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Danach

Danach

Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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Person auch noch!
    Es machte mich ganz schwindelig, Tracy nach zehn Jahren wiederzusehen, und ich musste mich an die Wand lehnen, um nicht umzukippen. Die Bilder strömten nur so auf mich ein: Tracys Blick, wenn sie im Keller in ihrer Ecke gekauert und sich von den Schmerzen erholt hatte. Tracys leises Lachen während der endlosen Stunden, in denen jegliche Anregung oder Unterhaltung von uns selbst kommen musste und unsere Gespräche die einzige Verbindung zur Realität waren, das Einzige, was uns davor bewahrte, verrückt zu werden. Und dann das letzte Bild, das mich verfolgte, wann immer ich an Tracy dachte: ihre vor Wut funkelnden Augen, als sie erfuhr, was ich getan hatte.
    Lag diese Wut jetzt auch in ihrem Blick, irgendwo hinter dem glasigen Unverständnis, mit dem sie mich anstarrte? Vermutlich hatte auch sie mit ihren Erinnerungen zu kämpfen, als wir dort zusammen in der glänzenden Lobby standen, an einem strahlenden Maitag, umringt von Millionen Menschen, die nichts von unserem denkwürdigen Moment ahnten. In Gedanken überschlug ich, wie viele andere bedeutsame Begegnungen wohl in diesem Moment in New York stattfanden. Konnte wirklich etwas so wichtig sein wie das hier?
    »Sarah«, wiederholte Tracy schließlich und verengte die Augen zu Schlitzen. Mir war schleierhaft, wo sie ihre Energie hernahm.
    Ich trat näher an sie heran – aber nicht zu nah –, damit Bob uns nicht hörte, und sagte leise: »Caroline. Ich heiße jetzt Caroline.«
    Tracy zuckte nur mit den Schultern, ließ ihr Handy in die Tasche gleiten und fragte, als wären wir ganz normale Bekannte: »Können wir jetzt endlich hochgehen?« Sie wies mit dem Kopf in Richtung Aufzug.
    Bob kam angriffslustig hinter dem Empfangstresen hervor, bereit, in Stellung zu gehen und mich vor dieser Person zu beschützen, die ganz offensichtlich ein kriminelles Element war.
    »Schon gut, Bob. Das ist eine … alte Freundin von mir.« Das Wort »Freundin« kam mir nur stockend über die Lippen, und auch Tracy zuckte zusammen, als sie es hörte. Widerstrebend ging ich zum Aufzug voraus. Ich hatte gehofft, das Treffen würde auf neutralem Boden stattfinden, aber das musste ich mir wohl abschminken. Bob kehrte auf seinen Posten zurück, ihm schien bei der ganzen Sache genauso wenig wohl zu sein wie mir.
    Als wir schweigend im Aufzug standen und dem Klappern des antiken Zugmechanismus lauschten, sagte Tracy so leise, dass ich erst glaubte, sie würde mit sich selbst reden: »Ich habe sie dabei.«
    Ich wusste sofort, was sie meinte, und obwohl ich diejenige war, die die Briefe hatte sehen wollen, bereute ich es plötzlich, diesen Entschluss gefasst zu haben.
    In meiner Wohnung angekommen, spazierte Tracy herum und sah sich alles genau an. Ob ihr mein Reich gefiel oder nicht, konnte ich nicht sagen. Als sie schließlich ihre Tasche auf meinem Wohnzimmertisch abstellte, lag ein leichtes Lächeln auf ihrem Gesicht.
    »Wir überkompensieren wohl ein bisschen«, sagte sie sarkastisch. Dann lenkte sie ein und fügte ohne mich anzusehen hinzu: »Im Ernst, wirklich schön hier, Sarah. Sehr … beruhigend.«
    Im Stehen fasste ich kurz meine Reise nach Oregon und meine Suche nach Sylvia zusammen und unterschlug dabei geflissentlich, dass es meine erste Reise seit Jahren gewesen war und ich mir eigentlich geschworen hatte, nie wieder nach Oregon zurückzukehren.
    Tracy war nicht sonderlich beeindruckt von meinem Bericht. Ihrer Ansicht nach dramatisierte ich Sylvias Verschwinden unnötig. »Wahrscheinlich ist sie einfach nur verreist«, sagte sie, sobald ich meine Erzählung beendet hatte. »Und falls du wirklich glaubst, dass sie verschwunden ist, warum gehst du dann nicht zur Polizei?«
    »Wahrscheinlich weil ich meinen herausragenden detektivischen Instinkten noch nicht so ganz vertraue«, antwortete ich und entlockte Tracy damit ein kleines Lächeln.
    Wir richteten uns in meinem Esszimmer ein, wo jede von uns ihre Briefe chronologisch auf dem Tisch anordnete. Das Datum der Poststempel lag jeweils nur ein paar Tage auseinander. Ich holte uns zwei leere Notizblöcke und zwei nagelneue Kugelschreiber. Wir setzten uns und machten uns an die Arbeit.
    Anfangs irritierte mich die viele schwarze Tinte in meiner blütenweißen Welt, aber dann zwang ich mich zur Konzentration. Ich musste logisch an die Sache herangehen. Nur Denken kann uns retten, wiederholte ich mein Mantra aus Jugendtagen.
    Wir legten eine Tabelle an – für jede von uns eine Spalte – und begannen, seine

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