Damenschneider
du die Befragung, ich hab’ für heute wahrlich genug.«
Dieser Aufforderung hätte es nicht bedurft.
Die Wohnung Elisabeth Marthalers lag im linken Flügel eines typisch Wiener Doppelhauses, wie doch einige am Ende des 19. Jahrhunderts in der damals noch imperialen Hauptstadt von Mitgliedern der vornehmeren Gesellschaftsschicht gebaut worden waren. Nachdem sich Walz über die Türsprechanlage identifiziert hatte, wurde ihnen kommentarlos das reich verzierte gusseiserne Haustor geöffnet.
Nach einem kurzen Weg durch das prachtvolle Stiegenhaus, – ihre Wohnung lag im ersten Stock, der so genannten »Beletage« –, erreichten sie die Eingangstüre, wo sie schon erwartet wurden.
Marthaler war keineswegs erbaut über ihren späten Besuch, was sie den Herren auch sogleich mitteilte.
»Wir haben eigentlich 20 Uhr ausgemacht«, sagte sie unfreundlich, »und jetzt haben wir halb neun … Dabei ist es eh schon entgegenkommend von mir, dass ich meinen Feierabend für eine polizeiliche Vernehmung opfere.«
Vogel wollte gerade zu einer Entgegnung ansetzen, die sicherlich wenig zur Verbesserung des Gesprächsklimas beigetragen hätte, doch Walz fiel ihm geistesgegenwärtig ins Wort.
»Entschuldige die Verspätung, Elisabeth, aber auch wir opfern unseren Feierabend. Und es liegt doch wohl in unser aller Interesse, dass dieser Fall so schnell wie möglich abgeschlossen wird.«
»Wann ihr den Fall löst, das ist euer, und bestimmt nicht mein Problem. Mir ist das eigentlich ziemlich egal«, antwortete sie mürrisch, während sie in das Innere der Wohnung voranging, wo sie von einem gut gekleideten etwa vierzigjährigen Mann empfangen wurden, der sie förmlich begrüßte.
»Das ist Herr Dr. Rominger, mein Anwalt und ein Freund von mir. Als ich ihm von unserer Unterredung heute Morgen erzählt habe, hat er sich spontan dazu bereit erklärt, unserem Treffen beizuwohnen.«
Rominger, der unterdessen wieder Platz genommen hatte, nickte ernst, sagte aber nichts.
»Das ist natürlich dein gutes Recht, Elisabeth«, sagte Walz, während er den Anwalt mit einer kleinen Verbeugung begrüßte. »Dann fangen wir doch gleich mit der Fragerei an: Wann hast du Bilovic eigentlich das letzte Mal gesehen?«
»O je, da muss ich nachdenken«, antwortete sie mit einem fast unmerklichen Zittern in der Stimme. »Irmgard war damals noch am Leben. Es wird auf einem Fest vor ungefähr zwei Monaten gewesen sein, anlässlich ihres Geburtstages.«
»War das das einzige Mal, dass du ihn getroffen hast?«
»Nein, das nicht«, sagte sie langsam, »aber da habe ich zum ersten Mal eine längere Unterhaltung mit ihm geführt. Bei verschiedenen Anlässen hatte ich ihn wohl schon öfter gesehen, aber wir wurden einander nie vorgestellt.«
»Habt ihr euch lange unterhalten?«
»Keine Ahnung«, sagte sie achselzuckend, »warum willst du das überhaupt wissen?«
»Je schneller du meine Fragen beantwortest, desto schneller sind wir wieder draußen. Also, hattet ihr näheren persönlichen Kontakt an diesem Abend?«
»Mein Gott, nein«, antwortete sie gereizt. »Wir haben uns einfach ein bisschen unterhalten, mehr war da nicht.«
»Und danach habt ihr euch auch nicht mehr gesehen?«
»Nein«, sie schrie beinahe, »wie oft soll ich das noch sagen?«
»Schau«, sagte Walz ruhig, »unser Erkennungsdienst hat reichlich Spuren deiner DNA in Bilovics Schlafzimmer gefunden, und ich wollte dir die Chance geben, mir das zu erklären.«
»Wie Sie selbst wissen, können Spuren auch durch Kleidungsstücke, etwa durch ein Haar, das sich bei einer Unterhaltung vom Kopf meiner Mandantin gelöst hat, in die Wohnung gekommen sein«, mischte sich Rominger in das Gespräch ein. »Das allein ist noch kein Beweis, dass Elisabeth in der Wohnung dieses Herrn war.«
»Nach zwei Monaten? Der Bilovic muss aber eine lausige Putzfrau gehabt haben …«, mischte sich nun Vogel ins Gespräch. »Außerdem wurden, wie Sie ja hörten, etliche Spuren gefunden, oder leidet Frau Marthaler unter akutem Haarausfall?«
Hilfe suchend sah Elisabeth nun ihren Anwalt an, der ihr mit einer Kopfbewegung bedeutete, zusammen mit ihm ins Nebenzimmer zu gehen.
»Jetzt bin ich einmal gespannt …«, sagte Vogel behaglich, als die beiden den Raum verlassen hatten.
»Bin ich aber froh, dass es dir wieder besser geht, Kajetan … übrigens habe ich heute einen sehr netten Nachmittag verbracht und dabei einiges erfahren, was zur weiteren Steigerung deiner Laune beitragen könnte.«
»Da bin ich
Weitere Kostenlose Bücher