Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Damon Knights Collection 6

Damon Knights Collection 6

Titel: Damon Knights Collection 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
Vom Netzwerk:
brannten sich durch die Dunkelheit auf Gerer. Seine linke Hand, die den Siegelring der Harge-Dynastie trug, ruhte neben dem schlafenden Gesicht seines Dieners, friedlich und gelassen. »Gerer«, sagte der König mit Anstrengung, aber bestimmt, »rufe den Rat zusammen. Sage ihnen, daß ich abdanken will.«
    So roh, so einfach? All die Drogen, Terrorisierungen, die Hypnosen, Parahypnosen, Neuronenstimulationen, Elektroschocks, die Hoge beschrieben hatte, für dieses schlichte Ergebnis. Doch mußte man mit der Diskussion warten. Sie mußten Zeit gewinnen. »So bald Sie wieder bei Kräften sind, Sir.«
    »Nein. Jetzt! Ruf den Rat, Gerer!«
    Dann schnellte er wie eine gespannte Bogensehne zurück und verfiel in eine Raserei aus Wut und Angst, die weder Sinn noch Kraft fand, sich ihrer selbst zu entledigen; und immer noch schlief sein treuer Diener neben ihm, taub für seine Höllenqualen.
    Im nächsten Bild scheint es um die Dinge besser bestellt zu sein: hier erscheint König Argaven XVII. bei guter Gesundheit und in guter Kleidung, ein hübscher junger Mann, der gerade ein ausgiebiges Frühstück beendet. Er redet mit dem engeren Dutzend der vierzig oder fünfzig Mann, die mit ihm das Mahl teilen oder es ihm servieren (Einzigartigkeit gehört zu den königlichen Hoheitsrechten, doch selten Privatsphäre), und bezieht den Rest in die Größe seines Blickes und seiner Liebenswürdigkeit ein. Er sieht wieder, wie alle sagen, ganz wie er selbst aus. Doch vielleicht ist er nicht ganz derselbe mehr; etwas fehlt, eine gewisse jungenhafte Heiterkeit, die nun durch eine ähnliche, wenn auch weniger überzeugende Eigenschaft ersetzt worden ist, eine Art Unachtsamkeit. Davon abgesehen zeigt er sich geistreich und warm, doch immer wieder überkommt sie ihn, diese Dunkelheit, die ihn absorbiert und unachtsam macht: Angst, Schmerz, Auflösung?
    Mr. Mobile Axt, bevollmächtigter Botschafter in Winter aus Ekumen in der Bekannten Welt, der die letzten sechs Tage auf der Straße verbracht hat, indem er versuchte, einen elektrischen Wagen von Mishnory in Orgoreyn nach Ehrenrang in Karhide schneller als fünfzig Kilometer zu fahren, hat das Frühstück verschlafen und erscheint jetzt in der Empfangshalle, pünktlich, doch hungrig. Der König ist noch nicht da. Der alte Vorsitzende der Ratsversammlung, des Königs Vetter Lord Gerer rem ir Verhen, trifft den Fremden an der Tür zur großen Halle und grüßt ihn mit der vielsilbigen Freundlichkeit von Karhide. Der Botschafter antwortet, so er es vermag, denn er erkennt unter der Beredsamkeit Gerers Wunsch, ihm etwas zu erzählen.
    »Man sagte mir, daß der König wieder vollkommen von seiner Krankheit genesen ist«, sagt er, »und ich hoffe von Herzen, daß es wahr ist.«
    »Nein, es ist nicht wahr«, sagt der alte Mann, und seine Stimme ist jetzt dumpf und tonlos. »Lieber Lord Axt, ich sage Ihnen das, weil ich Ihnen vertraue; nicht einmal zehn Mann in Karhide kennen die Wahrheit. Er ist nicht genesen. Er war nicht krank.«
    Axt nickt. Natürlich, es hat Gerüchte gegeben.
    »Manchmal möchte er allein in die Stadt gehen. Er entflieht seinen Begleitern und Wachen. Vor sechs Wochen kam er eines Nachts nicht zurück. Drohungen und Versprechen trafen noch dieselbe Nacht bei mir und dem zweiten Ratsvorsitzenden ein. Wenn wir sein Verschwinden bekanntgeben würden, würde er ermordet werden; wenn wir zwei Wochen schweigend abwarten würden, käme er zurück. Wir schwiegen, wir belogen seine Gattin, die in Warlever war, gaben falsche Nachrichten heraus. Dreizehn Nächte später fand man ihn am Wasser auf. Man hatte ihn Drogen und Hirnmanipulationen ausgesetzt. Welcher Feind oder welche Fraktion dahintersteht, wissen wir immer noch nicht, wir müssen vollkommen geheim arbeiten, wir dürfen das Vertrauen der Leute in ihn nicht zerstören – es ist schwer: Wir besitzen keinen Schlüssel, und er erinnert sich an nichts, was mit seiner Abwesenheit zusammenhängt. Doch warum sie es taten, ist klar. Sie zerstörten seinen Willen und pflanzten in sein Bewußtsein vor allem eine Sache ein: er glaubt, er müsse abdanken.«
    Der Ton blieb leise und klar; die Augen verrieten Angst. Und der Botschafter, der sich plötzlich umdrehte, sah das Echo, die Entsprechung dieser Angst, in den Augen des jungen Königs.
    »Halten Sie für mich Audienz, Cousin?«
    Argaven lächelte, doch das Lächeln war von einem Messer durchschnitten. Der alte Kanzler entschuldigte sich schwerfällig, verbeugte sich, ging; ein alter

Weitere Kostenlose Bücher