Daniel Taylor zwischen zwei Welten
zu küssen, wollte er erst alles zwischen ihnen klarstellen. »Das ist noch nicht alles«, sagte er mit rauer Stimme. Wie viel konnte sie ertragen? »Ich weiß nur nicht, ob du mehr hören willst.«
»Erzähl mir alles, James. Ich möchte nicht, dass noch etwas zwischen uns steht.«
Erleichtert atmete er auf. Sie dachte genau wie er.
»Du wirst mich hassen.«
Zärtlich streichelte sie seine Wange. »Ich könnte dich niemals hassen. Du hast mir das größte Geschenk gemacht: ein Kind.«
»Ich…« Er holte tief Luft und nahm all seinen Mut zusammen. »Es tut mir so unendlich leid, dass ich eure Ehe zerstört habe.«
Annes Stirn legte sich in Falten. »Wovon sprichst du?«
»Peter hat alles gewusst.« Jetzt war es endlich draußen. James war, als würde eine tonnenschwere Last von seinen Schultern fallen. Er musste Anne nicht mehr belügen. Nie wieder.
Anne versteifte sich. »Peter hat das mit Daniel gewusst? Dass er ein Dämon ist?«
James nickte. Hoffentlich würde sie ihn jetzt nicht aus dem Haus werfen! »Peter musste einen Eid schwören. Er und Dr. Graham sind als Einzige eingeweiht, ansonsten hätte das alles nie funktioniert: Daniels angebliche Krankheit, die Adoption … Unsere Organisation besitzt viel Macht, Geld und Einfluss. Wir müssen uns schützen. Peter hat seinen Job gut gemacht, aber das Geheimnis hat ihn sehr belastet. Dr. Graham, der ein Wächter ist, hielt es für besser, ihn einzuweihen, falls Daniel einen Rückfall bekam und wieder mein Blut brauchte.« James wusste nicht, ob er Anne erzählen sollte, was Peter ihm anvertraut hatte – dass Anne und er nie richtig zusammengepasst hatten. Jetzt, wo Anne die Wahrheit wusste, sollte sie sich mit Peter vielleicht einmal aussprechen.
Tränen schimmerten in ihren Augen. Anne sah unendlich verletzt aus, sagte jedoch nichts.
James lockerte den Griff und schloss kurz die Lider. »Ich könnte dir tausend Gründe nennen, warum ich dir nichts sagen durfte, aber ich weiß, dass dir das im Moment nicht hilft.« Er seufzte leise und ließ sie los. »Ich gehe, wenn du willst. Aber ich werde Daniel aus der Hölle holen, damit lasse ich dich nicht allein. Ich werde alles tun und wenn es mich mein Leben kostet. Ich wollte nur, dass du vorher die Wahrheit kennst.«
Annes Finger krallten sich in den Kragen seines Hemdes. Ihre Hände zitterten, ebenso ihre Stimme. »Wir werden Daniel nicht aufgeben. Er ist unser Kind.«
Als sie »unser« sagte, erhitzte sich etwas tief in James’ Inneren.
»Wir werden das gemeinsam durchziehen, und danach sprechen wir über uns.«
»Okay«, erwiderte James. Er war erleichtert über Annes Reaktion, noch erleichterter war er allerdings, als sie sich an ihn schmiegte und ihn küsste. »Bitte halt mich fest«, sagte sie leise. »Halt mich einfach nur fest.«
James tat ihr den Gefallen. Nie mehr wollte er sie loslassen.
Als sie sich im Restaurant gegenübersaßen, zwei Teller mit dampfenden Burgern vor der Nase, fragte Mike: »Wen besuchst du hier in Little Peak?«
»Ähm, eine Bekannte«, sagte Marla schnell und lenkte die Aufmerksamkeit auf das Essen. »Riecht köstlich!« Das tat es wirklich. Eigentlich hungerte es Dämonen ja eher nach Seelen, aus denen sie ihre Energie bezogen, aber bei Marla war das anders; sie musste essen. Ihr hatte der Rat von Beginn an verboten, sich an Seelen zu nähren. Das würde sie stärker machen, und das wollten die Oberen nicht. Es war ihre Strafe – Obron bestrafte sie … für die Vergehen ihrer Mutter.
Das war nicht fair!
Deshalb wuchs ihr Hass auf James Carpenter ständig. Ihn allein machte sie für ihre Misere verantwortlich. Wenn er erst einmal erledigt war, wäre sie frei und dürfte endlich wie eine echte Dämonin leben. Sie würde so lange auf Seelenjagd gehen, bis sie auch den letzten Menschen verdorben hatte, damit sich nie wieder ein Sterblicher in ihre Welt einmischte.
Das bisschen Energie, das sie zum Existieren brauchte, bekam sie heimlich vom Orakel. Metistakles saugte Marla ja immer regelrecht leer, wenn er sich mit ihr »vergnügte«. Oder sie holte sich hier auf der Oberwelt etwas zu essen – was nur möglichst niemand mitbekommen sollte. Dämonische Magie oder die Erschaffung eines Portals verbrauchte viel Energie, deshalb war Marla richtig hungrig.
Sie schauderte. Sie wollte Metistakles jetzt nicht in ihren Kopf lassen. Das könnte ihn nur auf sie aufmerksam machen und somit auch auf Mike. Zum Glück schenkte ihr Metistakles außerhalb seiner Interessen
Weitere Kostenlose Bücher