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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine englische Liebe
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fertig?»
    «Ja, Euer Gnaden. Die Männer warten
wohl nur darauf, dass Sie kommen und ihre Arbeit besichtigen.»
    «Glauben Sie, sie wird dem Herzog
gefallen?»
    Bugler sah sie unter seinen
Schlupflidern hervor an. Er arbeitete seit dreißig Jahren im Schloss, hatte als
Diener begonnen, war dann Erster Diener geworden, und seine gegenwärtige
Position hatte er seit zehn Jahren inne. Er hatte viele Pflichten: Ihm oblag
die Pflege des Familiensilbers, die Verwaltung des Kellers, er war dafür
verantwortlich, dass im Dienstbotenzimmer der richtige Ton herrschte, selbst
für die Überbringung schlechter Nachrichten war er zuständig (er war es
gewesen, der Herzogin Fanny vom Tod ihres Erstgeborenen berichten musste). Aber
dafür, eine Meinung zu haben, wurde er nicht bezahlt. Die neue amerikanische
Herzogin sollte das eigentlich wissen und so eine Frage gar nicht stellen.
    «Ich könnte es wirklich nicht sagen,
Euer Gnaden.»
    «Aber Sie haben doch die alte
Kapelle gesehen, meinen Sie, die neue ist genauso schön?»
    «Sie scheinen mir beide dieselbe
Größe zu haben, Euer Gnaden.»
    Cora gab auf. «Sagen Sie ihnen, ich
komme, sobald ich mich umgezogen habe.»
    Cora rannte die Treppen zu ihren
Zimmern hoch, was Bugler mit Missfallen bemerkte; sie hielt ihr Kleid so hoch,
dass er ihre Beine fast bis zu den Knien sehen konnte. Cora rannte, weil sie
das überwältigende Bedürfnis verspürte, sich zu übergeben. Wenn sie nur
rechtzeitig in ihr Zimmer käme. Aber ihre Tür war mehr als hundert Yards
entfernt. Zu ihrem Entsetzen fand sie sich auf den Knien wieder und würgte über
dem Teppich des Korridors. Sie betete, dass Bugler es nicht gesehen hatte. Sie
fühlte sich klebrig und schäbig, schaffte es in ihr Zimmer und läutete nach
Bertha.
    Ehe Bertha bei der Herzogin eintraf,
hatte Mabel, das Dienstmädchen, im Flur bereits sauber gemacht; sie hatte die
ganze Szene mit angesehen. Während Bertha die Schläfen ihrer Herrin mit einem
Schwamm und Eau de Cologne abgetupft und ihr in ihr Kleid geholfen hatte und
noch bevor der Koch ihr trockenen Toast und schwachen Tee hochschickte, hatte
sich die Nachricht von Coras Unpässlichkeit bereits im Dienstbotenzimmer
verbreitet, sehr zur Freude des Zweiten Dieners, der bei der Wette um die
Geburt eines Erben, die im untersten Stockwerk lief, auf den Monat Mai gesetzt
hatte.
    Aloysius
und Jerome, die Hunde des Herzogs, folgten Cora, als sie den Weg zur Kapelle
hinaufging. Es war nicht einmal ein Jahr her, dass sie die Kapelle zum ersten
Mal gesehen hatte. Jedes Mal, wenn Cora sie seitdem betreten hatte, hatte sie
sich an dem hellen Rechteck über dem Altar gestört. In Venedig hatte sie an
die Duveen-Brüder geschrieben – die Kunsthändler, bei denen ihre Mutter kaufte
– und sie gebeten, das Gemälde der heiligen Cecila, das dort gehangen hatte,
ausfindig zu machen. Im Juli hatte sie einen Brief bekommen, der sie darüber
informierte, dass das Bild an einen Cyrus Guest nach San Francisco verkauft
worden war und dass dieser nicht gewillt sei zu verkaufen. Unverdrossen hatte
Cora die Händler gebeten, ein anderes Gemälde von Rubens zu finden, das in die
Mauernische über dem Altar der Kapelle von Lulworth passte. Zwei Wochen später
schrieb Duveen, dass ein verarmter irischer Graf ein Bild desselben Künstlers
zum Verkauf anbot, auf dem die Jungfrau mit Kind abgebildet war. Ob die
Herzogin es sehen wolle? Cora beschloss, das Bild sofort zu kaufen. Ein Rubens
war schließlich ein Rubens. Der Preis war höher als erwartet, aber sie hatte
das beruhigend gefunden.
    Sie befahl
den Hunden, auf den Stufen der Kapelle auf sie zu warten. Sie gehorchten ihr
nicht so wie Ivo, deshalb betrat sie schnell die Kapelle und schloss hinter
sich die Tür, damit sie ihr nicht folgten. Zunächst sah sie gar nichts, aber
dann fiel durch das Glas der Kuppel ein Lichtstrahl direkt auf den Altar und
beleuchtete das Gemälde. Die Jungfrau, die ein rotes Kleid trug, drückte den
kleinen Jesus mit einem Arm an sich und hielt mit der anderen ein hell
beschienenes Buch. Sie befanden sich in einer Laube unter blassrosa Rosen, und
das Buch, in das Maria hineinsah, lag auf einem feingemusterten Perserteppich.
Cora war beeindruckt von der Zärtlichkeit des Bildes, der Art, wie Jesus, der
blond und nackt wie ein Engel war, seinen Kopf so zutraulich an die Brust
seiner Mutter legte. Ihr fiel auf, dass die Jungfrau genauso kastanienbraune
Haare hatte wie sie selbst.
    Hinter ihr
sagte eine Stimme: «Man sagt, dass

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