Damals im Dezember
die das Zimmer nur ausschnittsweise erhellten.
Dann sah ich ihn. Mein Vater saß auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes auf seinem hohen, thronartigen Sessel hinter dem Schreibtisch. Sein Haar war dünn und grau, und einen Moment lang sahen wir einander nur an. Der Blick meines Vaters war auf mich geheftet – diese scharfen, durchdringenden Augen, die dunkel und unergründlich waren.
Ich trat ein. »Sir …«
Er hob einen Finger und brachte mich dadurch zum Schweigen. Dann starrte er mich eine Weile nur an und fragte schließlich: »Bist du wirklich hier?«
Mein Mund wurde mir trocken, und ich stieß hervor: »Es tut mir leid. Ich bin nur …« Ich trat einen Schritt auf ihn zu und wünschte verzweifelt, mich vor ihm zu verstecken; aber ich wusste, dass ich das nicht konnte. »Ich bin gekommen, um mich zu entschuldigen.« Ich senkte den Kopf. »Du hast mich zu Recht verstoßen. Es tut mir so leid.« Ich ließ den Kopf fallen und wartete auf seine Worte – auf seine Zurechtweisung und Ablehnung. Nichts davon kam. Dann hörte ich etwas, ein Schniefen. Ich sah hoch. Die Augen meines Vaters waren rot. Er sagte nichts, weil er weinte.
»Mein Junge«, sagte er schließlich leise. »Mein Junge.« Tränen strömten ungehindert über sein Gesicht. Er stand auf und ging mit ausgestreckten Armen um seinen Schreibtisch. »Mein Junge!«
»Dad?«
»Mary!«, rief er. »Mary! Luke ist nach Hause gekommen! Mein Sohn ist nach Hause gekommen!«
Er kam auf mich zu, und wir umarmten einander, wobei mich seine noch immer kraftvollen Arme fast zerdrückten. Ich begann zu schluchzen. Es war mir unmöglich, ihm ins Gesicht zu sehen. »Es tut mir leid. Es tut mir so leid.«
Mein Vater hielt mich einfach in den Armen und küsste mich auf den Scheitel. »Ich habe jeden Abend darum gebetet, dass du den Weg zurück findest. Und du bist zurückgekommen. Du bist zurückgekommen, das ist alles, was zählt.«
In diesem Augenblick kam Mary ins Zimmer. Sie erstarrte, als sie mich sah. »Luke!«
»Er ist wieder da, Mary!«
Ihre Augen füllten sich sofort mit Tränen. Sie kam zu uns und umarmte mich. »Ich habe dir doch gesagt, dass er zurückkommen wird, nicht wahr?«
»Du hast den Glauben nie verloren«, bestätigte mein Vater und drückte mich noch fester. »Mein Junge. Oh, mein Junge.« An Mary gewandt, sagte er: »Reservier uns was im DiSera’s. Sag Larry, dass er unseren Tisch freihalten soll. Sag ihm, dass er den Monfortino ausschenken und seine Mandoline hervorholen soll. Wir feiern. Mein Junge ist nach Hause gekommen.«
Achtundvierzigstes Kapitel
Die Süße der Wiedervereinigung ist eine himmlische Wonne.
Aus dem Tagebuch von Luke Crisp
Da waren wir nun. Wir zwei (eigentlich wir drei, da Mary mitgekommen war) saßen an demselben Tisch, an dem wir gesessen hatten, als mir mein Vater zum ersten Mal vorgeschlagen hatte fortzugehen, um zu studieren. Die Freude, die ich empfand, war unbeschreiblich. Doch es war mein Vater, der sich am meisten zu freuen schien. Mein Vater war regelrecht aus dem Häuschen und wirkte, als könne er jeden Moment in einen Jubelgesang ausbrechen.
Der Monfortino, den wir tranken, war etwas Besonderes. Nicht nur, weil er der beste Wein war, den das DiSera’s zu bieten hatte, sondern auch, weil er mit einem Preis von tausend Dollar die Flasche etwas war, was mein Vater noch nie bestellt hatte und normalerweise auch nie bestellen würde. Aber an diesem Abend tat er es. Es war eine Geste, und sie entging mir nicht. An diesem Abend wurde nichts zurückgehalten.
Mein Vater interessierte sich für alles, was ich durchgemacht hatte. Für alles. Ich erzählte ihm von unserer Reise, meinen Extravaganzen und meinen Feiern. Ich schämte mich, meine Dummheiten zu gestehen, aber mein Vater hörte nur zu und schüttelte wissend den Kopf. Als ich ihm von Sean erzählte und davon, wie er mich hereingelegt hatte, lautete sein einziger Kommentar: »Ist mir auch schon passiert.«
Seine Augen füllten sich mit Tränen, als ich ihm davon erzählte, wie Candace mich verlassen hatte, und noch mehr, als ich die Monate schilderte, die ich in den Kanälen unter Las Vegas verbrachte, und sogar noch mehr, als ich ihm beschrieb, wie ich überfallen und ausgeraubt worden war. Und als ich ihm von Carlos berichtete und davon, wie er mich gerettet hatte, leuchteten seine Augen dankbar auf. Als ich ihm von Wayne erzählte, lächelte er.
»Ich erinnere mich an Wayne«, sagte mein Vater. »Er sieht aus wie die Disney-Figur
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