Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick
war einer der wenigen aufrichtigen Rebellen, die Arabien hervorgebracht hat, und obschon Muslim, liebte er Jesus, den er für den größten Rebellen aller Zeiten hielt.
Hadi war der erste Mensch in meinem Leben, der mich lehrte, die Sprache genau zu gebrauchen. »Rebellion«, sagte er, »wird genau wie viele andere Begriffe falsch verstanden. Wen auch immer du fragst, was er unter einer Rebellion versteht, wird dir sagen, dass eine Rebellion mit Gewalt zu tun hat. Eine Rebellion aber ist nichts anderes als eine Sehnsucht nach Veränderung, eine Ablehnung des Stillstands. Das Leben selbst ist eine fortdauernde Rebellion gegen den Tod. Ein Rebell«, sagte er, und sein Gesicht hellte sich auf, »bleibt nie still. Sein Zuhause ist der stete Wandel, deshalb rostet seinHerz nicht. Es bleibt jugendlich. Unsere Erde braucht viele solche Jugendliche.«
»Aber schau dir an, was aus all den Revolutionen geworden ist«, wandte ich ein.
»Eben, hier ist auch die Genauigkeit der Sprache gefragt. Ein Revolutionär will im Gegensatz zum Rebellen an die Macht, damit er von oben her die Menschen beglückt. Aber auch wenn er ehrlich ist, klappt das nicht, deshalb altert er schnell. Und wenn er an die Macht kommt, wird er selber ein Hindernis für jede Veränderung.
Ein Rebell jedoch hat keinerlei Ambition in diese Richtung, darin liegt der Unterschied.«
Nur ein paar Schritte vom Kräuterbeet entfernt möchte ich euch eine Sitzecke einrichten, vielleicht aus rötlichem Sandstein mit einem verwitterten runden, weißen Steintisch in der Mitte. Der Tisch soll so stehen, dass ihr auch einmal eine Partie Schach spielen könnt, wenn ihr wollt.
Das Schachspiel ist uralt und hat bis heute nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Immer wenn ich ein Schachbrett sehe, muss ich an meinen Nachbarn Samuel denken. Er brachte mir das Schachspiel bei.
Er wohnte mit seiner Frau in einem kleinen Haus uns schräg gegenüber. Schlechter als diese zwei konnten Eheleute nicht zueinander passen. Beide aber ertrugen die Misere mit Geduld. Seine Frau war eine fromme Katholikin. Sie ging jeden Morgen in die Messe und tadelte ihren Mann, weil er lieber Schach spielte. Sie war liebenswürdig, höflich und bescheiden, aber sehr geizig, deshalb mieden die Nachbarinnen sie.
Meine Mutter erzählte, sie erlaube niemandem – nicht einmal Samuel –, im Salon zu sitzen, denn die Sessel und Sofasdort sollten nur dann belüftet und benutzt werden, wenn der Bischof einmal im Jahr, kurz nach Ostern, kam.
Samuel war beliebt. Er scherzte gerne und lachte viel, und wenn er nicht im Café Schach spielte oder sich mit Passanten auf der Straße unterhielt, stand er Sommer wie Winter auf dem Balkon und zog an einer Zigarette. Er durfte in der Wohnung nicht rauchen. Seine Frau hielt Rauchen für eine Sünde, eine Geldverschwendung, und auch den Gestank konnte sie nicht ertragen.
Er rauchte also nie in der Wohnung, bis zu dem Tag, an dem seine Frau durch einen Herzinfarkt im Schlaf starb.
Einen Tag später besuchten ihn die Nachbarn, um nach ihm zu schauen. Sie fanden ihn im Salon. Er saß im bequemsten Sessel, hatte seine Füße auf den Tisch gelegt und rauchte. Die Nachbarn mussten sich durch eine dichte Rauchwolke zu ihm durchkämpfen, um ihn ein wenig zu trösten. Er aber hustete und wiederholte mehrmals fast heiter: »Ich weiß, ich weiß. Sie war eine liebe Frau.«
Zwei Tage später holte er Handwerker ins Haus und ließ es renovieren. Dann riss er alle Fenster auf, und von der Straße aus sah man ihn im bunt gestrichenen Salon vergnügt seine Zigaretten rauchen.
Von nun an ging er nicht mehr ins Café, sondern lud alle Freunde zu sich nach Hause ein.
Liebt ihr das Wasser? Für Araber ist Wasser etwas Göttliches. Und so will ich für euch auch einen großen Teich in eurem Garten anlegen, nicht so eine unförmige Salatschüssel, sondern einen großzügigen Teich. Er wird Libellen anziehen und viel anderes Leben. Und er wird euch immer wieder einladen zum Beobachten und Nachdenken.
Solch ein Wasser kann den Himmel einfangen und widerspiegeln.Und ich wünsche nur, dass euer Himmel frei sein möge von jeglichen Militärmaschinen.
Manchmal denke ich, ich bin immer noch der Junge von der Gasse, der bei den ersten Tieffliegern 1956, während des Suezkanalkrieges, zusammenzuckt. Doch die Zeit verändert uns. Damals hatte ich nur Angst.
Später, als ich erwachsen wurde und die Kriege nicht weniger, sondern mehr wurden, spürte ich neben der Angst auch
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