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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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kenne sie doch gar nicht... Ich...«
    Zwei Schwestern betraten das Zimmer. Die Ärztin kam ans Bett und sagte: »Hören Sie, Frau..., wie auch immer, jetzt ist hier jedenfalls Schluss. Wir müssen den Patienten fertig machen.«
    »Ja«, sagte Mona. »Eine Frage noch: Wie heißt Frau Staller jetzt? Bitte, Herr Plessen, denken Sie nach. Wie heißt sie? Wo ist sie?«
    »Sie lebt hier irgendwo in der Stadt. Sie heißt... Es war etwas mit K – Keiler...«
    »Kleiber?«, fragte Mona, sie wusste nicht, warum.
    »Ja! Das war sie. Susanna Kleiber.«
    Die Ärztin schob sie zur Seite, und Mona wehrte sich nicht mehr. Sie ging hinaus auf den Gang und setzte sich auf eine Bank am Fenster.
    Kleiber. Wer hieß so? Woran erinnerte sie dieser Name? Sie zückte ihr Handy, um im Dezernat anzurufen. Die Tür von Plessens Zimmer schwang auf, das Rollbett wurde an ihr vorbeigeschoben. Sie sah Plessens Gesicht, seine blauen Augen, die sie fixierten, als wollte er ihr noch etwas sagen. Sie lief hinter der Ärztin und den beiden Schwestern her, die ihr Plessen zu einer Operation entführten, die er vielleicht nicht überleben würde.
    Schließlich ging sie neben dem Bett her und nahm Plessens bleiche, geäderte Hand. Er sah sie immer noch an wie ein Kind seine Mutter: Er hatte Angst, das spürte sie. Angst, nicht mehr aufzuwachen, nie mehr. Vor dem Lift hielten sie an, die Ärztin drückte auf den Knopf. Die Lifttüren öffneten sich lautlos. »Hier können Sie jetzt aber nicht mehr mit rein«, sagte die Ärztin energisch. Aber Plessen hielt Monas Hand fest. »In meinem Schlafzimmer«, sagte er und plötzlich war seine Stimme laut und klar.
    »Ja?«
    »Sie finden dort den Brief.«
    Mona schaltete blitzschnell. »Den Brief Ihrer Schwester an ihren Sohn?«
    »Er ist... in meinem Nachtkästchen. Eine Kopie. Damit hat er mich erpresst.«
    »Wer? Wer hat Sie erpresst?«
    »Ich... kenne ihn nicht. Ich weiß nicht, wer er ist. Ich weiß nicht, woher er den Brief hat. Er hat gesagt, er hat ihn jemandem abgekauft.«
    Abgekauft? Wie unglaubwürdig! »Wem soll er den denn abgekauft haben?«
    »Ich..., ich weiß nicht.«
    »Okay. Ich, wir werden das rausfinden.« Aber Plessen ließ ihre Hand immer noch nicht los.
    »Es tut mir Leid«, sagte er. »So Leid. Ich habe...«
    »Ja«, sagte Mona. »Mir tut es auch Leid. Viel Glück.«
    Plessens Hand wurde schlaff, und Mona legte sie sorgsam auf die dünne Decke zurück. Die Ärztin schob das Bett in den Lift, die Türen schlossen sich hinter ihnen.

23
    »Janosch«, sagte David. Janosch, sein Partner, auf den er sich verlassen hatte, wie man sich nur auf beste Freunde verließ. Janosch war sein bester Freund gewesen. Und nun war er der Mastermind hinter Verbrechen, die selbst Davids aus jahrelanger Erfahrung gespeiste Fantasie sprengte, »Hallo, David«, sagte die Gestalt am Fenster, und sollte noch irgendein Zweifel an ihrer Identität bestanden haben, war sie jetzt ausgeräumt. Es war Janoschs Stimme, es war Janoschs leises Lachen, das David mindestens so gut kannte wie sein eigenes. In diesem Moment veränderten sich die Lichtverhältnisse auf dem Video. Offensichtlich hatte jemand einen Spot eingeschaltet, der sich nun langsam, wie um es spannend zu machen, in Janoschs Richtung bewegte, bis er dessen Gesicht erleuchtete, sodass Janosch nun klar zu erkennen war: die aschblonden, jetzt kurz geschnittenen Haare, die scharfe Raubvogelnase, die leicht unreine Haut, obwohl er schon über dreißig war, der schmale Mund, das kräftige Kinn. Der leicht verdrehte linke Fuß, eine Behinderung, die sich Janosch so sorgfältig abtrainiert hatte, dass man sie nur sah, wenn er müde war.
    »Du bist bestimmt überrascht, mich hier zu sehen, David«, sagte Janosch, und es klang, als lese er es von irgendwoher ab oder als hätte er es extra für diese Gelegenheit auswendig gelernt. »Aber du sollst wissen, dass du der einzige Mensch gewesen bist, dem ich vertraut habe, und deshalb will ich, dass du alles von mir weißt, bevor ich verschwinde. Fangen wir einfach, na ja, mit der Wende an. Da war ich Siebzehn, und da, wo ich herkomme, sind, na sagen wir mal, ein paar Dinge vorgefallen, die mich dazu veranlasst haben, ganz woanders mein Glück zu suchen. Alles begann...«

24
    1989
    ... mit Renate, dieser verdammten Schlampe, dieser Nutte, die den Jungen nicht in Ruhe lassen konnte, so lange, bis er sie in einer Oktobernacht, in der er sexuell nicht so funktionierte, wie sie sich das vorstellte, ganz kunstlos und vollkommen

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