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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Rechnung des Skånebäckers zu stecken, als sie auch schon in der Tür steht, und, verdammt noch mal, sie hat nicht einmal angeklopft.
    »Ich habe mit Berit gesprochen«, sagt sie. »Berit bleibt eine Stunde länger, damit ich um zwei Uhr gehen kann. Ich habe etwas zu erledigen.«
    Jetzt legen diese Frauen offensichtlich schon selbst ihre Arbeitszeiten fest! Dabei ist es wohl immer noch David Enoksson, der die schwere Verantwortung für die Cafeteria trägt. Oder hat er auch dieses Recht bereits verspielt? Aber natürlich vermag er nur zu nicken und etwas zu murmeln … Ach ja, so, so. Natürlich . Er wird nicht mit ihr fertig, und verflucht sei diese Welt, die sicher bald von einer Horde Kassiererinnen übernommen werden wird.
    Torslanda ist ein Flugplatz am Rande der Welt. Heftige Böen brausen von der Nordsee her über die Landebahn hinweg, und seine einzige Bedeutung liegt eigentlich im schwedischen Inlandsflugbetrieb. Eine Abwechslung bieten die Chartermaschinen, die ihre Lasten auf dem Luftweg in abgelegene Galaxien schleudern, und ab und an eine zwischenlandende KLM. Passagiere, die dann hier am Schalter stehen, werden in wenigen Stunden in irgendeinem Restaurant in Rhodos’ altem Stadtteil zu Abend essen, in der Mittelmeernacht. Sie versteht die Reisenden. Sie würde so gern selbst mitfliegen. Aber mit einunddreißig Jahren ist sie immernoch nicht weiter als bis Kopenhagen gekommen, einige armselige Stunden in strömendem Regen. Aber wer sagt, dass es zu spät ist? Jeder Tag ist ein neuer Jüngster Tag, und die Welt beharrt ja trotz allem darauf, weiter zu bestehen …
    Einmal wird sie es sein, die dann hiersteht und eine Tasse Kaffee trinkt, bevor sie Scanairs Adventure betritt und sich aufmacht in eine andere Welt …
    Die Arbeitsvermittlung. Eine Frau in ihrem Alter. Ein Namensschild: Katarina Fransman. Sie wirkt freundlich. Einfach und natürlich, und sie schützt nicht gleich vor, dass sie unwahrscheinlich viel zu tun habe.
    Ihr erzählt Eivor an diesem Nachmittag, wie es ist, mit einfachen Worten. Ihre Energie muss sie nicht dadurch beweisen, dass sie vorprescht. Jetzt fühlt sie sich sicher. Jetzt weiß sie ja …
    »Das wird ein langer Weg«, sagt Katarina Fransman und schaut sie an.
    »Das weiß ich.«
    »Es sieht so aus, als ob du viel darüber nachgedacht hättest?«
    »Das ganze Leben.«
    »Und jetzt meinst du also, es sei an der Zeit, etwas dafür zu tun?«
    »Ja. Genau.«
    »Es ist schade, dass du nur den Volksschulabschluss hast.«
    »Es gibt so vieles, was schade ist. Eigentlich das meiste …«
    Katarina Fransman schaut sie an und lächelt, aber sie sagt nichts.
    »Was denkst du jetzt?«, fragt Eivor und beugt sich über den Tisch.
    »Es wird viele Jahre dauern, bis du Krankenschwester bist.«
    »Wenn ich nur ein einziges Jahr in diesem Beruf arbeiten kann, ehe ich pensioniert werde, bin ich zufrieden!«
    »Das glaube ich kaum …«
    »Aber du verstehst, was ich meine?«
    »Doch, das verstehe ich.«
    »Aber du zweifelst an meinen Fähigkeiten?«
    »Nein, überhaupt nicht! Ich höre dir zu. Deswegen sitze ich ja hier. Um Rat zu geben. Um mit dir über deine Möglichkeiten zu reden.«
    »Sag es ehrlich!«
    »Was denn?«
    »Ob du meinst, ich sollte in Torslanda bleiben und Kaffee verkaufen. Und auf alles andere pfeifen.«
    »Das meine ich durchaus nicht. Wirkt das so? Aber Krankenschwester zu werden … Dafür musst du ganz von vorne anfangen. Dich auf die Schulbank setzen. Vielleicht für eine sehr lange Zeit.«
    »Kann ich denn sonst überhaupt irgendetwas werden?«
    »Ich sehe ja hier, dass du Schneiderin bist.«
    »Nein, danke!«
    »Warte doch mal einen Moment! Ich dachte …«
    Ja, Katarina Fransman ist ein kluger Mensch. Eivor glaubt ihr. Als ihr Telefon schellt, nimmt sie nur schnell den Hörer ab und sagt, dass sie jetzt keine Zeit habe. »Wir müssen vielleicht alle beide nachdenken«, sagt sie zu Eivor. »Du denkst darüber nach, was ich gesagt habe, und ich überlege, was wir für dich tun können … Was denn nun aus dir werden könnte. Dann kommst du wieder.«
    Eivor schaut auf den Papierstapel, der vor Katarina liegt. Aus wie viel Holz der wohl besteht?
    »In ein paar Wochen«, sagt Katarina Fransman und schaut in ihren Kalender.
    »Das hier lese ich heute noch!«
    »Dann nächsten Montag. Halb elf. Kannst du da kommen?«
    »Ich richte das schon ein.«
    Damit sammelt sie die Papiere zusammen, die Eintrittskarten zu einem anderen Leben, und geht. Als sie draußen vor der

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