Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick
beherrschen. Das Resultat sind schwerfällige und nicht selten falsche Übersetzungen. Ein Beispiel von vielen: SiebenÜbersetzer und Übersetzerinnen nahmen sich die schönste Satire der modernen arabischen Literatur zur Brust und verwandelten sie in ein deutsches Amtsblatt.
Statt aufmüpfige Autorinnen und Autoren zu suchen, übersetzen einige inzwischen die Machwerke der Diktatoren. Als ob die Verbrechen des Massenmörders Saddam Hussein nicht reichten, müssen wir auch noch seinen literarischen Mundgeruch ertragen. Doris Kilias, die brave DDR-Seele, übersetzte als Beitrag der Völkerverständigung zur Buchmesse 2004 Saddam Husseins Roman. Auch der ehemals kritische Grüne Gernot Rotter übersetzte vor Jahren den Roman Gaddafis. Armes Papier!
Statt aber besser Arabisch zu lernen und noch besseres Deutsch zu schreiben, verwandeln sich diese braven Übersetzer in Experten für die arabische Psyche und den deutschen Buchmarkt. Ihre Diagnosen lassen jeden Azubi im Buchhandel Tränen lachen. *
Manchmal habe ich den traurigen Eindruck, die arabischen Literaturen sind nicht von Freunden und Liebhabern, sondern von »Medizinern« umgeben, und solange das so ist, hat die arabische Poesie keine Chance auf dem deutschen Buchmarkt.
Eine Vision überfiel mich im ICE Utopia. Eine noch zu gründende arabische Liga demokratischer Staaten finanziert mit der astronomischen Summe, die das geförderte Erdöl in ganzArabien an einem einzigen Tag im Jahr bringt, ein »Haus der Weisheit«. In diesem Haus sitzen die besten Übersetzer der Weltsprachen und übertragen mit Buddhas Ruhe Texte von einer Sprache in die andere. Sie haben ausreichend Zeit, und jede gelungene Übersetzung wird in Gold aufgewogen. Alle Welt ist hier zu Gast, man diskutiert und feilscht um die Rechte.
Das Haus wird weltweit geachtet, und die Buchhändler prüfen genau, bevor sie ein Buch aus dem Arabischen kaufen, ob es vom Haus der Weisheit abgesegnet wurde.
Diese Vision wäre gar nicht unmöglich, aber mit der bestehenden Arabischen Liga ist sie in unendliche Ferne gerückt.
* Es war aber anfangs, in den achtziger Jahren, überhaupt nicht lustig, dass die Mehrheit dieser selbsternannten deutschen Experten, bestehend aus Opportunisten gegenüber den arabischen Regimen, uns Exilautoren, sowohl hier als auch in Arabien, attackierte. Heute, da die Brutalität der arabischen Despoten allseits bekannt ist, wirkt diese freiwillige Unterwerfung der deutschen Experten nur noch lächerlich.
EIN GARTEN FÜR DIE JUGEND
A ls ich kurz davor war, meine Rede zu schreiben, musste ich noch schnell Blumen für eine Feier besorgen. Der Blumenladen war voll, also wartete ich und beobachtete dabei die Floristin, wie sie genießerisch einen prächtigen Strauß band. Ihre Begeisterung wuchs mit dem Umfang ihres Werks. Die linke Hand hielt das vorläufige Ergebnis fest, während die rechte, einem Schmetterling gleich, immer neue Blumen platzierte. Hin und wieder schaute sie den Strauß versonnen an, und ich sah ein Lächeln über ihr Gesicht huschen. Fast unwillig gab sie ihn der wartenden Kundin.
Meine Rede für euch sollte auch ein Blumenstrauß werden, zum Dank dafür, dass ihr mir den begehrten Weilheimer Literaturpreis zugesprochen habt. Die Idee mit dem Strauß gefiel mir im ersten Augenblick sehr, aber dann kam ein merkwürdiges Unbehagen auf. Ich wusste nicht, warum.
Da ich die Gnade habe, mit einer Malerin und Autorin zu leben, und wir beide nicht gerade zur Gattung der stillen Grübler gehören, sondern erzählend an Gedanken und Ideen schleifen, berichten wir uns gegenseitig von unseren Projekten. Wir begleiten einander und diskutieren leidenschaftlich. Die Entscheidungen muss aber jeder für sich treffen.
Ich erzählte also mir und meiner Frau von meiner Rede als Blumenstrauß. Sie fand die Idee »gut«. Bei meiner Frau bedeutete das, es fehlte noch etwas an diesem Einfall, etwas, das ihm das i-Tüpfelchen aufsetzen würde.
»Warum ein Strauß? Der ist schnell vergänglich. Warumschenkst du der Jugend keinen Garten?«, sagte sie zu mir am nächsten Morgen beim Teetrinken – ungefragt, als hätte sie sich die ganze Nacht mit der Rede beschäftigt.
Sie schenkte mir also die Idee mit dem Garten, und ich krempelte die Ärmel hoch und holte mir einen Spaten.
Ich möchte euch nun einen blühenden Garten anlegen, einen Garten mit Geheimnissen, in dem ihr, heute mit mir und hoffentlich auch in Zukunft, spazieren gehen könnt.
Dunkle Damaszener Rosen
Weitere Kostenlose Bücher