Dampfnudelblues
heiße Zeit, meinlieber Schwan. Aber leider vorbei. Ich bin ja dann versetzt worden und der Rudi wurde entlassen. Weil er einen Pädophilen kastriert hat. Auf einer Schubfahrt. Von Stadelheim zum Gericht. Hat diesem Perversen einfach die Eier weggeschossen. Selbstjustiz quasi. Glasklarer Entlassungsgrund. Mein Kollege ist er jetzt also nicht mehr, dafür ist er nun Privatdetektiv. Mein Freund aber ist er geblieben. Und es wird dringend Zeit, dass wir zwei uns mal wieder treffen. Der Rudi freut sich über alle Maßen, wie er mich hört.
»Eberhofer? Eberhofer? Das sagt mir jetzt gar nichts«, sagt er so. Ich kenn dieses Spielchen.
»Kennen wir uns von der Sado-Maso-Party neulich? Oder aus dem Laubsägekurs? Oder, nein warte, vom Gebirgsschützenfest? Nein! Jetzt hab ich’s: Aus dem Nazi-Zeltlager vom letzten Sommer!«
»Ich weiß schon, Birkenberger. Ich hätte mich schon mal früher melden können. Aber du ja auch. Schließlich funktioniert das Telefon ja in beide Richtungen«, sag ich zur Verteidigung.
»Ich habe ungefähr hundertfünfzig Mal angerufen!«, schreit er mir jetzt in den Hörer. »Habe mir die Finger wund gewählt. Aber es war immer nur deine dämliche Verwandtschaft dran. Oder die Mailbox. Den Papst zu erreichen ist einfacher, mein Freund. Oder Ex-Freund, vielmehr!«
Das ist jetzt wieder typisch. Der Birkenberger hat immer so den Hang zur eifersüchtigen Ehefrau.
»Um es kurz zu machen, Rudi, ich bin am Montag in München. Möchtest du mich sehen oder nicht?«, sag ich so.
»Ich weiß nicht recht«, sagt der Rudi und schnieft beleidigt ins Telefon.
»Ja oder nein?«
»Also hör mal! Ich hab fast ein Jahr lang nichts mehr von dir gehört und jetzt soll ich so einfach auf Kommando springen?«
»Also, nein?«
»Also gut. Wann genau kommst du?«
Ich kenn ihn halt so gut wie meine Westentasche, den Rudi. Aber umgekehrt ist es genauso.
Nach diesem Telefongespräch fällt unser Bürgermeister ein, in mein Büro. Er ist völlig außer sich und wischt sich ständig mit dem Taschentuch übers Gesicht. Dann wirft er sich auf den Stuhl nieder, mir vis-à-vis, und hechelt nach Luft. Lichtjahre später fängt er endlich an zu berichten. Einen Veranstaltungsschutz will er haben. Einen Veranstaltungsschutz fürs Vereinsheim Rot-Weiß Niederkaltenkirchen. Genauer für die Fußballspiele. Dass ich nicht lache! Dazu muss man wissen, dass die hiesige Fußballmannschaft in der Kreisliga vor sich hin vegetiert. Und das schon seit Jahrzehnten. Vom Anfang der Leidensgeschichte bis heute. Kein Gedanke an einen Aufstieg. Null.
Aber das soll sich jetzt ändern, sagt der Bürgermeister. Weil jetzt nämlich hätten wir einen Neuzugang. Eine Torgranate, sagt der Bürgermeister. Einen Angolaner. Den hätten sie eingekauft. Für ganz schön viel Geld. Und der soll jetzt den Rot-Weiß aus dem Koma holen. Der Angolaner. Und da bräuchten sie halt jetzt einen Veranstaltungsschutz. Für die Torgranate.
So was hat’s noch nicht einmal für den Lothar Matthäus gegeben. Wie der nämlich vor drei oder vier Jahren hier im Vereinsheim war, zum fünfzigjährigen Gründungsfest, als Ehrengast quasi, hat’s überhaupt keinen Schutz nicht gegeben. Der Lothar ist gekommen, mit einer von seinen Lolitas, und hat ein paar Autogramme geschrieben und einTrikot versteigert. Und aus. Kein Schutz, kein Bulle, kein Garnix. Und jetzt sollen wir wegen einem Angolaner so einen dermaßenen Aufstand machen? Also mir persönlich fehlen da die Worte.
Jetzt weiß ich ja eigentlich so rein gar nichts über Angola. Außer vielleicht von dem alten Spliff-Song, wo es heißt »CocaCola in Angola«. Wobei ich mir jetzt nicht direkt vorstellen kann, dass die da in Angola den ganzen Tag rumhocken und Cola saufen.
»Wann genau brauchen Sie denn den Veranstaltungsschutz?«, frag ich jetzt, weil das von einem gewissen Interesse zeugt.
»Jedes Wochenende, Eberhofer. Jedes Wochenende. Einmal am Samstagnachmittag, einmal am Sonntag in der Früh. Immer im Wechsel«, hechelt der Bürgermeister.
Der Aufstieg ist ihm ins Gesicht geschrieben.
»Jedes Wochenende? Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich mich jedes Wochenende auf den verschissenen Fußballplatz stell und einen Neger bewache!«
Ich lehn mich zurück und verschränke die Arme. Bocke ein bisschen. Der Bürgermeister springt auf, dass gleich der Stuhl nach hinten kippt.
»Beherrschen Sie sich gefälligst, Eberhofer! Sie werden tun, was Ihnen angeordnet wird, nicht wahr. Auch am Wochenende.
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