... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
Zimmerbar, vielleicht sogar einen Fernseher. Was immer es war, sie würde sich darüber hermachen, sobald sie die Tea-Time mit Matthias hinter sich gebracht hatte.
Dann trat sie hinaus auf den Balkon. Vor Rührung kamen ihr beinahe die Tränen, als sie das idyllische Bild in sich aufnahm. Oh Gott, kein Mensch auf dieser Welt sollte gezwungen sein , alleine hier zu stehen! Es war einfach nicht fair, dass sie niemanden hatte, mit dem sie diesen faszinierenden Anblick teilen konnte!
Knorrig-a lte Trauerweiden mit weit ausladenden Armen verneigten sich vor mehreren kleinen Seen, auf denen sich die Sonnenstrahlen spiegelten. Ob das die Fischteiche waren, von denen Ean gesprochen hatte? In der Ferne erkannte sie die Silhouette einer Bergkette, deren Gipfel sich mit dunklen Wolken zugedeckt hatten. Wohin sie schaute, alles war schön. Sauber und liebevoll hergerichtet. Schlicht und ergreifend fulminant. Etwas anderes als Perfektion schien auf Sean Garraí nicht erlaubt zu sein. Typisch Clausing!
Hastig drehte sie sich um und zog schniefend die Nase hoch. Obwohl inzwischen wieder mehr Wolken als Sonne zu sehen waren, ließ sie beide Flügel der Balkontür weit geöffnet, als sie sich dem nächsten Raum zuwandte. Ein riesenhaftes Bett, zweifellos nach den Maßen eines Hünen wie Matthias Clausing angefertigt, dominierte das Zimmer. Sie würde sich darin hilflos verirren.
Und überhaupt fand sie es nicht gerecht, dass sie hier alles an diesen Menschen erinnerte! Probeweise ließ sie sich auf der Bettkante nieder und spürte das sanfte Nachgeben der Wassermatratze. Natürlich! Was hatte sie anderes erwartet, als ausschließlich das Beste für den Herrn Grafen?
Plötzlich auf eine unerklärliche Weise verstimmt , stapfte sie nach nebenan, wo sie das Badezimmer vermutete, und fand sich in einer Kammer wieder, in der ein überdimensionaler Wandspiegel von der Decke bis zum Boden reichte. Auf einem Schminktisch standen unzählige Töpfchen, Dosen und Flakons – wahrscheinlich sämtlich Dinge, die Clausings Weibchen mit dem Hintergedanken hier vergessen hatten, sie bei einem späteren Besuch abholen zu müssen, spekulierte Suse voller Grimm. Erst beim näheren Betrachten fiel ihr auf, dass es Kosmetik genau der Marke war, die sie verwendete.
Welch ein Zufall aber auch! Sie hätte wissen müssen, wie wenig sich ein Matthias Emanuel auf die Unberechenbarkeit des Zufalls verließ, hatte er doch Vollkommenheit kultiviert.
Sie wagte einen Blick in den begehbaren Kleiderschrank, der verdammte Ähnlichkeit mit einer Lagerhalle hatte, jedoch völlig leer war, und atmete erleichtert aus. Sie hätte es nicht ertragen, wenn er sich ebenfalls um neue Kleider für sie gekümmert und damit seine Kritik an ihrem nachlässigen Outfit zum Ausdruck gebracht hätte.
Erst in dieser Sekunde bemerkte sie, dass ihre Taschen bereits nach oben gebracht worden waren. Dabei hatte sie die Männer weder kommen noch gehen gehört. Probehalber drückte sie eine Türklinke nach unten, um herauszufinden, welche der Türen des Ankleidezimmers auf den Gang hinaus führte. Die erste brachte sie in das Badezimmer, welches sie in der Tat dringend nötig hatte, wie ihr ein flüchtiger Blick in den Spiegel bestätigte. Also legte sie ihre staubigen Kleidungsstücke ab, die sie, ganz ihrer Gewohnheit entsprechend, in allen Räumen verteilte, ehe sie unter die Dusche trat.
5. Kapitel
Obwohl es ihr widerstrebte, bei ihrem Gastgeber einen absolut falschen Eindruck von Pflichtgefühl und Gewissenhaftigkeit von sich zu erwecken, war sie auf die Minute pünktlich, als sie hinaus auf die Galerie trat. Vergeblich strich sie über die Knitter in ihrem lindgrünen Leinenkleid, welches ihr bis zu den Knöcheln reichte und ihre grazile Gestalt betonte. Selbst der Stoff des Kleides schien Matthias Clausing diese verfluchte Reise übel zu nehmen und nichts als Falten hervorzurufen.
Es überraschte sie nicht wirklich, den Hausherrn am Treppenabsatz stehen zu sehen. Er hatte ihr den Rücken gekehrt und wartete offensichtlich auf etwas. Auf sie? Weitsichtig, wie er war, rechnete er wahrscheinlich damit, dass sie ohne seine Hilfe den Salon niemals fand. Wie Recht er doch hatte! Sie musterte ihn mit kritischem Blick. Wieso erschien er im Anzug und nicht in legerer Kleidung, wie sie jeder normale Mensch zu Hause bevorzugen würde?
Beinahe hätte sie laut losge grölt. Seine Lordschaft Matthias Emanuel Clausing, der Graf von Sean Garraí – ein normaler Mensch? Was für eine
Weitere Kostenlose Bücher