... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
wachsen. Sie würden morden, um meinen Platz einnehmen zu können.“
„Quatschkopf!“
Ruadhrai Ó hEaghra klatschte in die Hände und begrüßte mit seinem donnernden Bass auf Englisch alle möglichen Leute, die im Dorf etwas galten oder zu sagen hatten, was hieß nicht weniger als alle. Nach einigen Sprüchen, deren Sinn Suse nicht erfasste, über die sich die Massen jedoch halbtot lachten, setzte die Musik ein.
Dann hörte sie den Caller rufen: „ I dtreo an chloig !“
Oh nein! Auf d en ersten Schreck, der Suse fast zu Boden sinken ließ, folgte ein unaufhaltsames Kichern, das sich allmählich zu einem herzhaften Lacher entwickelte.
„Du rothaariger Teufel hast mich reingelegt!”, zischte sie. „ Ní thuigim! Ní thuigim fhocal naidh !“
„ Timpeall an tí !“
„Einmal im Kreis herum und dann zurück“, beeilte sich Ean zu übersetzen.
„Das gibt Rache!“
„ Isteach is amach !“
„In den Kreis und wieder raus.“
„ Siúl tríd !“
Ean spürte Susannes fragenden Blick auf sich gerichtet und brach in helle Panik aus. Wie sollte er das auf die Schnelle erklären? Hilfe suchend irrten seine grünen Augen umher , während feine Schweißperlen auf seine Oberlippe traten.
Doch w ie durch ein Wunder folgte die junge Frau jetzt nicht mehr seinen stümperhaft übersetzten Anweisungen, sondern einem offenbar angeborenen Instinkt. Mit anmutigen Schritten ging sie unter den hoch gehaltenen Armen von Áine und Fearghais hindurch, die ihnen gegenüberstanden, während Ean nebenher lief.
Als sie sich bei dem Kommando „ Ar ais abhaile !“ wieder trafen, lachte sie den schweißgebadeten Ean übermütig an und drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
„Du bist mir vielleicht ein Held!“, neckte sie ihn und zupfte eine rote Locke aus seiner Stirn.
Außer Atem, mit glühenden Wangen und leuchtenden Augen vernahm sie heisere Rufe der Begeisterung aus den Reihen der klatschenden Zuschauer und ließ sich von dem Rotschopf in die Arme ziehen, der sie voller Übermut herumwirbelte.
Wen sollte es angesichts der Aufregungen an diesem Tag verwundern, dass die junge Frau das blau blitzende Augenpaar nicht bemerkte, welches aus einer dunklen Ecke der Festwiese argwöhnisch jeden ihrer Schritte verfolgte?
Vor einer geraumen Weile schon hatte sich der Lord von Sean Garraí unauffällig von dem ganzen Trubel zurückgezogen. Wie von Anfang an erwartet, fühlte er sich inmitten der ausgelassen feiernden Jugend fehl am Platze. Er hatte noch nie viel von dem fragwürdigen Vergnügen gehalten, das sich Beltane nannte, ein Fruchtbarkeitsritus, welches seit Urzeiten und alle Jahre wieder in demselben Desaster endete: blutige Nasen, lächerliche Eifersuchtsszenen verheirateter und vermeintlicher Pärchen, schwere Köpfe und neun Monate später, pünktlich zu Imbolc , ein wahrer Baby-Boom. Gleichwohl konnte er nicht abstreiten, den Fortpflanzungstrieb sogar in sich zu spüren. Die Wärme einer frühen Mainacht, das Summen der Insekten, die Geräusche der nachtaktiven Tiere des Waldes auf der Suche nach einem Partner, die bereits trächtigen Weibchen und die sprießenden Pflanzen mussten selbst in dem unerschütterlichsten aller Männer den Wunsch erregen, Ebenbilder von sich zu erschaffen.
Jetzt lehnte ebendieser mit einem Becher Honigwein in der Hand an einem Pfosten des offenen Zeltes, in dem Getränke ausgeschenkt wurden, und seine Haltung verriet seine Anspannung. Die vertrauliche Szene zwischen Suse und Ean hatte ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt. Und dabei war es unwichtig, dass die beiden nicht allein waren. Dass Dutzende Augenpaare auf sie gerichtet waren.
Ihm genügte, dass sie ihn einfach ignorierten! Suse amüsierte sich natürlich prächtig ohne ihn. Ungezwungen, ausgelassen und quietschvergnügt wie ein sorgloses Mädchen flatterte sie zwischen den Männern umher. Wieso bloß war er nicht in der Lage, diese überschäumende Lebendigkeit in ihr hervorzurufen? Im Gegenteil, in seiner Nähe war sie wachsam und stets bereit zurückzuschlagen.
Ein Muskelstrang zuckte in seiner Wange, so fest biss er die Zähne aufeinander. Was er empfand, war en weder Besorgnis um Susanne noch Verantwortung für ihr Wohl und Wehe. Eifersucht! Schlicht und ergreifend infantile Missgunst. Der blanke Neid fraß an ihm, weil ihr koketter Blick Ean galt und nicht ihm. Warum hatte er auch wider besseres Wissen ihrem Drängen nachgegeben?
Ach, komm schon, stell dich nicht dermaßen blöd! stichelte
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