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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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mitbringen und sagen: »Hier bin ich! Ich habe die Broschüren gelesen, und ich bin bereit. Ratet mir jetzt! Ich nicke, wenn ihr das richtige Wort sagt.«
    Sie hat eine vage Ahnung, einen undeutlichen Traum davon, als würdiges Mitglied der weiß gekleideten Belegschaft in das mächtige Milieu des Krankenhauses einzugehen. Aber nicht, um die Scheiße abzuwischen, nicht, um Geschirr zuspülen, nicht, um zu waschen! Sondern um in der Nähe der Kranken zu sein …
    Plötzlich scheint es gar nicht mehr so schwierig. Ein Entschluss ist ein Entschluss, jetzt geht es nur noch darum, ihn auszuführen oder zu sterben.
    Als Eivor am Samstagmorgen erwacht (zeitig wie immer, auch wenn die Kinder in Borås schlafen, so sind sie doch stets bei ihr), da haben sie die Gedanken der Nacht nicht verlassen. Sie steht auf, macht Frühstück und hat sich entschieden.
    Aber, Herrgott, sie hat solche Angst! Auge in Auge dem Unmöglichen gegenüberzustehen, ohne eine andere Waffe als eine Kindheit in Hallsberg, eine zerrüttete Ehe in Borås, eine halbjährige Arbeit in der lärmenden Zwirnerei einer Textilfabrik. Aber man muss die Zähne zusammenbeißen, bis es im Munde knackt, hoffen, dass die Kinder groß genug sind, um zu verstehen, dass die Mutter nicht den Verstand verloren, sondern im Gegenteil den Weg eingeschlagen hat, der alle Aufmunterung und Unterstützung wert ist.
    Und die Angst? Angst hat man wohl immer. Ein Kind zu bekommen, eine schlechte Mutter zu sein, das Leben in dem kleinen, zerbrechlichen Schneckenhaus.
    Sie fährt nicht ins Zentrum, sondern räumt die Wohnung auf, sieht die Kleider der Kinder durch, flickt, was noch zu flicken ist, wirft unbarmherzig weg, was nicht mehr für den Winter taugt.
    Dazusitzen und einen Traum auszuprobieren, der gereift ist zu einem lebendigen Entschluss, ist keine schlechte Samstagsgesellschaft. Als Kajsa Granberg anruft und fragt, ob sie ein wenig vorbeikommen kann, sagt Eivor Nein, sie zieht die blanke Waffe und sagt, dass sie etwas anderes zu tun habe. Und Kajsa versteht, sie versteht so gut. Ein Kerl ist ein Kerl und muss liebevoll und vorsichtig behandelt werden, damit er nicht davonläuft. Herrgott, wie Kajsa bin ich jedenfallsnicht geworden, denkt sie. Leben für die heilige Woche auf Rhodos, das Freitagtanzen und darüber hinaus nichts …
    Um sieben Uhr am Sonntagabend steht sie am Zentralbahnhof und holt Staffan und Linda ab. Sie ist richtig aufgeräumt. Diese eigentümliche, beinahe unfassbare Erfahrung, sich auf den Montag zu freuen …
    Der Zug aus Borås quietscht mit zehnminütiger Verspätung herein, und da sieht sie ihre Kinder, Hand in Hand. Siebzig Kilometer zwischen Mama und Papa, aber jetzt sind sie wieder zu Hause. Und der Abend gehört natürlich ihnen. Sie wird mit gespitzten Ohren all dem zuhören, was sie zu erzählen haben, und sie wird fröhlich nicken, wenn sie von ihrem Vater erzählen …
    Am Montagmorgen kommt Geschäftsführer Enoksson herein wie eine wütende Blaumeise. Das Trabrennen am Sonntag in Åby war eine jammervolle Niederlage. Keinen einzigen Platzzettel hat er in einen Geldgewinn zurückverwandeln können, kein einziger verdammter Bon hat ihn im Nacken gekitzelt … Nein, ein Scheißsonntag war das, und jetzt wird er ihn kompensieren durch einen Feldzug gegen all das untaugliche Personal, über das er in der Cafeteria die Peitsche schwingen darf.
    Zum Beispiel dieses Frauenzimmer Halvarsson! Am meisten irritiert ihn, dass man ihr nie etwas nachweisen kann. Kein Fehler in der Kasse, die Schürze immer sauber. Aber sie trägt den Kopf so hoch, duckt sich nicht, wenn er hereingestürmt kommt und Bescheid darüber haben will, ob die Servietten reichen oder ob eine Extrabestellung notwendig wird. Oder ob der Kaffeeautomat weiterhin Schwierigkeiten macht. Nein, sie nickt nur kurz, beachtet ihn kaum, und obwohl sie schon ein gutes halbes Jahr da ist, gerät er immer noch ganz außer sich, wenn sie ganz unerschrocken – nein, frech – ein höchst natürliches Hej von sich gibt und dann unbekümmertfortfährt, Zuckerstückchen in eine dafür bestimmte kleine braune Tasse zu füllen. Die Leute könnten ja denken, dass sie es ist, die den Laden schmeißt …
    Enoksson rauscht direkt in sein kleines Büro, das Wand an Wand mit der Herrentoilette liegt und wo es darum immer nach Urin riecht. Aber hier kann er sich wenigstens ungestört mit den Abrechnungen beschäftigen.
    An diesem Montagmorgen schafft er es allerdings kaum, die Nase in die unverschämte

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