Daisy Goodwin
Rubens' Frau und sein Sohn ihm für dieses
Bild Modell gesessen haben. Ich denke, das verleiht diesem Bild seine
Innigkeit.»
Cora drehte sich um und erblickte
einen kleinen, dunkelhaarigen Mann im weißen Hemd, der sie anlächelte.
«Ambrose Fox, Euer Gnaden. Mr.
Duveen bat mich, das Bild zu begleiten, um sicherzugehen, dass Sie zufrieden
sind.»
Cora streckte die Hand aus, und nach
einem Moment des Zögerns schüttelte der Mann sie.
«Sagen Sie ihm, es ist wunderbar.
Ich finde, es kommt hier in der Kapelle sehr gut zur Geltung, meinen Sie nicht
auch, Mr. Fox?»
«In der Tat, Euer Gnaden. Es sieht
aus, als gehöre es hierher.»
«Ich bin so
erleichtert. Es ist eine Überraschung für den Herzog, wissen Sie. Hier hing
vorher ein anderer Rubens, aber er wurde verkauft, und ich wollte ihn ersetzen.
Auf dem anderen war die heilige Cecilia zu sehen, aber ich finde, die Jungfrau
mit Kind ist ganz genauso gut, vielleicht sogar noch passender. Kennen Sie das
andere Bild zufällig? Ich habe es nie gesehen, aber vielleicht können Sie mir
ja sagen, ob dieses genauso gut ist.»
Cora
wusste, dass sie zu viel redete dafür, dass ihr die Stellung dieses Mannes
nicht ganz klar war – war er jemand, den man zum Mittagessen einlud, oder
jemand, den man zur Haushälterin schickte? Aber das Bild überwältigte sie. Als
sie dem Kauf zugestimmt hatte, hatte sie ja nicht gewusst, wie geeignet es
war. Sie hatte nie viel mit Kindern zu tun gehabt, aber die Art, wie die Hand
des Kindes so besitzergreifend auf der Brust der Mutter lag, ließ sie zum ersten
Mal seit ihrer ersten Vermutung ahnen, was vor ihr lag. Würde ihr Baby sich
auch so an sie schmiegen und sie für sich beanspruchen?
«Die heilige Cecilia wird gemeinhin
als eines von Rubens' besten Werken betrachtet, aber ich denke, für eine
Kapelle dieser Größe wäre es etwas sehr imposant. Dieses Werk hier hat wohl die
richtige Größe, und – wenn ich das sagen darf es vermittelt auch die richtige
Stimmung für einen Ort wie diesen.»
Cora sah
ihn scharf an. Wollte er irgendetwas andeuten? Aber Mr. Fox blickte sie ganz
ernst an. Sein Vertrauen machte Eindruck auf sie, sie würde ihn zum Mittagessen
einladen. Schließlich gab es noch viele andere Bilder, die ersetzt werden
mussten.
Draußen erwarteten die Hunde sie und
fingen an zu bellen, als sie sahen, dass ein Fremder bei ihr war.
«Bitte beachten Sie sie gar nicht,
Mr. Fox, sie werden sich sofort beruhigen, wenn sie merken, dass Sie zu mir
gehören.»
«Das müssen die berühmten Windhunde
sein, die in Lulworth gezüchtet werden. Ich erkenne sie wegen des Porträts,
das van Dyck vom Ersten Herzog gemalt hat. Herrliche Geschöpfe.» Aber trotz
seiner freundlichen Worte entging Cora nicht, dass Mr. Fox sehr unruhig wirkte.
Sie schlug mit der Hand nach den Hunden, damit sie Abstand hielten, und
bedeutete Mr. Fox, ihr ins Haus zu folgen.
Ivo wirkte überrascht, als Cora
vorschlug, nach dem Dinner der Kapelle einen Besuch abzustatten.
«Natürlich, wenn du möchtest, aber
willst du das nicht lieber bei Tageslicht machen? In der Kapelle ist keine
Gasbeleuchtung.»
«Oh, aber es gibt Kerzen, das wird
sehr hübsch sein.» Cora hatte Bugler schon gebeten, sie anzuzünden.
Sie aß schnell und wartete
ungeduldig, dass Ivos Teller ebenfalls leer war. Endlich legte er die Serviette
nieder, und sie stand auf.
«Gehen wir
jetzt? Hoch zur Kapelle?»
«Kann das nicht warten, bis ich eine
Zigarette geraucht habe?»
«Ich glaube
nicht, Ivo. Bitte, Liebling.»
Mit übertriebener Langsamkeit stand
Ivo auf und bewegte sich auf die Tür zu. Cora raste inzwischen innerlich vor
Ungeduld. Sie nahm ihn am Arm und zog ihn durch die Tür.
«Ihr amerikanischen Mädchen seid so
ungestüm», sagte er lachend, aber er nahm ihren Arm, und sie schlugen den Pfad
zur Kapelle ein. Er neckte sie auf dem ganzen Weg, weil sie so ein
amerikanischer Wildfang war, bis sie um die Ecke bogen und er sah, dass in der
Kapelle Licht brannte. Cora spürte, wie seine Hand sich um ihren Arm spannte.
«Stimmt
etwas nicht?»
«Nein, ich
habe die Kapelle nur lange nicht mehr im Dunkeln und von innen erleuchtet
gesehen. Das letzte Mal, als Guy dort aufgebahrt war.»
An einem
anderen Abend hätte Cora sich für ihre Gedankenlosigkeit geschämt. Aber heute
Abend war sie zu erfüllt von den bevorstehenden Enthüllungen, um auf seine Stimmung
einzugehen. Als sie an die Eingangstür der Kapelle kamen, blieb sie stehen.
«Ich muss dir etwas zeigen, aber es soll
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