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Damon Knights Collection 2

Damon Knights Collection 2

Titel: Damon Knights Collection 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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trat von sechs bis zwölf auf, und er hatte schon fast eine Stunde der Show versäumt. Er setzte den Helm auf und sank in einen tiefen Sessel zurück. Er drehte den Ton nicht an, sondern ließ seine eigenen Worte, seine eigenen Gedanken die Lücken ausfüllen.
    Anne beugte sich zu ihm, sprudelnden Champagner an den Lippen, die Augen geweitet und sanft. Sie redete, sprach mit ihm, John, nannte ihn beim Namen. Er fühlte, wie ein Prickeln irgendwo tief in ihm aufstieg, und sein Blick senkte sich, um auf ihrer sonnengebräunten, in seiner Hand liegenden Hand ruhen zu bleiben, die elektrische Stöße durch ihn sandte. Ihre Hand zitterte, als er mit den Fingern über ihre Handfläche zu ihrem Handgelenk glitt, an dem eine blaue Ader pochte. Das leichte Pochen wurde zu einem Hämmern, das immer stärker wurde, und als er ihr wieder in die Augen schaute waren sie dunkel und sehr tief. Sie tanzten, und er fühlte ihren Körper, hingebungsvoll, flehend, an seinem. Das Zimmer wurde dunkel, und sie zeichnete sich als Silhouette gegen das Fenster ab, als ihr Kleid an ihr herabglitt. Die Dunkelheit wurde dichter, oder er machte die Augen zu, und als sie ihren Körper diesmal an seinen schmiegte, war nichts mehr dazwischen, und das Hämmern war überall.
    In dem tiefen Sessel, den Helm auf dem Kopf, schloß John die Hände, öffnete sie, schloß sie, immer und immer wieder.

Richard McKenna
 
Die seligen Gefilde
     
    Am Morgen des fünften Tages erwachte Kinross und wußte, daß einer von ihnen aufgefressen sein würde, ehe die Sonne unterging. Er überlegte sich, wie das wohl wäre.
    Gestern hatten sich die acht kattun- und khakibekleideten Seeleute mit vor Durst brüchigen Stimmen unentwegt darüber gestritten. Acht vom Schicksal verschonte Überlebende, die ohne Nahrung und Wasser in einem seeuntüchtigen Rettungsboot steuerlos auf den Wogen des Indischen Ozeans trieben. Die SS Ixion, ein 6000-Tonnen-Trampdampfer, der Sprengstoffe zu den Roten in Sumatra schmuggelte, war in der Nacht des 23. Dezember 1959 explodiert und innerhalb von zehn Minuten gesunken. Fettwanst John Krüger, der Funker, hatte kein Notsignal mehr geben können. Vier Tage unter der senkrechten Sonne des Wendekreises des Steinbocks, abseits der Schiffahrtslinien und tausend Meilen vom Land entfernt, ohne Regen und kaum Hoffnung darauf – Grund und Zeit genug für finstere Gedanken.
    Kinross, hager und drahtig in den verschlissenen Kattunhosen eines Maschinisten, betrachtete die anderen und überlegte sich, wie es wohl vor sich ginge. Sie nahmen ungefähr die gleichen Haltungen ein wie gestern, schliefen noch oder taten so. Er betrachtete die stoppelbärtigen Gesichter, die aufgesprungenen Lippen und eingesunkenen Augen, und er wußte, was sie empfanden. Die Haut gespannt und ledern, die Zunge an Zähnen und Gaumen klebend, die ausgetrocknete Kehle ein Grauen pfeifenden Atems und jede Zelle im Körper jammernd.
    Durst war schlimmer als Schmerz, dachte er. Webers Gesetz des Schmerzes. Der Schmerz nahm zu wie der Logarithmus seiner Ursache; ein Mensch konnte damit Schritt halten. Aber der Durst potenzierte sich, stieg und stieg unaufhörlich. Gestern hatten sie den kritischen Punkt erreicht, und heute mußte etwas geschehen.
    Der kleine Fay mit dem Rattengesicht und der vorspringenden Stirn hatte gestern davon angefangen. In Meerwasser gekochtes Menschenfleisch, hatte er gesagt, nehme das meiste Salz fort und lasse eine Brühe zurück, die trinkbar sei. Kinross erinnerte sich an dieses Seemannsgarn, das auf seiner ersten Fahrt vor vielen Jahren unter den Schiffsjungen gesponnen wurde, aber jetzt war es kein Leckerbissen mehr für die morbide Neugier der Jugend. Es drängte sich als neunter Passagier in das Boot und setzte sich zwischen ihn und all die anderen.
    »Nix kleine Stock, Fay«, hatte der hünenhafte Schwede Kerbeck gebrummt. »Wenn wir jemand müssen essen, dann wir essen du.«
    Kinross betrachtete jetzt Kerbeck, der links am Heck saß und dessen riesiger bronzefarbener Arm die nutzlose Ruderpinne umschlang. Er trug ein weißes Unterhemd und Khakihosen, und Kinross fragte sich, ob er wach sei. Auch bei Krüger, ihm genau gegenüber, ließ sich das nicht mit Sicherheit sagen. Der Funker hatte während der vier Tage meistens so geschlafen, die plumpen unbeharrten Hände über dem leeren Magen unter dem weißen Trikot verschränkt. Er hatte nicht an dem rastlosen Hin und Her und dem Gerede der anderen teilgenommen, sondern sich nur bewegt, um das

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