen uns noch vier Stunden zur Verfügung, und dieser
mysteriöse Entführer hat sich bisher noch nicht gezeigt. Also werden wir eine
Wache ans Tor stellen und dieses Universum so schnell wie möglich verlassen.
Unser kleines Feuerwerk bleibt hier. An uns vorbeischleichen kann er nicht, und
die Wasserstoffbombe sollte den Rest erledigen.«
    »Aha. Wie geht es meinem Sauerstofftank?«
    »Der hat ein paar Dellen. Außerdem ist Ihre
Brustkontrollleiste nicht mehr funktionsfähig, denn sie hat die meiste
Elektrizität abbekommen. Was auch gut war, ansonsten wären Sie jetzt etwas knuspriger.
Hören Sie zu. Da unser Funksystem nicht mehr lange mitzumachen scheint, muss
ich alles persönlich organisieren.« Alan sieht sich um. »Hutter, Sie kümmern
sich um diese beiden. Ich möchte, dass sie innerhalb einer Stunde wieder mobil
sind. Wir müssen nämlich verdammt viel hier rausschaffen.« Er schaut zu mir
herunter und zwinkert. »Gut gemacht, mein Junge.«
    Während der nächsten Viertelstunde erhole ich mich so
weit, dass ich mich gegen die Wand lehnen kann. Mo hört allmählich auf zu
zittern. Sie beugt sich zu mir rüber. »Danke«, sagt sie leise. »Das war
verdammt knapp.«
    Hutter und Chaitin stürmen mit zwei Säcken voller
Ausrüstung in die Zelle. Sie haben alles dabei: Vakuum-Unterwäsche, einen
beheizbaren Schutzanzug, eine neue Brustkonsole und einen neuen Kreislauftank
für mich und alles Nötige für Mo. »Schau dir die beiden Turteltauben an«, meint
Chaitin belustigt, als er uns sieht. »Los, auf die Füße, ihr Hübschen. Wir
müssen hier raus, und ihr werdet eure eigenen Beine benutzen müssen.«
    Während Hutter Mo in den Schutzanzug hilft, stolpere
ich noch einmal um das Folterbett herum und suche nach meinem Palmtop, der mir
abhanden gekommen ist, als ich mich auf Mo warf. Er liegt unversehrt in einer
Ecke auf dem Boden. Das ist zumindest eine gute Nachricht. Ich werfe gedankenverloren
einen Blick auf die Thaumpartikel und erstarre. Hier stimmt etwas überhaupt nicht.
Ich folge mit dem Palmtop der Spur der Partikel, bis ich eine ungewöhnlich hohe
Konzentration vor dem Regal mit der Hochspannungsschaltanlage entdecke. Irgendetwas
passiert hier. Die lokale Entropie ist extrem hoch, als ob Informationen in
diesem Umkreis unwiederbringlich zerstört würden. Dabei ist die Hochspannungsanlage
überhaupt nicht eingeschaltet. Ich stecke den Palmtop ein, rüttele vorsichtig
an dem Regal, und verliere fast das Gleichgewicht, als es in meine Richtung
gleitet.
    »He!« Chaitin steht direkt hinter mir. Er schubst mich
beiseite und richtet seine Waffe auf die dunkle Kammer, die sich hinter dem
Regal geöffnet hat.
    »Nicht!«, warne ich. »Warten Sie.« Ich schalte das
Licht an meinem Helm an, beleuchte damit die Kammer – und wünsche mir umgehend,
ich hätte es nicht getan.
    »Ach, du Scheiße!« Chaitin lässt seine Waffe
sinken, wendet den Blick aber nicht ab. Hinter dem Regal befindet sich eine
weitere Zelle. Sie muss schon länger nicht mehr betreten worden sein, aber es
ist so kalt, dass die meisten Körperteile noch erkennbar sind. Es riecht mehr
nach Metzgerei als nach Grab, aber der Geruch des Todes ist unverkennbar. Vor
uns liegen so viele Ersatzteile, dass Dr. Frankenstein daraus ein weiteres
Dutzend Monster erschaffen könnte. »Machen Sie die verdammte Kammer wieder zu«,
sagt Chaitlin entsetzt und wendet sich ab.
    »Hat jemand eine Säge dabei?«, will ich wissen.
    »Was? Sind Sie jetzt übergeschnappt?« Er schiebt das
Visier nach oben und starrt mich an. »Warum?«
    »Ich möchte einige Proben mitnehmen«, erwidere ich.
»Ich hoffe, dass sie mir einiges über die Mukhabarat und ihre Operation in
Santa Cruz sagen können.«
    »Sie sind verrückt«, meint er.
    »Vielleicht, aber interessiert es Sie denn überhaupt
nicht, wer da liegt?«
    »Nein, ganz und gar nicht.« Er holt tief Luft. »Wissen
Sie, ich war in Bosnien. Haben Sie schon einmal ein Massengrab gesehen?« Er
blickt zu

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