Damon Knights Collection 2
Taschentuch wieder anzufeuchten, das auf seinem fast kahlen Kopf lag.
»Ihr werdet mich nicht aufessen!« hatte Fay geschrien. »Und auch keine Lose ziehen. Ein Freiwilliger soll es sein, jemand, der an diesem Schlamassel schuld ist.«
Fay hatte Kerbeck die Schuld dafür gegeben, daß sich kein Proviant im Boot befand. Der Schwede entgegnete wütend, er habe das schon gewußt als sie aus Mossamedes ausgelaufen seien. Fay gab Kinross die Schuld dafür, daß der Motor des Rettungsboots nicht funktionierte. Kinross erklärte, mit kribbelnder Haut, recht milde, daß die Batterie zwei Tage vor dem Sinken noch geladen und der Dieselmotor in Ordnung gewesen sei. Da wandte sich Fay an Krüger und warf ihm vor, kein Notsignal gefunkt zu haben. Krüger beharrte darauf, daß die Explosion ihn von der Funkkabine abgeschnitten habe und daß, wenn er nicht sofort das Rettungsboot ausgesetzt hätte, vielleicht keiner von ihnen mit dem Leben davon gekommen wäre.
Kinross betrachtete jetzt den neben dem Motor schlafenden Fay. Auf der anderen Seite, ebenfalls schlafend, lag Bo Bo, der gigantische senegalesische Heizer, nur mit Kattunshorts bekleidet. Gestern hatte Kinross den Eindruck gehabt, daß irgendein Einverständnis zwischen Fay und dem mächtigen Neger bestünde. Bo Bo hatte Fays Beschuldigungen brummend beigepflichtet, ebenso wie die drei Männer am Vordersteven.
Erstaunlicherweise hatte Krüger die Drohung abgewehrt. Ohne Heftigkeit sagte er mit seiner schrillen durchdringenden Stimme zu ihnen: »Kommt nur an einen von uns hier achtern, dann kämpfen wir alle drei.« Kerbeck hatte genickt und die schwere Ruderpinne aus Messing herausgezogen.
Während sie schwankten, ging Krüger zum Angriff über. »Na, such doch einen aus, Fay, warum zögerst du? Wer hat denn schon am meisten vom Leben gehabt? Nimm den ältesten.«
Silva, der runzlige, glotzäugige Portugiese am Bug, krächzte seinen wilden Protest heraus. Neben ihm lachte der untersetzte Mexikaner Garcia rauh.
»Okay, wer stirbt am schnellsten? Nimm den Schwächsten«, sagte Klüger. »Nimm Whelan.«
Der Schiffsjunge Whelan, ebenfalls am Bug, fand die Kraft, um Gnade zu winseln. Kinross betrachtete, während er sich an gestern erinnerte, die beiden am Bug ausgestreckten Männer. Er meinte halb, daß der Mexikaner seinen Blick erwidere. Sein gedrungener, kattunbekleideter Körper paßte sich dem Stampfen des Bootes an, während es über die Wellen glitt, im Gegensatz zu der Schlaffheit des alten Portugiesen.
Schließlich hatte Garcia gesagt: »Du hast verloren, Fay. Du mußt mit uns übrigen dein Glück beim Losziehen versuchen. Ich stelle mich auf Krügers Seite.«
Die drei Männer am Heck hatten gegen das Losziehen gestimmt, fügten sich dann aber der Mehrheit. Danach hatte Krüger an jeder vorgeschlagenen Methode etwas auszusetzen, indem er darauf hinwies, daß sich dabei Betrug einschleichen könnte. Der Tag ging unter Kabbeleien zur Neige. Kinross dachte an die erstaunlich mühelose, fließende Beschaffenheit von Krüger an jeder vorgeschlagenen Methode etwas auszusetzen, Krächzen der anderen kontrastierte. Er schien in besserer Verfassung zu sein als die übrigen und die Dinge irgendwie in der Hand zu haben.
Kurz vor Sonnenuntergang, als sie die Sache auf den nächsten Tag verschoben hatten und während Silva seinen Rosenkranz durch die Finger gleiten ließ und um Regen betete, hatte der Schiffsjunge Whelan backbords grüne Felder erblickt. Er schrie seine Entdeckung heraus, warf seinen Körper über das Schandeck und versank wie ein Stein.
»Da hast du es, Krüger!« hatte Fay bitter geröchelt. »Bis jetzthatte dein fetter Leib eine Chance auf acht.« Kinross erinnerte sich an seinen eigenen Anflug des Bedauerns.
Kinross spürte, wie die steigende Sonne an seinen trockenen Augäpfeln saugte, und der Durst flammte dreidimensional durch ihn, verzehrte Verstand und Vernunft. Er wußte, daß heute der Tag war und daß er es so wollte. Er schaute wieder vor sich, und der Mexikaner sah ihn tatsächlich aus seinen rotumränderten Augen an.
»Ich weiß, was du denkst, Kinross« rief er nach achtern. Seine Stimme weckte die anderen. Sie setzten sich allmählich auf.
Der kleine Fay übernahm mit wackelndem Kopf, roten Augen, die um Zustimmung baten, die Führung. »Auslosen«, sagte er. »Kein Palaver mehr. Jetzt sofort, sonst sieht keiner von uns die Sonne untergehen.«
Krüger stimmte zu. Er klimperte mit Shillingstücken in der Hand und reichte sie herum.
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