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... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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schwierig genug für sie gewesen, als sie noch glaubte, Clausing und sie würden sich wenigstens auf annähernd gleicher Ebene bewegen , weil sie beide Absolventen der Ingenieurhochschule für Seefahrt waren, Diplomingenieure und Schiffsoffiziere? Jetzt wurde Suse mit erschreckender Klarheit bewusst, dass Welten zwischen ihrer gesellschaftlichen Stellung lagen. Sie seufzte unhörbar und zwang sich, dem Strom ihrer Gedanken Einhalt zu gebieten, ehe sich Minderwertigkeitskomplexe in ihr einnisten konnten.
    Langsam drehte sie sich einmal im Kreis. Der Parkettboden glänzte im Sonnenlicht und duftete nach frischem Bienenwachs. Ein halbes Dutzend Bodenvasen voll Blumen standen in den Zimmerecken verteilt und waren eindeutiger Beweis dafür, dass hier eine Frau das Sagen hatte. Auf der linken und rechten Seite der Halle öffneten sich geräumige Zimmer, wie Suse durch die Türen erkennen konnte.
    Oh, sie liebte offen stehende Türen und Fenster ohne Vorhänge! Genau wie weiß gestrichene Zäune verhießen sie Gastfreundschaft und Herzlichkeit. Wenngleich es ihr nicht unbedingt behagte, ließ sich nicht leugnen, dass sich ihre Laune um etliche Prozentpunkte hob.
    Der Hausherr beobachtete unterdessen heimlich, wie sein Gast nach Atem rang. Mit kullerrunden Augen schaute sie sich ehrfürchtig in der riesigen Eingangshalle um und ähnelte dabei einem Kind, das vor der geschmückten Tanne auf dem Weihnachtsmarkt stand. Der Mund wurde ihm trocken und sicherheitshalber trat er einige Schritte zur Seite, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben.
    „D as ist der Salon. Gegenüber befindet sich das Speisezimmer, welches wir nutzen, wenn Gäste eingeladen sind“, erklärte Matthias, der ihren Blick verfolgt hatte, und deutete mit dem Kinn auf eine weitere Tür. „Und dort findest du das Frühstückszimmer, in dem wir unsere Mahlzeiten einnehmen werden. Wenn du nichts dagegen hast, gemeinsam mit den Ó Briains und den Mädchen. So halten wir es seit einigen Jahren. Ist ein Aufwasch für das Personal. Und außerdem unterhaltsamer für mich.“
    Suse hob eine Augenbraue, verkniff sich jedoch ihre vermutlich törichte Frage nach möglichen Räumen für das Mittag- und Abendessen. Wie unbedeutend und klein kam sie sich vor, einfach dumm , nachdem sie unvorbereitet in eine ihr völlig fremde Welt geschubst worden war. Bisher hatte sie sich nie Gedanken darüber gemacht, wie sie mit Matthias Clausing umging. Er war promovierter Kapitän, na und? Immerhin konnte sie ebenfalls voller Stolz ein paar Streifen auf ihren Schulterstücken vorweisen. Aber da sie nicht mehr unter seinem Kommando fuhr, war er in ihren Augen ein Mensch wie jeder andere, selbst wenn er immer noch eine untergeordnete Rolle in ihrem privaten Leben als der Vermieter ihrer Wohnung spielte.
    Nun allerdings hatte er sich in den adligen Grundherren verwandelt – Sie konnte es sich gar nicht oft genug in Erinnerung rufen: Er war ein Graf! – und bewegte sich mit lässiger Souveränität auf ihr unbekanntem Terrain.
    Sie ließ ihren Blick durch die Halle schweifen. Alles schien so perfekt. Klinisch rein und sorgfältig aufgeräumt. Vermutlich würde sie selbst mit einer Lupe bewaffnet nirgends ein Staubkörnchen finden können.
    Aus dem Foyer führte eine sanft geschwungene, breite Freitreppe aus dunklem Holz in das nächste Stockwerk, wo sie sich in eine Galerie aufteilte. Riesenhafte Wandteppiche, alte Landkarten in vergoldeten Rahmen und düstere Gemälde mit Schlachtszenen zierten die Wände. Passend dazu standen altes Kriegsgerät und Antiquitäten auf Marmorsockeln. Fehlte bloß noch ein Ritter in rostiger Rüstung, der ihr zur Begrüßung einen Zinnpokal mit Wein reichte.
    „Boah, das ist … wie im Museum . Überwältigend. Einschüchternd. Und dermaßen alt und überhaupt … Macht dir das nicht manchmal Angst?“
    „Angst?“
    „Diese finsteren Bilder. All dieses muffige, verstaubte und blutrünstige Gerümpel.“ Mit einer weit ausholenden Armbewegung erfasste sie die mit Wappenschildern und Waffen geschmückten Wände.
    „Verstaubt? “, echote Matthias feixend. „Lass das bloß nicht Máire hören! Sie bringt es sonst fertig und drückt mir einen Staubwedel in die Hand, wenn ich mich mit ihrer Arbeit nicht zufrieden zeige.“
    „Sogar diese penible Sauberkeit macht mir Angst.“
    Da er von Suses Abneigung gegen Hausarbeit wusste, verkniff er sich einen Kommentar zu diesem Reizthema. Stattdessen bemerkte er: „Da ich das auf keinen Fall zulassen

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