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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zwinkert Eivor wissend zu. Hat er den gestrigen Tag schon vergessen? Den Kater vom Morgen im Frühstücksraum schon überwunden?
    »Ich war Wärter im Gefängnis«, lügt er. »Bulle.«
    »Bulle?«
    »Genau. Bulle …«
    Lasse Nyman verlässt seinen Barhocker und steuert auf einen schattigen Tisch zu. Lourenço und Eivor folgen ihm.
    »Hast du in Schweden gewohnt?«, fragt sie, als sie sich gesetzt haben.
    »Du hörst doch, was ich sage«, antwortet Lasse Nyman. Er wird wieder laut.
    »Jetzt bin ich es, die fragt«, sagt Eivor. »Nicht du.«
    Lourenço sieht unsicher von einem zum anderen.
    »Bier!«, ruft Lasse Nyman einem Kellner zu, der am Beckenrand steht und ins Wasser hinunterschaut. » Beer …«
    »Für mich nicht«, sagt Eivor. »Eine Limonade … Und die werde ich selbst bezahlen.«
    »Fünf Jahre in Schweden«, sagt Lourenço, als die Gläser auf dem Tisch stehen und Eivor ihre Frage wiederholt hat. »Fünf Jahre in Södertälje.«
    »Aber du bist von hier? Aus Madeira.«
    »Ja. Funchal. Ich bin nach Hause zurückgezogen. Habe Schuhgeschäft gekauft von … Wie heißt das … Onkel?«
    »Ja. Onkel.«
    »Die legen Geld auf die hohe Kante in Schweden, und dann fahren sie nach Hause«, sagt Lasse Nyman und macht keine Anstalten, seine Verachtung zu unterdrücken. Er wippt mit dem Stuhl und lächelt Lourenço an.
    »Gut bezahlt, aber teuer zu leben in Schweden«, antwortet Lourenço.
    »Hier kann es wohl nicht besonders viel kosten. Ihr habt schlechte Häuser auf Madeira, Lourenço. Very bad …«
    »Nein. Gute Häuser. Hier ist es warm. Kein Schnee …«
    Eivor fühlt das Unbehagen in sich wachsen. Lasse Nyman sitzt da und provoziert den Portugiesen.
    »Hör jetzt auf«, sagt sie, aber er ignoriert sie.
    »Viele Mädchen in Södertälje«, sagt er.
    Lourenço schüttelt eifrig den Kopf.
    »Nein, nein. Verheiratet.«
    »In Södertälje?«
    »Nein. Hier. Funchal. Drei Kinder.«
    »Ja, aber, zum Teufel … Du hattest doch wohl Mädchen in Södertälje. Massenhaft Mösen? Was?«
    Lourenço wird rot und sieht zu Eivor hin. Er stellt das Glas ab. »Ich muss gehen«, sagt er.
    »Niemand kauft doch um diese Tageszeit Schuhe. Bleib ruhig hier! Nimm noch ein Bier!«
    »Nein.«
    »Was bist du denn für ein Kumpel? Erzähl jetzt von den Mädchen in Södertälje!«
    »Hör auf«, sagt Eivor wieder.
    »Jetzt soll Lourenço erzählen, wie es in Schweden war!«
    Eivor merkt, wie der Zorn in Lourenço hochsteigt. Er wirft sein Glas auf den Steinboden, sodass die Glassplitter herumspritzen. »Ich sage … Schweden verdammtes Scheißland. Nicht alle, nicht die meisten. Aber viele. Verdammte Scheißkerle … Wie du … Schweden denken, sie die Besten, alle anderen nur Scheiße, Einwandererteufel … Aber ich … Ich sage … Wie heißt, narrowminded … Träge … Wie Amerikaner … Genauso … Glauben, dass ihnen die ganze Welt gehört … Hier seid ihr willkommen, wir nehmen euch auf. Nicht wie in Schweden … Verdammtes Scheißland. Pferdepimmel … Nicht du, aber er … Verdammt …«
    Und dann ist er weg. Rund um den Tisch sind die Gespräche verstummt. Zwei Kellner haben sich genähert. Aber Lasse Nyman scheint ungerührt.
    »Komisch, dass man nicht einmal in seinem Hotel Ruhe hat«, sagt er laut zu einem der Kellner. Der andere hat Schaufel und Besen geholt und fegt die Glassplitter zusammen.
    »Ich werde dieses Hotel verklagen«, fährt er fort. »Wenn dieser Teufel sich hier noch einmal zeigt. Lourenço Castanheiro heißt er. Sagt er jedenfalls.«
    »Er kommt nicht mehr her«, sagt der Kellner.
    »Das war nicht sein Fehler«, sagt Eivor. »Wenn dieser Lourenço sich hier nicht mehr zeigen darf, werde ich klagen!«
    »Hör jetzt auf«, sagt Lasse Nyman.
    »Du bist es, der aufhören sollte«, schreit sie und steht auf. Nie wird sie verstehen, wie sie das wagen konnte, in aller Öffentlichkeit, mit lauter neugierigen Menschen um sich herum …
    An diesem Abend isst sie allein. Sie geht durchs Foyer, ohne sich umzusehen (er könnte ja dasitzen, unsichtbar, dashat er schon früher bewiesen), steigt auf der Straße in ein zerbeultes Taxi, setzt sich auf den Rücksitz. Der Chauffeur ist jung, er dreht sich um und lächelt. Überall diese Freundlichkeit, denkt sie flüchtig.
    Wohin sie gefahren werden will? Sie versucht, den Namen von Funchals Markthalle auszusprechen, Mercado dos Lavradores , von der sie in einer der Touristenbroschüren im Hotel gelesen hat. An dieser Markthalle soll es mehrere gute Restaurants geben. Der

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