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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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jede einzelne Öre zurückzahlen. Er kann sich zur Hölle scheren mit seiner Eifersucht. Vielleicht sollte sie sich mit einem netten Portugiesen einlassen, nur um es ihm zu zeigen? Niemand hat das Recht, sie zu schlagen, niemals wird sie das wieder zulassen.
    Sie steht auf, duscht und zieht sich an, um zum Frühstück zu gehen. Sie hat keine Angst, ihm zu begegnen. Im Gegenteil, sie fühlt sich jetzt stark. Die noch verbleibenden Tagewird sie sich sonnen und es sich schön machen. An dem blauen Fleck über dem Auge kann sie nichts ändern.
    Als sie herunterkommt, sitzt Lasse Nyman in einer Ecke des Speisesaals über einer Tasse Kaffee. Er ist grau im Gesicht und scheut ihren Blick. Aber sie geht geradewegs zu seinem Tisch und schaut ihn an.
    »Ich muss mich wohl entschuldigen«, murmelt er. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist …«
    »Niemand schlägt mich«, sagt sie. »Niemand …«
    Dann geht sie zu einem Tisch am anderen Ende des Speisesaals und setzt sich. Sie kehrt ihm den Rücken zu. Aber sie hat ihr Frühstücksei noch nicht aufgeschlagen, da tut er ihr schon leid. Es kann nicht leicht sein, mit dieser Erinnerung aufzuwachen, denkt sie. Mit einem Kater und dem Wissen, eine Frau geschlagen zu haben. Mein Gott … Sie schaut über die Schulter, und da sitzt er mit gebeugtem Kopf. Ein Kind, denkt sie. Ein verlassenes Kind, das nur seiner Faust vertraut. So ist er immer gewesen … Sie versucht sich vorzustellen, wie es ist, ein Gefängnis nach dem anderen zu durchlaufen, ständig auf der Flucht zu sein und ganz tief im Innern mit dem Wissen von dem schlimmsten aller Verbrechen zu leben, dem Totschlag an einem unschuldigen Menschen.
    Als ihre Kaffeetasse nachgefüllt worden ist, nimmt sie sie in die Hand, geht zu seinem Tisch und setzt sich.
    »Warum hast du das gemacht?«, fragt sie.
    »Ich weiß nicht.«
    »Ich habe mit diesem Portugiesen übers Wetter gesprochen. Falls dich das interessiert.«
    »Ich hatte wohl zu viel getrunken …«
    »Du hast kein Recht, mich zu schlagen. Was auch immer ich tue. Und ich werde jede einzelne Öre zurückzahlen, die diese Reise gekostet hat. Sobald wir nach Hause kommen.«
    »Das will ich nicht.«
    »Warum hast du mich denn eingeladen? Ich denke schon, dass ich das Recht habe, es jetzt zu erfahren.«
    Keine Antwort.
    »Was hast du dir eigentlich eingebildet?«
    »Nichts«, antwortet er, ohne den Blick zu heben.
    »Das glaube ich dir nicht.«
    »So ist es aber!«
    Sie sieht, wie verkatert er ist, voller Reue, zittrig und ängstlich. Ein kleiner Junge, der ertappt worden ist. Wie Staffan, als er sein Sparschwein ohne Erlaubnis geschlachtet hatte.
    »Wir reden nicht mehr davon«, sagt sie.
    Ein warmer Tag. Eivor döst am Rande des Schwimmbeckens, dreht den Körper zur Sonne. Lasse Nyman sitzt unter einem Sonnenschirm. Dann und wann verschwindet er zur Bar, um ein Bier zu trinken.
    Eivor beginnt, an die Heimreise zu denken …
    Während sie im Becken schwimmt, entdeckt sie Lasse Nyman, der an der Bartheke sitzt und mit jemandem spricht. Ein weiß gekleideter Mann, dunkelhaarig, braun gebranntes Gesicht. Aber er wird sich doch wohl nicht zu einem Gespräch mit einem Portugiesen herablassen, einem Einwohner Madeiras?
    Sie klettert aus dem Becken und ist trotz allem ein bisschen neugierig. Nach drei Tagen auf der Insel hat sie noch kaum mit einem Menschen gesprochen. Allenfalls ein paar höfliche Worte mit den Leuten aus der Hotelrezeption oder dem fröhlichen Mädchen, das ihr Zimmer reinigt. Sie wickelt sich in ein Badetuch und geht zur Bartheke. Jetzt kann er sie ja wohl kaum beschuldigen, losgezogen zu sein, um einen Mann aufzugabeln, da er selbst es ist, der Gesellschaft gefunden hat.
    »Das hier ist Lourenço, und dies ist Eivor«, sagt Lasse Nyman mit großer Geste, und sie sieht, dass er auf bestem Wege ist, wieder betrunken zu werden.
    Er stellt mich vor, als ob ich seine Frau wäre, denkt sie und nickt dem Portugiesen zu. Er ist um die dreißig, trägt ein weißes Hemd und weiße Baumwollhosen. An den braunen Füßen baumeln Sandalen, an einem der Finger steckt ein großer Goldring.
    »Hej, hej«, sagt Lourenço.
    »Er hat in Schweden gewohnt«, erklärt Lasse Nyman. »In Södertälje, prima Platz.«
    »Södertälje, ja«, sagt Lourenço. »Scania Vabis. Lastwagen …«
    »Hall«, sagt Lasse Nyman.
    »Pall?«
    »Nein, Hall. Gefängnis.«
    »Nein. Nie Gefängnis. Nie Polizei …«
    Er wehrt ab und wirkt plötzlich verwirrt, aber Lasse Nyman grinst ihn nur an und

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