Daniel Taylor zwischen zwei Welten
Translokation erfordert schrecklich viel Energie.«
James sah tatsächlich erschöpft aus. Unter seinen Augen hingen dunklere Ringe als zuvor.
Vanessa eilte in die Küche, um ihm einen Toast mit Käse und Schinken zu machen, hörte jedoch mit einem Ohr zu, was James zu Anne sagte: »Was meinst du, wie gerne ich dir, als wir Kinder waren, die Wahrheit gesagt hätte. Aber ich durfte nicht. Ich hatte einen Eid geschworen.«
Vanessa lugte kurz ins Wohnzimmer. Ein Lächeln huschte über Annes Lippen. »Du warst für mich immer der unerreichbare Märchenprinz.«
James lächelte ebenfalls. »Nicht das verwöhnte Millionärssöhnchen?«
»Das auch.« Annes Wangen röteten sich, als sie zu James aufblickte.
Vanessa hätte die beiden jetzt am liebsten allein gelassen. Es war offensichtlich, dass sie sich zueinander hingezogen fühlten. Dennoch beeilte sie sich mit dem Toast, da sie kein Detail der Geschichte verpassen wollte, legte das Brot auf einen Teller, schnappte sich eine Dose Bier und eilte damit zurück ins Zimmer.
Dankend nahm James alles entgegen und verschlang den Toast mit wenigen Bissen.
Anne seufzte. »Ich habe noch nie gesehen, dass Daniel zaubern kann.«
»Seine Kräfte haben sich jetzt erst entwickelt«, sagte James, der den leeren Teller auf den Tisch stellte und das Bier öffnete. »Deswegen bin ich mit dir über Handy in Kontakt geblieben. Ich musste wissen, wenn etwas ungewöhnlich an ihm war.«
»Er war so still in letzter Zeit«, wisperte Anne und schloss die Augen. »Ich dachte, es wäre wegen Peter und mir.«
»Er wollte dich nicht belasten«, warf Vanessa ein. »Nach allem, was du durchgemacht hast.«
Anne räusperte sich und wandte sich wieder an James. »Wovon hast du die letzten Jahre gelebt, was hast du gearbeitet?« Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus. »Und wo hast du gesteckt? Ich habe versucht, deine Adresse herauszubekommen, aber du warst nirgendwo gemeldet. Deine Eltern konnten mir auch nicht sagen, wo du steckst. Wenn es einen Notfall gab, wenn Danny krank war, warst du sofort da. Hast du heimlich bei deinen Eltern gele… Nein, du hast dich gebeamt, nicht wahr?«
James nickte. »Ja, dann habe ich mich hierher transloziert, auch um heimlich meine Eltern zu besuchen. Sie mussten schwören, dir meine Aufenthaltsorte nicht zu verraten. Die meisten kannten meine Eltern selbst nicht. Ich war immer auf der Flucht, vor den Dämonen und sogar vor der Gilde.«
»Wieso vor der Gilde?«, fragte Vanessa nach.
»Ich traue niemandem.« James senkte den Blick. Er leerte das Bier und erzählte weiter. »Ich habe mal hier, mal dort gelebt. Europa, Australien, sogar in Afrika. Mein Geld verdiene ich mit Übersetzungen. Ich habe während meiner Wächterausbildung viele alte Sprachen gelernt. Das kommt mir zugute. Ich biete vor allem Museen meine Dienste unter einem Decknamen über das Internet an und verdiene ganz gut damit.«
»Was hast du gemacht, als du in Kairo warst?«, fragte Anne. »Oder warst du nicht da?«
»Doch.« James nickte. »Ich war Student im letzten Jahr. Ich habe in einer kleinen Gruppe gemeinsam mit unserem Professor in einer Pyramide gearbeitet. Wir haben magische Artefakte gesucht. Besonders nach einem…« Er zögerte kurz, als wollte er ihnen nicht alles erzählen. »Wir hielten nach einem Zepter Ausschau.«
Anne kuschelte sich enger an ihn. »Warum?«
»Es soll ein sehr mächtiges Artefakt sein, mit dem man die Welt beherrschen kann.« Er seufzte. »Ich habe es gefunden.«
Vanessa versteifte sich. Auch Anne setzte sich wieder gerade hin und blickte James an. »Und dann?«
»Ich war jung und dumm, wie man so schön sagt, und hab es heimlich aktiviert. So erfuhren die Dämonen, dass das Zepter aufgetaucht war. Eine Dämonin ist gekommen, eine wunderschöne junge Frau mit einem Baby auf dem Arm. Sie warnte mich. Wir sind gemeinsam geflohen und haben das Zepter versteckt. Das war vor neunzehn Jahren. Die Wächtergilde hat mich verstoßen, aber das war mir zu der Zeit egal. Ich war damals so verliebt in Kitana, dass ich kaum noch etwas anderes um mich herum wahrnahm.«
Vanessa bemerkte, wie sich Anne versteifte. »Kitana. Daniels Mutter?«
James nickte. Sanft streichelte er Annes Arm. »Ich könnte dir so viel erzählen; es würde Stunden dauern, bis du alles weißt. Zum Beispiel gibt es eine Prophezeiung eines dämonischen Orakels. Kitana sagte, dass das Zepter eines Tages ihr Kind retten wird, deshalb hat sie es nicht zerstört. Und ich auch nicht.«
Anne
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