Dampfnudelblues
quasi ein und aus.« Aha.
»Aha«, sag ich.
»Ja, mit der Buchführung hab ich’s eben nicht so, wisst’s. Und Rechnungen … Rechnungen liegen bei mir oft wochenlangim Briefkasten. Bis halt einfach nix mehr reingeht. Zugegeben, da bin ich ein bisschen nachlässig. Also kack dir wegen dem Gerichtsvollzieher nicht ins Hemd, Flötzinger. Das ist doch auch nur ein Mensch«, sagt der Wolfi und zuckt mit den Schultern.
»Ein Mensch, der halt Geld will«, sagt der Simmerl.
»Ganz genau!«, schreit der Flötzinger und knallt sein Krügerl auf das frisch gewischte Holz, dass natürlich alles überschwappt. »Und das hab ich eben nicht, Himmelherrgott noch mal!«
Huihuihui!
Von entspannter Atmosphäre kann jetzt keine Rede mehr sein.
Da bin ich dann direkt froh, wie mein Telefon läutet. Eine Bahnleich, auf der Höhe Niederkaltenkirchen. Ich muss da jetzt gleich hin. Und ehrlich gesagt, ist mir im Moment alles lieber wie der völlig neurotische Heizungs-Pfuscher. Sogar eine Bahnleich.
Kapitel 7
Wie ich mit dem Ludwig hinkomm, ist die BPoli schon da. Also die Bahnpolizei. Zwei Kollegen, die ich flüchtig kenn, in ihren blauen Uniformen und mit Taschenlampen. Schneidig. Der Lokführer ist natürlich auch da und raucht nervös eine Zigarette.
»Servus, miteinander. Habt ihr schon irgendwas entdeckt«, frag ich so beim Hingehen.
»Nix«, sagt einer der Kollegen. Er hat riesige Ohren. Da könnte man glatt einen Ohrensessel draus machen.
»Das ist schon der zweite heuer, den ich überroll«, sagt der Lokführer, zieht noch mal hastig an der Kippe und schmeißt sie dann weg. Die Glut zerteilt die Nacht.
Wir fangen an zu suchen und gehen die Strecke ab, aus der der Zug gekommen ist. Mit den Taschenlampen leuchten wir unter die Güterwaggons, und dort schaut es aus wie auf dem Schlachtfeld. Blut und Fetzen eines menschlichen Körpers, selbst Knochensplitter ragen heraus. Viel dürfte da nicht mehr zu finden sein.
»Hier!«, schreit dann der Ohrensessel und wir gehen hin.
»Da, halt einmal!«, sagt er und reicht mir was rüber. Der Taschenlampenschein bestätigt meinen ersten Verdacht. Es sind Haare, nach denen ich gegriffen hab. Und drunter baumelt ein Schädel. Als er sich ausgependelt hat und in meineRichtung schaut, würgt es mich ziemlich her. Es ist der Höpfl, der an mir baumelt. Das ist unheimlich. Und besonders unheimlich ist, dass er genauso ausschaut wie auf dem Max seinem Foto. Auf dem Foto mit den ausgestochenen Augen. Die Augen vom Höpfl sind nämlich offen, jedoch ganz ohne Inhalt. Vollkommen leer. Vermutlich hat’s ihm die Augäpfel rausgequetscht, als der Zug drüber ist. Unheimlich sag ich da nur. Weil’s mir jetzt wirklich graust, lass ich den Schädel fallen. Er kullert den Bahndamm hinunter genau wie ein Fußball.
»Das ist dem Höpfl sein Kopf«, sag ich.
»Dem Höpfl sein Köpfl, also«, sagt der Ohrensessel und findet es wahnsinnig komisch.
Kurz darauf trifft die Bestattung ein und der Zug kann weiterrollen. Dank der hervorragenden Nase vom Ludwig wird relativ viel von den sterblichen Überresten gefunden und in Plastik verpackt. Aber brauchbar ist praktisch nichts mehr. Wirklich. Gut, dass wir den Kopf noch haben, weil uns das die Identifizierung erspart. Die Kollegen blasen zum Aufbruch und auch für mich gibt’s hier jetzt nichts mehr zu tun.
Auf dem Heimweg brauch ich noch einen Schnaps vom Wolfi, weil’s mir jetzt zugegebenermaßen ziemlich schlecht ist. Der Flötzinger sitzt immer noch an seinem Platz und plötzlich kriegt das Wort Wirtschaftskrise eine ganz neue Bedeutung.
Wie ich mich daheim aufs Kanapee setz und meiner Kleidung entledige, fällt mir auf, dass ich den Schlüssel noch in der Jackentasche habe. Also den Schlüssel vom Höpfl. Vermutlich war ich so geistesabwesend wegen seiner plötzlichenAnwesenheit und hab dann vergessen, ihm den Schlüssel zurückzugeben.
Am nächsten Tag in aller Herrgottsfrüh rollt der Leopold in den Hof mitsamt dem Zwerg Nase. Seine Panida macht jetzt nämlich dann einen Deutsch-Intensivkurs an der VHS und er muss ja seine blöde Buchhandlung aufsperren. Drum soll die Sushi derweil wochentags bei uns hier bleiben. Und heut ist sie sozusagen auf Probe da.
Da kann man jetzt direkt von Glück reden, dass es einen neuen Fall für mich gibt und ich nicht sehr viel Zeit daheim verbringen muss. Weil mich kleine Kinder nämlich schon kolossal nerven. Von großen ganz zu schweigen. Wenn ich mir nämlich einmal vorstell, ich
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