Dancing Jax - 01 - Auftakt
zu erhaschen. So ist das eben. Es ist die Marke, die sich verkauft, nicht der Müll, der drin steht. Aber das hier, das hier ist anders. Und Sie haben schon eine komplett eigene Marketingkampagne entwickelt!« Der Ismus lächelte. »Dann werde ich also berühmt werden?«
»Darauf können Sie Gift nehmen! Jeder wird ein Stück von Ihnen abhaben wollen. Wenn Sie zur ersten Besprechung zu uns ins Haus kommen, werden alle ausflippen. Sie haben alles, was nötig ist: die Persönlichkeit, den Style, die Fans … Sie nehmen unseren PR-Mädels quasi die Arbeit ab! Bei Ihnen muss man nicht mit billigen Tricks arbeiten, um Aufmerksamkeit zu erregen und in die Zeitungen zu kommen. Sie sind keiner dieser One-Hit-Wonder-Autoren, die noch zur Schule gehen. Ihr Buch ist wirklich etwas Großes!«
»Meinen Sie?«
»Glauben Sie mir, sobald unsere PR-Kampagne in die Gänge kommt, können Sie Ihrem alten Leben Ade sagen. Ein Interview wird das nächste jagen. Ich habe mir erlaubt, schon mal ein bisschen zu planen. Vergessen Sie den brancheninternen Kram wie das Börsenblatt oder den Bookseller. Ich sehe Sie eher auf den Covern von coolen Männermagazinen – Sie haben diesen gewissen verwegenen Charme. Wir gehen ins Radio, ins Fernsehen … Und Oprah wird Ihnen die Tür einrennen, um Sie in ihren Buchclub zu bekommen, wenn wir erst einmal unsere US-Abteilung mit einbeziehen. Versprochen. Ihr Buch wird reißenden Absatz finden!«
»Ich will die Bücher nur an die Öffentlichkeit bringen.«
»Aber klar doch. Nur geht es heutzutage nicht mehr nur um die Bücher, die sind nur der erste Schritt. Unsere Medienabteilung wird sich um die Film- und Spielerechte kümmern – die Hörbuchrechte nicht zu vergessen! Wir können Ihnen jeden Sprecher beschaffen. Auch die ganz Großen, echte Stars! Das Merchandising-Potenzial von diesem Baby ist riesig. Sie werden ein verflucht reicher Mann werden!«
»Ich bin froh, Sie angerufen zu haben. Vielen Dank, dass Sie so kurzfristig hergekommen sind.«
»Nein, nicht doch – ich danke Ihnen!«, meinte der Mann überschwänglich. »Sie haben aus Terry Johnson einen über alle Maßen glücklichen Verkaufsleiter gemacht! Gleich morgen früh fahre ich in unser Hauptbüro nach London und berufe ein Blitzmeeting ein.«
»Und man wird auf Sie hören?«
»Wie bitte? Sie glauben gar nicht, welchen Einfluss wir Marketingleiter heute haben. Die Lektoren sind absolut machtlos, wenn wir nur kurz die Nase rümpfen. Verlegt wird, was wir verkaufen können, und was uns nicht gefällt, wird so lange geändert, bis es passt. Keine Bange, die hören mir ganz sicher zu! Am Ende ziehen wir alle am gleichen Strang, Sie werden sehen.« Er hielt inne, um wieder zu Atem zu kommen, und betrachtete den grünbeigefarbenen Schutzumschlag in seiner Hand.
»Das hier müssen wir natürlich ändern«, stellte er dann fest. »Aufpeppen. Aber unsere Grafikabteilung ist verflucht großartig, die machen das schon.«
»Den Text dürfen Sie auf keinen Fall ändern«, warnte der Ismus. »Das kann ich nicht zulassen.«
»Nein, nein!«, versicherte ihm Terry hastig. »Das würde mir im Traum nicht einfallen. Irgendein hochnäsiger Lektor mag vielleicht auf die Idee kommen, daran herumzupfuschen, aber ich werde ein Machtwort sprechen und dafür sorgen, dass es keiner auch nur anrührt … Nein – ich meinte das Cover.«
»Das können Sie gerne ändern, wenn Sie möchten.«
»Es muss etwas sein, das gleich ins Auge springt. Etwas, das förmlich nach Aufmerksamkeit schreit. Regal- und Stapelplätze sind ein einziger Kriegsschauplatz da draußen. Holografische Folien, metallische Titelschriften, Prägungen, Federn, aufgeklebte Glitzersteinchen, sogar Blinklichter – alles ist recht, wenn man nur bemerkt wird.«
»Das hört sich etwas übertrieben an. Das hat es alles nicht nötig. Es ist ein Buch, kein Weihnachtsbaum.«
»Nein, nein, Sie haben ganz recht … aber … hmm.«
»Gibt es noch etwas, das Sie gerne ändern möchten?«
»Das ist nur so ein Gedanke, aber dieser Titel … ist ein bisschen … lahm. Den Buchhändlern wird das nicht gefallen. Und die Key-Accounter werden sich sicher dagegen sträuben.«
»Trotzdem ist das nun einmal der Name des Buches.«
»Okay, hören Sie. Lassen Sie mich einfach mal laut denken. Was halten Sie davon, wenn wir in das Wort Jacks einfach ein x packen? Dancing Jax – selber Titel, andere Schreibweise. Hat rein gar nichts zu bedeuten, aber es verleiht dem Ganzen einen gewagten, modernen Touch.
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