Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine englische Liebe
Vom Netzwerk:
gestürzt? Geht es Lincoln gut?»
    «Sie meinen das schöne amerikanische
Pferd? Es befindet sich in den Stallungen und quält meinen Stallburschen mit
seinen republikanischen Überzeugungen», sagte der Mann.
    «Und wie lange bin ich bereits hier?
Was ist mit Mutter, weiß sie, wo ich mich befinde? Sie wird wütend sein. Ich
muss zurück.» Cora versuchte sich aufzusetzen, aber durch die Bewegung wurde
ihr übel, und sie spürte, wie ihr die Galle in den Mund schoss. Sich vor diesem
seltsamen Engländer übergeben zu müssen wäre unerträglich. Sie presste die
Lippen zusammen.
    «Meine liebe Miss Cash, Sie müssen
wohl leider hierbleiben, bis der Doktor kommt. Kopfverletzungen können tückisch
sein. Vielleicht möchten Sie Ihrer Mutter schreiben?» Der Mann wandte sich an
die Frau neben ihm, die, so vermutete Cora, eine Dienerin war.
    «Vielleicht könnten Sie Miss Cash
Briefpapier bringen, Mrs. Softley.»
    «Ja, Euer
Gnaden.» Sie ging unter dem Rascheln ihres Seidenkleides hinaus. Cora, die
immer noch versuchte, sich möglichst gar nicht zu bewegen, verwirrte diese
Anrede.
    «Ist das
Ihr Name?»
    Der Mann lächelte. «Nicht ganz.» Er
zögerte. «Meine Freunde nennen mich Ivo.»
    Cora spürte, dass er ihr etwas
verschwieg, und das ärgerte sie. Warum war es in diesem Land nicht möglich, etwas geradeheraus zu sagen? Sie
hatte das Gefühl, bei einem Spiel mitspielen zu müssen, dessen Regeln alle
außer ihr kannten. Sie entschloss sich zum Angriff. «Warum habt ihr Engländer
bloß alle Namen, die sich anhören wie Medikamente? Ivo und Odo und Hugo. Jeder
einzelne davon klingt wie ein Bromid oder ein Badesalz.» Sie machte eine
wegwerfende Handbewegung.
    Der Mann deutete eine Verbeugung an.
«Ich muss mich für meine Landsleute entschuldigen,
Miss Cash. Die Männer in meiner Familie heißen seit Jahrhunderten Ivo, aber
vielleicht sollte man tatsächlich mit
der Zeit gehen. Wäre es Ihnen recht, mich Maltravers zu nennen? Den Namen
trage ich zwar noch nicht so lange, aber ich werde mich wohl an ihn gewöhnen
müssen, und ich glaube, er klingt auch nicht wie ein Medikament.»
    Cora sah ihn verwundert an. Wie
viele Namen hatte der Mann denn?
    Seine Stimme klang ganz anders als
das abgeschnürte Dröhnen, das allen Engländern der Upperclass in die Wiege gelegt zu sein schien. Er sprach
sehr leise und ruhig, sodass man den Impuls hatte, sich vorzubeugen, um jedes
Wort zu verstehen. Cora begriff, dass dieser Mann bedeutend sein musste; nicht
viele Männer konnten murmeln und dabei vollkommen sicher sein, dass jedes Wort
gehört und verstanden werden würde. Sie fühlte sich unbehaglich. Wusste dieser
Mann, wer sie war, dass sie nicht einfach irgendein amerikanisches Mädchen war?
Sie antwortete ihm so würdevoll, wie es ihr unter diesen
Umständen möglich war. «Sie lachen über mich, weil ich es wage, Dinge an Ihrem
Land zu hinterfragen, die Sie für ganz
normal halten. Sie tun, was Sie tun, nicht weil es so am besten wäre, sondern
weil Sie es immer so getan haben. Warum gibt es in dem Haus, in dem ich
wohne, zehn Hausmädchen, deren Aufgabe es ist, jeden Morgen heißes Wasser die
Treppen hinauf und über endlose Korridore zu tragen, damit der Gast vor dem
Feuer ein Bad nehmen kann? Als ich Lord Bridport gefragt habe, warum er keine
Badezimmer habe, wie wir in den Vereinigten Staaten, sagte er, das sei
ordinär. Ordinär! Sich zu waschen. Kein Wunder, dass die Frauen hier alle so
grau und schmuddelig aussehen. Ich habe Mädchen gesehen, die ganz hübsch waren,
aber einen dreckigen Hals hatten. Da, wo ich herkomme, halten wir uns
wenigstens sauber.» Sie sah ihren Gastgeber aufsässig an. Sie war vielleicht in
einem fremden Haus im Bett eingesperrt, aber sie sagte, was sie für richtig
hielt.
    Ihr Gastgeber sah nicht aus, als
hätte ihr Ausbruch ihn beleidigt; er lächelte sogar.
    «Dann muss ich Sie beim Wort nehmen,
Miss Cash. Als ich Sie im Wald gefunden habe, waren Sie ganz und gar nicht
sauber, und ich bedaure es, Ihr Land nie besucht zu haben. Ich fürchte, auch
die Bademöglichkeiten in diesem Haus werden Sie enttäuschen. Ich habe keine
moralischen Einwände gegen Badezimmer, ganz im Gegenteil, ich habe nur etwas
gegen ihren Preis. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich mich sehr gründlich
wasche. Vielleicht möchten Sie einmal meinen Hals begutachten?» Er beugte sich
vor und bot Cora seinen Hals dar, der in der Tat sauber war, und obwohl die
Locken des Mannes länger waren, als man es in Amerika für

Weitere Kostenlose Bücher