Danger - Das Gebot der Rache
unterbrochen von einem Klopfen an der Tür und einem Arbeiter, der seinen Kopf hereinstreckte und etwas fragte. Sie konnte sich nicht konzentrieren, was jedoch keineswegs nur an dem Installationsteam lag. Die Nacht mit Bentz erschien ihr inzwischen surreal, ihre Auseinandersetzung heute Morgen nicht mehr als ein weiteres Stück in dem unvollständigen Puzzle, das ihr Leben darstellte.
Als der Strom wieder eingeschaltet war, vergaß sie ihre Abschlussarbeit für eine Weile und loggte sich ins Internet ein, wo sie zwei, drei Stunden damit verbrachte, das Leben und die Todesumstände einiger Heiliger zu recherchieren. Als sie las, wie diese Frauen umgebracht worden waren, war sie überzeugt davon, dass tatsächlich ein Zusammenhang zu den jüngsten Morden bestand.
Aber welcher? Warum diese Märtyrerinnen, und warum war sie in die Sache verwickelt?
Es war schon fast dunkel, als der Großteil des Installationsteams verschwand. Nun war sie mit einem Basis-Sicherheitssystem ausgestattet, das Alarm schlug, sobald eine Tür oder ein Fenster geöffnet wurde. »Heißt das, dass ich nie wieder bei geöffnetem Fenster schlafen kann?«, fragte sie Olsen, einen großen Mann mit einem breiten Gesicht und kurzem, weißblondem Haar.
»Oh, natürlich können Sie den Alarm in verschiedenen Bereichen des Hauses deaktivieren, aber das würde ich nicht empfehlen. Sehen Sie …« Er zeigte ihr das Bedienfeld und erklärte ihr den Bewegungsmelder, die Signale sowie den Zeitraum, der zwischen der Aktivierung der Anlage und dem Auslösen des Alarms lag.
»Also: Wenn ich den Bewegungsmelder einschalte, muss ich den Hund in einen anderen Raum sperren.«
»Es sei denn, Sie wollen, dass das passiert.« Mit einem Knopfdruck schaltete Olsen den Alarm ein, der ohrenbetäubend durchs Haus schrillte. Hairy S. jaulte. Olivia lernte sehr schnell, die Anlage zu deaktivieren.
»Manchmal hasse ich Hightech«, murmelte sie.
»Ich auch.« Olsen grinste und entblößte dabei einen Goldzahn. »Aber dann denke ich daran, dass ich damit mein Brot verdiene, ich darf mich also nicht allzu sehr darüber beschweren.« Nachdem er sie eingewiesen hatte, ließ er sie mit seiner Geschäftskarte, einer dicken Bedienungsanleitung, der Garantiebescheinigung und einer überraschend niedrigen Rechnung allein, die sie, so erklärte er, Detective Bentz zu verdanken hätte. »Wir kennen uns seit ein paar Jahren«, sagte er. »Er hat meiner Tochter geholfen, als sie Mist mit Drogen gebaut hatte. Rufen Sie mich einfach an, wenn noch etwas unklar sein sollte.« Er ging zu seinem Transporter. »Bentz hat mich gebeten, Sie gut auszustatten, und ich habe mein Bestes gegeben.«
»Ich bin sicher, dass ich damit zurechtkomme«, versicherte sie ihm und winkte, bevor sie in ihr alarmgesichertes Haus zurückkehrte. Sie fragte sich, was Grannie Gin wohl dazu sagen würde.
Vermutlich, dass sie nicht alle Tassen im Schrank hatte. Olivia konnte förmlich sehen, wie sich ihre Großmutter im Grab umdrehte und murmelte: »Heiliger Strohsack! Was ist bloß in dich gefahren, so ein Zeug anzuschaffen? Vertrau auf Gott, Livvie, und lern, mit einem Gewehr umzugehen. Mehr Schutz braucht keiner.«
»Das stimmt nicht, Grannie«, flüsterte Olivia, als sie sich an den Küchentisch setzte und die Bedienungsanleitung durchblätterte. »Das stimmt ganz und gar nicht.« Der Hund winselte, und sie kraulte seine Ohren, dann ließ sie die Anleitung, aufgeschlagen auf Seite sieben, liegen und ging ins Wohnzimmer. Aus dem Augenwinkel sah sie noch, wie Hairy auf den Stuhl hüpfte, von dem sie gerade aufgestanden war, sich das Büchlein vom Tisch schnappte und schwanzwedelnd damit in Richtung Waschküche verschwand.
»Nein, wag es nicht«, warnte sie ihn, jagte hinter ihm her und entwand ihm die Bedienungsanleitung, bevor er sie zusammen mit seinen anderen Schätzen unter einer Decke verbuddeln konnte. »Es ist gut möglich, dass ich die noch brauche.« Sie verstaute das Handbuch im Küchenschrank und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
Da fühlte sie es – die Atmosphäre im Haus veränderte sich.
Wie ein kalter, scharfer Wind.
»Nein«, sagte sie. Ihr Herz begann zu pochen. Er konnte doch nicht schon wieder aktiv sein! Die Angst stach ihr wie eine eisige Nadel ins Gehirn. Sie ging zu dem Spiegel über dem Bücherregal und schaute hinein. Fast erwartete sie, wieder in das maskierte Gesicht des Priesters zu blicken, in seine grausamen blauen Augen, doch es starrte ihr nur ihr eigenes Spiegelbild
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