Daisy Goodwin
der Neunte Herzog von
Wareham.»
Cora spürte
die Galle wieder hochkommen. Sie wedelte mit den Händen vor ihrem Gesicht
herum.
Der Herzog
war die Sorge selbst. «Mrs. Softley, ich glaube, Miss Cash fühlt sich unwohl.»
Cora gelang
es, ihre Übelkeit im Zaum zu halten, bis er das Zimmer verlassen hatte.
KAPITEL 5
Die schwarze Perle
Mrs. Cash ordnete die Tüllfalten um ihr
Dekolleté.
Im schmeichelnden Kerzenlicht waren
die Folgen ihres Unfalls kaum zu erkennen; nur die Stellen, an denen die Haut
verbrannt war, sahen in der fleckigen Scheibe des Spiegels straff und glänzend
aus. Wer zur Rechten von Mrs. Cash saß, hatte keinen Grund zu der Annahme, dass
irgendetwas nicht stimmte; nur wenn sie ihren Kopf drehte, offenbarten sich
die Verheerungen des Feuers. Wenigstens war es schon immer vor allem ihr
rechtes Profil gewesen, das Bewunderer gefunden hatte. Sie hatte Glück gehabt,
die Flammen hatten ihr linkes Auge nicht erreicht, obwohl die Haut ringsherum
versengt worden war. Die Narben hatten ihre Haut gestrafft, sodass die
verletzte Seite von Mrs. Cashs Gesicht in diesem Halbdunkel eine groteske
Nachahmung der Jugend war. Sie kniff die Augen zusammen und sah verschwommen
das Mädchen, das sie einmal gewesen war. Sie zog das Haarteil heraus, das sie
trug, damit die Locken die unförmige Geschwulst verbargen, zu der ihr linkes
Ohr geworden war. Als sie den wächsernen Auswuchs berührte, zuckte sie
zusammen. Die Ärzte hatten ihr gesagt, sie habe Glück gehabt, weil die Haut so
schnell verheilt war, aber sie hasste ihre weiche Leblosigkeit, die ihr weit
mehr ausmachte als die stechenden Schmerzen, die sie immer noch empfand. Sie
richtete sich kerzengerade auf und bestäubte ihr Gesicht mit Puder.
Es klopfte an der Tür, und der
Butler kam mit einem Brief auf einem Silbertablett herein.
«Das ist soeben für Sie abgegeben
worden, Ma'am. Aus Lulworth.»
Mrs. Cash hatte von Lulworth noch
nie gehört, aber aus der Pause, die der Butler machte, ehe er den Namen aussprach,
schloss sie, dass es sich um ein Haus von einiger Bedeutung handeln musste.
Sie nahm den Brief entgegen und erkannte zu ihrer Überraschung das runde
Gekrakel ihrer Tochter.
«Aber das ist ja von Cora. Warum
schreibt sie mir? Ich dachte, sie wäre auf der Jagd?»
Der Butler
neigte den Kopf. Mrs. Cashs Frage war rein rhetorisch, obwohl ihr – da der
Brief nicht versiegelt war – jeder Bedienstete des Hauses eine Antwort hätte
geben können.
Zur Verwunderung des Butlers musste
Mrs. Cash weder nach Luft schnappen noch nach dem Riechsalz greifen, während
sie den Brief ihrer Tochter las. Hätte der Butler zur Rechten von Mrs. Cash
gestanden, wäre ihm vielleicht sogar aufgefallen, wie sich ein Lächeln auf
ihrem Gesicht abzeichnete.
Im Dienstbotenzimmer besserte Bertha ein Spitzennachthemd
aus, das Cora zerrissen hatte, weil sie zu ungeduldig war, um die Knöpfe zu
öffnen, ehe sie es über den Kopf zog. Es war einer dieser Abende gewesen, an
denen Cora nach dem Dinner geräuschvoll und trotzig ins Zimmer gestürmt kam,
nachdem sie sich den ganzen Abend lang brav angehört hatte, was Lord Bridport
zum Thema Fruchtfolge zu sagen hatte. Bertha hatte sie nicht schnell genug
aufgeschnürt, und Cora hatte ihr das Nachthemd aus der Hand gerissen
und es sich über den Kopf gezogen, wobei die zweihundert Jahre alte Brüsseler
Spitze zerrissen war. Cora hatte den Riss nicht einmal beachtet, aber Bertha,
die sich schon auf den Tag freute, an dem das spitzenbesetzte Nachthemd auf sie
übergehen würde, empfand ihn wie eine Wunde. Die Spitze war von Nonnen gemacht
worden, es war eine ausgesprochen feine, exquisite Arbeit. Sie musste sich
sehr konzentrieren, um die spinnenwebfeinen Blumen makellos aneinanderzufügen,
und war so vertieft in den Anblick des komplizierten weißen Netzes auf ihren
braunen Fingern, dass sie nicht bemerkte, wie der Stallbursche aus Lulworth mit
einem Brief für Mrs. Cash hereinkam. Aber als sie jetzt hörte, dass in der
Unterhaltung der Hausdame und der Köchin Coras Name fiel, sah sie auf.
«Miss Cash hat Glück gehabt, dass sie sich
nicht das Genick gebrochen hat wie der arme Herzog. Der neue Herzog hat sie
gefunden. Zum Glück war er draußen im Wald, sonst hätte sie die ganze Nacht da
gelegen», sagte die Haushälterin und nickte bedeutsam.
«Ich glaube, es hatte nichts mit
Glück zu tun, dass er im Wald war. Überlegen Sie mal, welcher Tag heute ist.»
Die Köchin sah Mrs. Lawrence, die Haushälterin, vielsagend an.
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