Daisy Sisters
unterdrücken.
»Was ist«, murmelt er.
»Nichts«, antwortet Elna. »Was soll sein?«
So hätte sie nie geantwortet, bevor sie Vivi getroffen hat, das ist Vivis Art, mit einer Gegenfrage zu kontern.
Sie trotten weiter, und Nypan erzählt, dass er keine Erlaubnis hat, etwas zu erzählen. »Falls irgendein Offis auftauchen sollte, so sagt um Himmels willen nicht, dass ihr wisst,wie wir heißen. Nur dass wir Nummer 34 und 72 sind. Nichts weiter.«
»Offizier«, verdeutlicht Nils. Aber das ist unnötig, die beiden haben verstanden.
Laut Nypan ist ihr Grenzabschnitt der wichtigste und gefährlichste im ganzen Land. Er sonnt sich darin, die großen Geheimnisse anzudeuten. Und die ganze Zeit mit den Fäusten in der Tasche.
Sie kommen auf eine Höhe und erkennen in der Ferne einen großen See.
Die Grenze. Irgendwo mitten im See. Unsichtbar, aber deshalb nicht weniger gefährlich.
Ein Ruderboot auf dem See, kratzende und klagende Ruderdollen. Mehr ist da nicht.
Elna fragt sich, welches Land das eigentlich ist, auf dem sie steht, als etwas anderes plötzlich wichtiger wird. Nils ist an ihre Seite getreten. Olle hat Vivis Hand gefasst, zum ersten Mal hat er eine Hand aus der Hosentasche genommen.
»Wir setzen uns«, sagt Nypan.
Elna geht ein Stück zur Seite, damit Nils nicht auch ihre Hand nimmt.
Aber nichts ist gefährlich. Sie sehen nur auf die Abendsonne, wie sie über den Wipfeln glänzt, und dann wird es Zeit zum Umkehren wegen der Mücken. Am Abend werden die Mücken hartnäckiger, und sie beeilen sich auf dem Rückweg.
Der Abschied auf der Landstraße ist kurz, aber Nypan will bezahlt werden für die Begleitung und für das Risiko, das er eingegangen ist. In natura soll es sein, und Vivi lässt sich von ihm küssen, wehrt sich aber energisch, als seine Zunge zu fordernd wird. Nils und Elna machen nichts.
Sie verabreden, sich am folgenden Abend zu treffen. Nils und Olle wollen sich wieder für einige Stunden davonschleichen.Vivi erklärt, wo die Scheune liegt, und weiter geschieht nichts.
Sie radeln, so schnell sie können, ohne ein Wort zu wechseln. In der Scheune kriechen sie gleich in die Schlafsäcke.
»Sie waren süß, alle beide«, sagt Vivi. Dann spricht sie plötzlich so tief, wie sie nur kann. »Prächtige Burschen, ein Stolz für die schwedische Verteidigung.«
Wen hat sie imitiert?
Elna weiß es nicht.
»War das so verdammt schlecht?«, sagt Vivi enttäuscht. »Das war Per-Albin. Hörst du nie Radio? Er ist doch Sozi. Dein Vater klebt bestimmt am Radio, wenn er spricht.«
»Mein Vater sagt, die Nachrichten in der Zeitung sind zuverlässiger«, antwortet Elna und merkt, dass sie verärgert ist. Sie mag es nicht, wenn Rune als jemand beschrieben wird, der an irgendetwas klebt . Sicher ist sie überempfindlich, aber trotzdem …
»Na?«, fragt Vivi tief aus dem Schlafsack heraus.
Was Elna denkt?
Ja, sicher waren sie süß.
Morgen sehen sie sich ja wieder.
Morgen ist Sonntag. Spätestens Montag müssen sie gen Süden radeln. Die Zeit ist knapp, die Freiheit schrumpft. Aber die Grenze haben sie gesehen, auch wenn es nur an einem See mit einem Ruderboot darauf war.
Sie ziehen ihre Schlafsäcke zu, um nicht von den Mücken gestochen zu werden, und schlafen.
Es ist Sonntagabend. Die beiden Soldaten sind in die Scheune gekrochen, mit Mundharmonika und Schnaps. Das Musikinstrument haben sie von Nummer 42 geliehen, den Schnaps heimlich beim Bäcker Lundström in Särna gekauft. Arrak, von dem man gründlich betrunken wird. Lundströmist eine Fundgrube für alle, die die Grenze in diesem Gebiet bewachen. Er ist ein fanatischer Deutschenhasser und unterstützt, nachdem er selbst wegen Fettleibigkeit und Plattfüßen für untauglich erklärt wurde, die schwedische Verteidigung mit seinem Bäckerschnaps. So dient er seinem Land. Er hat vor, bis zum letzten Tropfen durchzuhalten, bis zu dem Tag, an dem die Behörden sich nicht länger damit begnügen, über diese kolossalen Mengen von Arrak zu murren, die in einer Bäckerei in der Wildnis zu verschwinden scheinen, und mit einer Kontrolle zuschlagen oder, noch schlimmer, mit einer verminderten Zuteilung.
Zwei Flaschen haben sie mitgebracht, eine davon zur Hälfte geleert, während sie zur Scheune geradelt sind. Schmutzige Witze haben sie sich zugerufen, und die Aufteilung haben sie schon am Abend vorher beschlossen, als sie im Gebüsch lagen und spähten, während die Mädchen mit ihren Fahrrädern dort standen und auf sie warteten. Das Heu in
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