Dampfnudelblues
unten auf mich«, sagt er sichtlich genervt.
Ich beweg mich nicht die Bohne.
»Bitte«, fügt er leise hinzu.
Na gut. Ich warte unten.
Unten steh ich eine Zeit lang am Wohnzimmerfenster und betrachte den wunderbaren Garten. Wie ich die Badezimmertür hör, geh ich in die Diele. Das schaut professioneller aus. Ich schau mir die Garderobe an. Ein Sakko. Ein Trenchcoat. Alles wie vom Lagerfeld. Ein Schuhregal, Schuhe teuer, so gut wie neu und alle auf Hochglanz. Hinter dem Vorhang zum Keller lugen ein paar Stiefel hervor. Kampfstiefel vielleicht. Die passen so gar nicht ins Bild. Aber gut. Irgendein Paar braucht man ja wohl fürs Grobe.
Dann tänzelt der Höpfl endlich die Stufen runter und ist komplett bekleidet. Weißes Hemd, beige Hose, Hosenträger, braune Schuhe, gutes Leder. Die Hemdsärmel bis unten geschlossen, alles picobello. Von den Blessuren ist jetzt nichts mehr zu sehen. Trotzdem will ich es wissen.
»Die Flecken an Ihrem Körper, die kommen doch von irgendwoher. Die entstehen doch nicht von selber, oder?«
»Und wenn doch?«, fragt er. Er steht vor dem Garderobenspiegel und kämmt sich die Haare nach hinten. Sie sind ziemlich lang. Geheimratsecken reichen weit.
»Es gibt Hautkrankheiten, von denen haben Sie noch nie was gehört, mein Freund. Danken Sie Gott, dass Sie davon verschont sind.«
Das ist mir jetzt aber peinlich. Hoffentlich ist es nichtansteckend. Ich schieb die Hände in die Hosentaschen. Ganz tief runter.
»Ja«, sag ich ein bisschen verklemmt. »Dann geh ich halt mal wieder. Offensichtlich sind Sie ja wieder da und quietschfidel. Und die Fahndung können wir damit wohl einstellen.«
»So ist es«, sagt er und legt den Kamm beiseite. Sein Blick fällt auf die Stiefel.
»Also, wenn ich Sie dann bitten darf«, drängt er mich zur Tür. Die Stiefel sind ihm unangenehm. Das merk ich sofort. Vermutlich, weil sie nicht in sein Saubermannimage passen. Ich fahr dann mal lieber, hier gibt’s eh nichts mehr zu tun.
Nach dem Abendessen geh ich mit dem Ludwig noch auf ein Bier zum Wolfi. Und kaum sitz ich da am Tresen, erscheint auch schon der Simmerl. Keine drei Schluck später kommt der Flötzinger, Installateur und ein Freund meinerseits. Genauso wie auch simmerlseits. Und so sitzen wir drei völlig harmonisch beieinander und das ist schön, weil’s schon eine Zeit lang her ist, dass es so war. Oder sagen wir, schön ist es eigentlich nur am Anfang. Weil dann der Flötzinger nämlich eine Krise kriegt, das glaubt man nicht. Eine Wirtschaftskrise sozusagen. Er jammert uns her, dass es eine wahre Freude ist und versaut uns gewissermaßen den sorglosen Dämmerschoppen.
»Die Zahlungsmoral ist am Abgrund«, sagt er. »Kaum noch ein Kunde, der gleich bezahlt. Du musst quasi monatelang auf dein Geld warten und dann auch noch Danke sagen, wenn du es tatsächlich mal kriegst. Viele bezahlen gleich gar nicht mehr. Ich bin heutzutags ja schon öfter am Gericht als im Betrieb. Das kann doch wohl nicht sein, oder?«
»Kann schon, muss aber nicht«, sag ich so, weil mir nichts Besseres einfällt.
Er verdreht die Augen, scheinbar war ihm die Antwort nicht so witzig, wie ich’s gerne hätte. Der Simmerl rettet mich: »Ja, mir geht’s da eigentlich schon besser. Die Leute zahlen ja gleich bar, was sie kriegen. Auf Rechnung mach ich so gut wie gar nichts. Und wenn doch, krieg ich einen Ärger mit meinem Weib«, sagt der Simmerl.
»Ja, von meinem Weib mag ich gar nicht erst reden«, sagt der Flötzinger. »Was glaubt’s ihr eigentlich, was mir die Mary für eine Lätschn zieht! Weil wir halt jetzt ein bisschen sparen müssen. Und weil sie nicht mit dem Ignatz-Fynn und der Clara-Jane zu ihren Eltern nach England fahren kann über die Ferien. Ein Affenzirkus, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Kein nettes Wort mehr, von Sex überhaupt nicht zu reden!«
Er kriegt einen mitleidigen Blick von uns beiden. Das gehört sich so.
Dann trinkt er sein Bier auf Ex und bestellt sich ein neues. Sein fünftes.
»Saufen hilft da aber auch nicht«, sagt der Wolfi, indem er dem Flötzinger den Nachschub hinstellt.
»Du hast gut reden, du blöder Wirt. Aber was glaubst du eigentlich, wie das ist, wenn der Gerichtsvollzieher auf der Matte steht?«, schnieft der Gas-Wasser-Heizungs-Pfuscher in sein Bierglas.
»Der Gerichtsvollzieher kommt bei mir ständig«, sagt der Wolfi und wischt mit einem Tuch übern Tresen.
Wir schauen auf. Ziemlich hurtig sogar. Der Wirt lacht.
»Ja, ehrlich. Der geht bei mir
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