Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
ausgeprägteren Selbsterhaltungstrieb besitzt als ihr alle zusammen, einen Vorschlag machen dürfte? Eure Leute zu warnen genügt nicht. Sie können nichts gegen die Mächte ausrichten, die euer Dorf heimsuchen werden, und keiner von euch wird es nach Hause schaffen, wenn ihr diese bärtige Bürde mit euch schleppt.«
»Was dann?«, fragte Rufus.
»Ich werde flitzen«, schlug der Fuchs vor, »geschwind und leise, zum Weißen Schloss, und um Hilfe bitten. Bedeckt den runzligen alten Quälgeist mit euren Umhängen und hofft, dass die Ungeheuer, die im Anmarsch sind, ihn nicht bemerken. Flieht zurück in eure Häuser, so schnell ihr könnt. Schaut euch nicht um, haltet nicht an, um fremde Schatten herauszufordern, und denkt nicht einmal daran, über die leeren Felder zu hetzen, um eure Eltern zu verständigen. Nie würdet ihr es lebend bis zu diesem Berg schaffen.«
»Ich traue ihm nicht«, sagte Benwick verunsichert. »Wer im Schloss wird auf den sprechenden Fuchs hören? Er steckt mit Haxxentrot unter einer Decke!«
Der Fuchs blickte ihn verletzt an, doch für Zankereien war keine Zeit. »Warum steht ihr noch hier herum, steif wie die Wäsche an Witwe Tallowax’ Leine?«, fuhr er die Kinder an. »Der Böse Hirte treibt heute Nacht sein Unwesen!«
Das genügte. Die Kinder wurden bleich wie eine Wand und stürmten den Weg zurück, während ihre Rübenlaternen wild in ihren Händen schwankten und formlose Schatten warfen.
Der Fuchs sah zu, wie sie in der Dunkelheit verschwanden, atmete tief ein und streckte seine Beine, um sich für das lange, verzweifelte Rennen nach Mooncaster vorzubereiten.
»Nun denn«, sagte er grimmig. »Der Sohn eines Unterkönigs schuldet mir einen Gefallen und es ist an der Zeit, ihn einzufordern.«
Einmal noch sah man die weiße Spitze seines Schweifs aufblitzen, etwas Erde wurde in die Luft gewirbelt, dann war er fort.
Am Lagerfeuer brachte ein jähes Kreischen die ausgelassene Feier zum Verstummen. Es war eine hässliche Stimme voller Bosheit, die vom Himmel her schallte.
Aiken Flinkfinger setzte seine Geige ab und blickte sich wie alle Dörfler entsetzt um. Woher war der Schrei gekommen?
Die kleine Gunnhild sah es als Erste. Die sechsjährige Tochter des Webers zeigte brüllend auf eine Stelle hoch über den Feldern. »Hexe«, krakeelte sie. »Hexe!«
Mütter rissen ihre Kinder an sich und mutige Männer erbleichten.
Denn dort am Nachthimmel ritt Haxxentrot, das niederträchtige alte Hexenweib, auf ihrer Heugabel durch die Dunkelheit. Hinter ihr hockte ein Koboldjunge. Seine verkümmerten Beinchen baumelten hin und her und sein weißer Glupschkopf brachte ein breites Grinsen hervor, als er die zu Tode verängstigten Dorfbewohner unten auf dem Berg erblickte. Haxxentrot gackerte und krächzte dann einen Befehl. Jub öffnete seinen Sack, woraufhin ein unheimliches grünes Glimmen sein abscheuliches Gesicht erleuchtete. Er wühlte mit den langen Fingern in dem Beutel und fischte eine schimmernde Glasphiole heraus. Haxxentrot lehnte sich zur Seite und die Heugabel hielt direkt auf den Berggipfel zu.
»Wie ist das möglich?«, riefen die Dorfbewohner. »Was ist mit den Schutzlaternen? Warum wirken sie nicht? Lauft!«
»Meine Söhne!« Die Mutter von Rufus und Tully weinte. »Sie sind noch dort draußen!«
In kopfloser Flucht rannten die Dorfbewohner von dem Steinkreis fort und eilten in ihrer Hast, der Hexe aus dem Verbotenen Turm zu entkommen, stolpernd und taumelnd den Hügel hinab.
Haxxentrot zischte durch die Funken, die in die Nacht hinaufstoben. Wie ein lebendiger Schwarm wirbelte die glimmende Asche um sie herum. Dann flog die Hexe einen Bogen und Jub warf das glühende Fläschchen nach unten.
Wie eine kränkliche Sternschnuppe zog es einen Schweif aus grünem Feuer hinter sich her, und als es auf den Boden aufschlug, entstand eine olivgrüne Stichflamme, auf die eine Schwefelwolke folgte. Mehr und mehr dieser Gefäße schleuderte Jub in die Tiefe, bis die Abhänge des Berges von erstickend dichtem gelbem Nebel eingehüllt waren.
Die Dorfbewohner hielten inne. Zu groß war ihre Angst, diese Barrikade aus unnatürlichem Rauch zu passieren. Sie löste sich nicht auf, sondern wurde sogar noch dicker und undurchdringlicher und schien fest am Boden zu kleben. Die Dörfler waren auf dem Hang gefangen.
Da trat Wulfhand, der Steinmetz, vor. Er war der stämmigste Mann in ganz Mooncot, und seit Dora, die Tochter des Schmieds, verschwunden war, außerdem der Stärkste im
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