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Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick

Titel: Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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einer Genehmigung, und wenn sie fragt, so ist sie keine.« Von nun an war sie meine treue Beraterin.
    Als ich ihr einmal aus Goethes Divan den Vers » Jugend istTrunkenheit ohne Wein« vorlas, rief sie aus: »Dann bin ich Alkoholikerin.« Nadime war eine Genießerin, die gerne und viel lachte. Die Erwachsenen mieden sie – manche aus Angst, weil sie sich angeblich auf Zaubersprüche verstand, mit denen sie jeden Erwachsenen in einen Esel verwandeln konnte.
    »Das stimmt«, sagte sie, als ich sie etwas ängstlich danach fragte. »Aber mein Zauber gelingt nur bei Erwachsenen, die nicht lachen können. Und das«, fügte sie hinzu, »ist sehr leicht, weil diese auch ohne meinen Spruch bereits halbe Esel sind.«
     
    Ich grabe euch ein paar Narzissen-, Tulpen- und Schneeglöckchenzwiebeln ein, und in die Mitte setze ich eine weiße Rose.
    »Die weiße Rose« gilt in Deutschland als Symbol für die aufrichtige und mutige Jugend. Mich erinnert eine weiße Rose an Onkel Munir. Er hatte einen winzigen Garten, wo er nichts als weiße Rosen züchtete. Er war Buchhalter in der staatlichen Tabakfabrik. Wenn er nach Hause kam, legte er Anzug und Krawatte ab – die Kleidung, die bei uns in den sechziger Jahren in Anlehnung an Europa aufgekommen war. Er legte sich sein arabisches Gewand an. »Mit dem Anzug verdiene ich mein Geld«, sagte er mir eines Tages und lächelte. »Manchmal möchte ich ihn aus purer Dankbarkeit ins Restaurant einladen, ihm die Speisekarte zeigen und dann bestellen. Und jeweils wenn der Ober Suppe, Vorspeise, Hauptgericht, Nachtisch und den obligatorischen Mokka danach serviert, möchte ich leise ausrufen: ›Genieße es, mein Anzug. Du hast es ja verdient!‹ und die Speisen seelenruhig auf das gute Tuch kippen. Aber ich glaube, an jenem Abend würde ich in der Klapsmühle übernachten, und das hat mein Anzug wirklich nicht verdient«, fügte er hinzu und lachte.
    Onkel Munir war ein engagierter Mensch, und deshalb kam er beruflich nicht weiter. Dreimal saß er im Gefängnis. Einmal, weil er öffentlich addierte, was beim Industrieminister, einem Schwiegersohn des Präsidenten, innerhalb von drei Jahren an Gehalt zusammenkam, und die Summe mit dem ungeheuer großen Vermögen verglich, das der Politiker in der kurzen Amtszeit zusammengerafft hatte. Und zweimal saß der Onkel wegen politischer Witze.
    Als ich mich der Jugendorganisation einer oppositionellen illegalen Partei angeschlossen hatte, wollte ich mich bei Onkel Munir noch ein bisschen beliebter machen und flüsterte ihm bedeutungsvoll zu: »Seit heute bin ich Mitglied der Jugendorganisation.«
    Sein Gesicht verdüsterte sich. »Ich dachte, du bist klug«, sagte er traurig. »Mein Junge, wer die Jugend politisiert, will sie sich verfügbar machen, ihr Gehorsam und Unterwürfigkeit beibringen. Von heute an bist du nicht mehr jung und frei, sondern ein gefesseltes Parteimitglied.«
    Ich war bitter enttäuscht.
    Ich brauchte Jahre, um meinen weisen Onkel Munir zu verstehen. Er hatte Recht: Sowohl der, der die Jugend politisiert, als auch der, der sie aus allem heraushält, betrügt die Jugend. Beide, so unterschiedlich sie sind, haben eines gemeinsam: die Angst vor der Sensibilität der Jugend, welche diese unbestechlich und insofern unberechenbar macht. Sensibilität ist eine Wildkatze, die auf samtenen Pfoten daherkommt und dann losschlägt, wenn man gerade anfängt, sich an sie zu gewöhnen.
    Nichts auf der Welt wird so gefürchtet wie die unbestechliche Sensibilität der Jugend.
     
    Jetzt möchte ich euch noch Pflaumen-, Aprikosen-, Kirsch-und Quittenbäume einsetzen, die in eurem Garten ein Sinnbild für den Dialog zwischen Orient und Okzident sein sollen – wie sie es in der Geschichte schon immer waren. Ich habe hier aber weniger die jeweilige Symbolik im Auge als vielmehr eure leiblichen Genüsse. Allein von den süßen Erzeugnissen der Quitte kann ich euch mindestens drei himmlische Genüsse versprechen.
     
    Was aber in keinem Garten, den ich verschenke, fehlen darf, ist ein großes Kräuterbeet. Ich teile es genau auf und setze Thymian, Basilikum, Pfefferminze, Petersilie, Kamille, Koriander, Schnittlauch, Estragon und Zitronenmelisse nebeneinander. So können die Pflanzen sich da unten, nahe dem Boden, miteinander unterhalten.
    Minze war das Lieblingskraut meines Freundes Hadi. Er lebte bescheiden wie ein wahrer Sufi. Er war zufrieden und strahlte vor Glück, wenn er nur ein Stück Brot mit Olivenöl, Thymian und Salz zu essen hatte. Er

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