Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick
Bücherregale der Welt finden, haben sogar erstrangige europäische Autoren und Verlage kaum eine Chance, mit einem Buch auf die Büchertische in Amerika zu gelangen. Die Situation ähnelt immer mehr der des Fernsehens. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. In Großbritannien beträgt der Anteil der Bücher nichtenglischer Herkunft 3 Prozent, in den USA nur 2,8 Prozent, und die Übersetzungen aus dem Französischen nehmen ein Drittel davon ein. Ganze Kontinente bleiben vor der Tür stehen.
Drei große Ketten (Barnes & Noble, Borders und Book-A-Million) beherrschen den Markt mit einem Jahresumsatz von 8 Milliarden Dollar. Diese Macht beeinflusst die Entscheidung der Verlage. Es bleibt kaum eine Möglichkeit für fremdsprachige Literatur, die sensible Annäherung, Geduld und großzügiges Verständnis verlangt, um dann ihre Gastgeber zu bereichern.
Natürlich gibt es immer noch kleine unabhängige Verlage und Buchhandlungen wie die Mitglieder des Verbands American Book Association, aber sie sind viel zu schwach.
Die Lage in Deutschland ist noch paradiesisch im Vergleichzum Buchmarkt in Osteuropa, den arabischen Ländern, Italien oder Spanien. Hier bemühen sich noch Verlage um ein buntes Bild der Weltliteratur, hier werden Übersetzungen noch finanziell gefördert.
Und merkwürdigerweise, und das schreibe ich nach über dreißigjähriger Leseerfahrung, sind die deutschen Verlage in der Regel neugieriger und weltoffener als die Feuilletonisten, die, wenn sie sich vom Geist Goethes leiten ließen, sehr wohl zur Erziehung des Geschmacks beitragen könnten. Das von der Schule zu verlangen ist eine Illusion, die ich für eine realisierbare Utopie gehalten hatte, als ich noch jung war. Aber dem Feuilleton in diesem Land traue ich diese Rolle doch zu. Leider herrscht in den Räumen der Zeitschriften und Zeitungen nicht Goethes Geist, sondern dessen Gegenteil. Erst kommen deutschgeborene Autoren (wohl bewusst nicht deutschsprachige, da hier auch Araber, Italiener, Spanier, Türken, Griechen und andere Nationalitäten mitmischen würden). An zweiter Stelle kommen die Amerikaner, seien es Stars und Starlets, die über Ghostwriter ihre letzten Zuckungen auf Papier bringen lassen, bevor sie vom Bildschirm oder dem CD-Markt verschwinden. Danach kommen die Berühmtheiten aus Italien, Frankreich, Holland, Lateinamerika, Spanien, den skandinavischen Ländern und Polen, dann das übrige Ost- und Südeuropa. Der Anteil der oben aufgezählten Kulturkreise nimmt ca. 95 Prozent der Literaturseiten in Anspruch. Um einen Platz auf dem kümmerlichen Rest drängen sich Tausende von Autoren aus aller Welt. Ganze Kontinente und Kulturkreise wie Afrika, Australien, China, Indien, Japan, Arabien und Ostasien verschwinden für Monate und Jahre aus dem Blickwinkel der Leser.
Weltweit verkehrt sich der Inhalt des Wortes Weltliteratur, dieser wunderbaren Erfindung deutscher Humanisten vonHerder bis Goethe. Goethe, dieser große Deutsche, wusste mit seiner kosmopolitischen Seele, wie und warum man sich fremden Literaturen annähert, und er war ein Vorbild. Er beschäftigte sich nicht nur mit Italien und Griechenland, sondern auch mit dem Islam und mit der persischen Dichtung, vor allem mit Hafis, und übte sich in der Kunst der Einfühlung. Damit gab er dem Wort Weltliteratur einen bis heute nicht übertroffenen Horizont: Weltliteratur ist eine Einladung an die Besten zu sich nach Hause. Das »Andere« ist nicht bedrohlich, sondern bereichernd. Heute ist »World Literature« die genaue Umkehrung der humanistischen Idee. Eine Literatur – und in der Regel die billigste – geht von einem Land (USA) aus und walzt die Bücherregale anderer Länder platt.
Eine Hand kann allein nicht klatschen
Trotz der oben erwähnten günstigen Bedingungen und der Freundlichkeit der Deutschen bleiben die meisten Übersetzungen aus dem Arabischen den Lesern unbekannt und werden nicht selten schnell verramscht. Es liegt aber nicht nur an der Literatur, sondern auch an ihrer Vermittlung.
Leider haben die arabischen Literaturen nicht das Glück ihrer lateinamerikanischen Schwestern, die durch solche kongenialen Übersetzer wie Curt Meyer-Clason dem deutschen Lesepublikum näher gebracht werden; ein ähnliches Glück widerfährt der italienischen Literatur mit Burkhard Kroeber oder der schwedischen mit Wolfgang Butt. Die arabischen Literaturen dagegen haben ein schweres Los mit ihren Übersetzern, die weder Arabisch noch Deutsch oder gar beides nicht gut
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