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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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ist.«
    »Vielleicht hat der Täter...«
    »Kann sein. Kann sein, dass Gerulaitis ohne Absprache mit mir auf eigene Faust ermittelt hat.« Mona erzählte nichts von dem Telefonat, das sie in Marburg mit Gerulaitis geführt hatte. Wie verwirrt er da gewirkt hatte, wie instabil. Es war möglich, dass er sich zu einer Kurzschlusshandlung hatte hinreißen lassen und auf diese Weise dem Täter in die Quere gekommen war. Es war möglich, dass er ebenfalls tot war. Dann würde Mona lange nicht mehr ruhig schlafen können.
    Nach der Konferenz nahm sie Fischer beiseite. »Wir müssen ihn finden«, sagte sie zu ihm. »Verstehst du?«
    »Was meinst du damit?«
    »Du hast schon kapiert. Er hat sich für diesen Einsatz in Gefahr gebracht, wir sind für ihn verantwortlich. Fahr zum letzten Tatort, sprich mit der Spurensicherung. Vielleicht haben die irgendwas gefunden, was auf Gerulaitis hinweist.«
    »Er war am Tatort? In der Nacht?«
    »Weiß ich nicht«, sagte Mona ungeduldig. »Aber wenn er wirklich verschwunden ist, fällt mir keine andere Erklärung ein.«
    Fischer nickte.
    »Ach, und noch was: Er hat einen Partner, mit dem er gemeinsam undercover arbeitet. Keine Ahnung, wie der heißt, aber sein Name steht im Protokoll von Gerulaitis’ Vernehmung. Du weißt schon, der vom vorletzten Dienstag, als wir Plessens Sohn gefunden haben.«
    »Okay.«
    »Ruf Gerulaitis’ Partner an. Vielleicht weiß der was.«
    »Ja. Mach ich. Und du?«
    »Ich fahre in die Klinik. Sehen, wie es Plessen geht. Ich bin sicher, er weiß was. Und jetzt wird er es sagen.«
    »Wenn er noch lebt«, sagte Fischer und verstärkte damit Monas Befürchtungen.
    Denn wenn Plessen nicht mehr lebte, würden sie diesen Fall vielleicht nie lösen.

21
    Als Sabine die Tür hinter sich geschlossen hatte, wartete David ein paar Minuten, dann begann er zu rufen und zu schreien. Natürlich war das riskant, denn eventuell befand sich Sabine noch in diesem Haus und würde ihn hören, aber er musste alles versuchen, um gefunden zu werden. Freiwillig würde Sabine ihn nicht gehen lassen, das wusste er. Er fühlte sich schlecht. Wieder lag er in vollkommener Dunkelheit und Stille. Als das Licht noch gebrannt hatte, hatte er festgestellt, dass der Raum fensterlos war, bis auf ein winziges vergittertes Viereck, vor dem sich wahrscheinlich auch noch ein Luftschacht befand. Er versuchte, seine Augen auf dieses Viereck zu fokussieren, und ganz allmählich löste sich ein grauer Schimmer aus der Dunkelheit. Das war nicht viel, aber besser als nichts. David rief weiter um Hilfe und horchte in regelmäßigen Abständen, ob irgendjemand darauf reagierte.
    Nichts geschah.
    Woraus er schloss: Das Haus, zu dem dieser Keller gehörte, stand entweder in einer menschenleeren Gegend oder war von einem großen Garten umgeben. In beiden Fällen konnte er sich die Seele aus dem Leib schreien, niemand würde ihn hören. Andererseits gab es keine andere Chance, hier herauszukommen. Und er hatte vielleicht nicht mehr viel Zeit. Er dachte sich zwei Sätze aus, die er ständig wiederholte. Sie lauteten: »Ich heiße David Gerulaitis und werde hier gefangen gehalten! Bitte rufen Sie die Polizei!« Er rief diese Sätze, so laut er konnte, ohne große Hoffnung, aber in dem Bewusstsein, dass Schreien sinnvoller war, als sich seinem Schicksal zu ergeben.
    Wie spät es wohl war? Welchen Tag sie wohl hatten? Würde KHK Seiler ihn als vermisst melden? Vielleicht gab es Spuren von ihm am Tatort, die man verfolgen konnte. Nun – sicher gab es Spuren, winzige DNA-Spuren, die man mit seinen Haaren oder Hautschüppchen vergleichen konnte (seine Wohnung, sein Bad, waren ja voll davon). Andere Spuren am Auto des ermordeten Polizisten würden zweifelsfrei zeigen, dass an dieser Stelle ein Kampf stattgefunden hatte: Früher oder später würde man sich die Wahrheit zusammengereimt haben, so viel zumindest war sicher. Aber bis man zu einem Ergebnis kommen würde, war er tot. Sabine konnte ihn nicht überleben lassen, nicht, nachdem er sie gesehen hatte.
    »Ich heiße David Gerulaitis und werde hier gefangen gehalten! Bitte rufen Sie die Polizei!«
    Seine Stimme wurde heiser, und der Durst verstärkte sich. Er versuchte, seine verschleimten Atemwege freizuhusten, aber sein Husten klang staubtrocken, und als er einmal angefangen hatte, konnte er kaum wieder aufhören. Er räusperte sich verzweifelt, um das Kitzeln in seiner Kehle, seinen Lungen zu dämpfen. Als er das nächste Mal rufen wollte, stellte er fest, dass

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