Daisy Goodwin
James, aber der
Großvater des Herzogs hatte es verkauft. Cora hatte überlegt, ob sie versuchen
sollte, es zurückzukaufen, aber nach der Erfahrung mit dem Rubens hatte sie
Sorge, ihren Mann dadurch zu kränken. Außerdem mochte sie dieses Haus und
seinen Salon mit den sechs bodentiefen Fenstern mit Blick auf den Green Park.
Sie sah eine Kutsche vorfahren und
einen Diener in Livree auf die Haustür zugehen. Wer kam denn jetzt zu Besuch?
Sie hoffte, es war Sybil. Dann könnten sie jedenfalls über
Kleider sprechen. Bei Sybil konnte sie vergessen, dass sie eine Herzogin war,
und über so ernste Dinge wie Ärmelweiten reden. Cora glaubte zwar, noch weiter
könnten die Ärmel nicht werden, aber das hatte sie schon vor sechs Monaten
gedacht und falschgelegen.
Der Diener brachte die Karte von
Lady Beauchamp.
Cora war überrascht und erfreut. Die
Beauchamps hatten Conyers wegen eines Todesfalls in der Familie am Tag nach
jenem Abend verlassen, an dem Charlotte der Hoffnung Ausdruck verliehen hatte,
dass sie Freundinnen werden würden. Cora hatte es schade gefunden, sie nicht
mehr zu sehen. Sie hatte außer Sybil in England keine Freundinnen, und Sybil
war zwar entzückend, aber ihre Ungeschicktheit und ihre Kleider führten dazu,
dass sie eher Coras Schützling war als ihre Gleichgesinnte. Charlotte spielte
in einer anderen Klasse. Charlotte hatte etwas Faszinierendes, und sie war eine
der wenigen englischen Frauen, die Cora in Kleidungsfragen als würdige Rivalin
betrachtete. Sie fragte sich, wie weit Charlottes Ärmel wohl waren.
Sie wurde nicht enttäuscht. Obwohl
Charlotte wegen eines Cousins von Odo in Trauer war, machte ihr Kleid, abgesehen
von der dunklen Farbe, keine Zugeständnisse daran, und das Violett ihres
Umhangs war ein spektakulärer Hintergrund für ihre glänzenden blonden Haare.
Sie hatte die weiten Ärmel des Sommers gegen hohe Puffärmel eingetauscht, die
in einem engen Bündchen ausliefen. Die Bündchen und Säume waren mit einer
silbernen Borte gerahmt. Um die Schultern trug sie einen Silberfuchs und auf
dem Kopf einen Hut mit violetten und grauen Federn. Sie glitt auf Cora zu und
nahm ihre Hände. «Ich freue mich so, Sie zu Hause anzutreffen, Herzogin», sagte
Charlotte warm. «Ich bin auf meinem Heimweg von den Lauderdales hier vorbei
gekommen und habe gesehen, dass die Fensterläden offen sind. Sind Sie schon
lange in der Stadt?» Sie drückte Coras Hände.
«Nein, wir
sind gerade angekommen. Ivo hat beschlossen, seinen Sitz im Oberhaus
einzunehmen.» Cora war stolz, das sagen zu können. Sie bedeutete Charlotte,
sich auf das vergoldete Louis-quinze-Sofa zu setzen.
«Nun, dann
müssen wir Sie einigen unterhaltsamen Leuten vorstellen. Wenn Ivo sich der
Politik widmet, werden Sie Zerstreuung brauchen. Ich lade am Donnerstag zu
einem musikalischen Abend ein. Ich verspreche, es wird unterhaltsam. Sie
müssen nicht denken, dass es überall so langweilig ist wie in Conyers. Wenn
die doppelte Herzogin bittet, muss man natürlich kommen, aber das Marlborough
House ist inzwischen so vieux jeu. Es war dort gewiss einmal alles
fürchterlich lustig, Glücksspiel, Scheidungen und solche Dinge, aber
inzwischen ist Bertie genauso fade wie seine Mutter.»
Cora
lächelte. «Ich würde nicht sagen, dass Conyers langweilig war. Amerikanerinnen
wie ich dürfen dem Königshaus gegenüber nicht blasiert sein. Aber die
Anforderungen waren hoch. Ich hatte solche Sorge, das Falsche zu sagen. Es tat
mir leid, dass Sie abreisen mussten, ich hatte darauf gesetzt, dass Sie mich
beraten.»
Charlotte ordnete ihren Ärmel. «Oh,
Herzogin, ich glaube nicht, dass Sie von mir Hilfe benötigen. Sie scheinen doch
alles wunderbar gemacht zu haben. Wie ich höre, ist der Prinz ganz ergriffen.»
Cora konnte ihre Freude nicht
verhehlen. «Bitte nennen Sie mich doch Cora, ich muss mich immer noch daran gewöhnen,
eine Herzogin zu sein.»
Charlotte nickte. «Gerne, Cora also,
und Sie müssen mich Charlotte nennen. Ich werde
mich nie daran gewöhnen, Lady Beauchamp zu sein.» Sie lachte bei dieser
letzten, hingeworfenen Bemerkung, aber Cora
war trotzdem überrascht. Charlotte bemerkte Coras Gesichtsausdruck. «Oje, habe
ich Sie schockiert? Ich vergesse immer wieder, dass Amerikanerinnen aus Liebe
heiraten.»
Cora sah sie mit festem Blick an.
«Nun, diese hier auf jeden Fall.» Sie lächelte. «Aber an den Titel gewöhnt man
sich nur schwer. Manchmal kann ich kaum glauben, dass über mich gesprochen
wird.»
«Wohingegen jedes
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