Damon Knights Collection 7
die meisten anderen Männer so angezogen waren, wie sie sonst ins Geschäft gingen. Im Gesicht sah er ihr nicht sehr ähnlich, die Züge waren etwas weniger ausgeprägt, sein Teint dunkler, und als wir uns näherten, erhob er sich. Er stieß fast an die Decke, so ein Riese war er. Er und unsere Mieterin begrüßten sich nicht mit Händeschütteln. Sie schauten Ruths Vater mit einem förmlichen Lächeln an, und Ruths Vater verschwand. Dann schaute der Fremde mich fragend an, aber unsere Mieterin hatte sich bereits mit gertenhafter Anmut auf den nächsten Stuhl sinken lassen. Sie gaben ein hübsches Paar ab. Der Fremde zog eine mit Silber beschlagene Taschenflasche aus der hinteren Hosentasche und goß Wasser aus einem Krug auf dem Tisch in ein sauberes Glas. Dann fügte er Whisky aus der Flasche hinzu, aber unsere Mieterin rührte ihn nicht an. Sie wandte sich seitlich zu mir hin, streckte einen Finger aus und forderte mich amüsiert auf: »Setz dich, Kind«, was ich auch tat. Sie erkundigte sich: »Vetter, wie hast du mich gefunden?«
» Par chance , Cousine«, antwortete der Fremde. »Durch Zufall.« Er schraubte den Verschluß auf die Taschenflasche und verstaute sie bedächtig wieder in der Hosentasche. Dann rührte er mit einem Cocktail-Quirl, wie sie in Bechern auf den Tischen standen, sein Getränk um.
»Ich hatte eine Menge langweiliges Gerede auszustehen«, fuhr er fort, »von dem Mann, mit dem du gesprochen hast. Hier gibt es keinen einzigen Spezialisten, alle Leute sind halb schwachsinnig und dumm.«
»Er ist ein gütiger und ein kluger Mann«, wehrte sie ab. »Er lehrt Mathematik.«
»Dann ist er noch dümmer«, kommentierte der Fremde, »was der schon von Mathematik versteht!« Er kippte seinen Drink und sagte: »Ich finde, wir gehen jetzt heim.«
»Meinst du mich?« Unser Gast kräuselte amüsiert die Lippen. »Ich nicht!«
»Warum nicht du, die du mich kennst?« fragte der Fremde.
»Weil …«, begann unsere Mieterin, drehte sich absichtlich von mir weg dicht zu ihm hin und flüsterte ihm anscheinend kleine Bosheiten ins Ohr. Dabei beobachtete sie die Tänzer unten auf der Tanzfläche, die Männer in ihren dunklen Anzügen, die mittelalterlichen Ehepaare, Ruth und Betty mit ihren Freunden und die Collegestudenten auf Urlaub. Die Kapelle spielte einen Foxtrott. Der Fremde verzog nur ein wenig die Miene, sie verdüsterte sich. Er trank den letzten Schluck, setzte das Glas ab und drehte sich schwungvoll zu mir um.
»Geht sie aus?« fragte er mit Schärfe.
»Nun?«, sagte unsere Mieterin lässig.
»Ja«, antwortete ich. »Ja, sie geht aus. Jeden Tag.«
»Mit dem Wagen oder zu Fuß?« Ich schaute sie fragend an, aber sie gab kein Zeichen. Ihr Daumen und Zeigefinger formten auf dem Tisch einen Kringel.
»Ich weiß nicht«, sagte ich.
»Geht sie zu Fuß spazieren?« erkundigte er sich.
»Nein«, stieß ich unvermittelt hervor, »nein, sie fährt mit dem Wagen. Immer mit dem Wagen.«
»Ihr seid zu allem imstande«, bemerkte er beiläufig. »Eure Sippschaft.«
»Ich?« fragte sie. »Ich bin nicht närrisch. Mit mir kann man vernünftig reden.«
Nach einer kurzen Pause sagte er: »Wir werden reden.«
Sie zuckte die Achseln. »Warum auch nicht?«
»Im Haus des Mädchens«, ordnete er an. »Ich gehe fünfzehn Minuten nach dir weg. Gib mir deine Hand.«
»Warum?« fragte sie. »Du weißt, wo ich wohne. Ich werde mich nicht wie ein Tier im Wald verkriechen.«
»Gib mir deine Hand«, wiederholte er. »Aus alter Anhänglichkeit.« Sie streckte ihm die Hand über dem Tisch hin, er ergriff sie, und sie zuckte zusammen. Dann erhoben sich beide. Sie lächelte betörend, nahm mich bei der Hand und führte mich die Treppe hinab, während uns der Fremde mit offensichtlicher Freude über den Ausdruck nachrief: »Aus alter Anhänglichkeit … Bleib gesund, Cousine, und ein langes Leben!« Die Kapelle intonierte einen Marsch im Dixieland-Stil. Sie blieb bei fünf oder sechs Leuten stehen, darunter auch Ruths Vater, der Mathematik an der Oberschule lehrt, dann bei dem Kapellmeister und Betty, die mit einem Jungen aus unserer Klasse Punsch trank. Betty raunte mir zu: »Deine Maßliebchen stecken nicht mehr richtig. Sie fallen gleich herunter.« Wir gingen zwischen den Reihen geparkter Wagen hindurch und kamen an einen, der ihr zu gefallen schien; sie waren alle offen und einige Besitzer hatten die Schlüssel steckenlassen. Sie setzte sich hinter das Steuer und ließ den Motor an.
»Aber der Wagen gehört
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