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... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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selten erlauben konnte, Kind zu sein.
    Armer, reicher Grafensohn!

16. Kapitel
     
    Als sie eine Stunde später die Waldwiese hinter dem Dorf erreichten, war das Fest bereits in vollem Gange. Die Luft summte vor Geschäftigkeit. Rings um die Wiese waren unzählige Holzbuden und lange Tische aufgebaut, an denen Süßigkeiten, Getränke und billiger Trödelkram zum Verkauf angeboten wurden. In schier endlosen Schlangen standen die Menschen dort an, wo sich eifrige Geschäftsleute um das leibliche Wohl sorgten. Der Mann am Zapfhahn zeigte sich indessen unbeeindruckt vom Murren, Drängen und vereinzelt ausgestoßenen Drohungen besonders Durstiger. Ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, widmete der Wirt vom O’Donoghue’s seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit dem Guinness, um dem schwarzen Gebräu eine exakt abgemessene Schaumkrone von achtzehn Millimetern Höhe und akkurat cremiger Beschaffenheit aufzusetzen.
    Suse musste an Eans Kommentar denken, wonach die traditionelle Warteschleife vor dem Tresen die Lebensweisheit der Iren widerspiegelte: Slow and easy , bloß keine Quickies ! Dann hatte er ihr ganz tief in die Augen geblickt und die Brauen vieldeutig in die Höhe gezogen. Und als sie gemeinsam in schallendes Gelächter ausgebrochen waren, hatte sie gewusst, dass sie kaum einen besseren Freund als ihn hätte finden können.
    Bei dem köstlichen Duft von Eintopf, gebratenem Lamm und Spanferkel, knusprigem Brot und allerlei Süßkram lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, heute vor lauter Aufregung angesichts des großen Ereignisses ihr Mittagessen kaum angerührt zu haben. Einen Moment lang schwankte sie zwischen dem Verlangen, sofort ihren Hunger zu stillen und dem, ihrem liebsten Hobby zu frönen – der Jagd auf Dinge, die sie nicht benötigte. Die Entscheidung wurde ihr abgenommen, als das Stimmengewirr und Gelächter urplötzlich an Stärke nachließen, weil Musik einsetzte.
    Suses Augen weiteten sich vor Begeisterung. „Oh, ich liebe Irish Folk “, stieß sie atemlos hervor. Mit den Ellenbogen voran kämpfte sie sich an den Leuten vorbei, die ihr im Wege standen, wobei ihr das zufriedene Schmunzeln des Grafen entging, der sich dicht hinter ihr hielt, um sie auch ja keine Sekunde aus den Augen zu verlieren.
    Wart ’s ab, m eine Süße, dich kriege ich noch dorthin, wo ich dich haben will. Von wegen, du hasst alles, was mit Irland zu tun hat! Abgesehen von meiner Person habe ich bis heute nicht herausgefunden, was du damit gemeint haben könntest.
    Als hätte sie seine Gedanken gehört, wandte sich Suse zu ihm um , ergriff voll Ungeduld seine Hand und zerrte den Hünen hinter sich her zu dem Podest, das vor einer Bühne aufgebaut war. Die Musiker stimmten gerade ihre Instrumente, begrüßten lauthals irgendwelche Bekannte am anderen Ende der Festwiese, feuchteten ihre Lippen mit einem Pint an und schlugen sich gegenseitig lachend auf die Schultern, wenn einer von ihnen einen Witz zum Besten gab. Und Susanne saugte dieses turbulente Bild ausgelassener Lebensfreude in sich auf, als hätte sie Halbgötter vor sich, die mit ihrer Musik das Menschenvolk verzauberte.
    Aufgeregt zupfte sie Clausing am Ärmel und flüsterte ihm zu: „Sieh mal, da hinten! Da, da, da! Eine echte Harfe!“
    „Ja, ich weiß. Ich habe die Jungs bereits einige Male bei einer seisiún gehört. Sie sind wirklich hervorragend, haben schon mehrere Preise abgesahnt.“
    „Dieses Tamburin – Oder ist es eine Trommel? – habe ich schon gesehen. Wie heißt das gleich noch mal?“
    „ Bódhran .“
    „ Ah. Und der Dudelsack?“
    „ Píb mhála .“
    S use nickte mit ernsthafter Miene und Matthias beobachtete schmunzelnd, wie sie die irischen Bezeichnungen der Instrumente mehrmals vor sich hin murmelte.
    Unbemerkt hatte sich Ean von hinten an Susanne herangeschlichen. Sie stieß beinahe einen Schrei aus, als er ihr mit schmeichelnder Stimme ins Ohr flüsterte: „ Nach bhfuil an oíche go deas? “
    Sie wirbelte herum und fühlte gleichzeitig zwei sehnige Arme, die sich um ihre Taille legten.
    „ An ndéanfaidh tú an damhsa seo liom, a stór ?“
    „Ean! Oh, mein Gott, kannst du nicht wie ein normaler Mensch ‚Guten Tag’ sagen?“
    Sie schlug empört mit der Faust auf seine Brust. Aber anstatt sie freizugeben, zog er sie noch näher an sich. Seine glühenden Ohren und blitzenden Augen waren beredter Beweis dafür, dass er sich schon geraume Zeit auf der Festwiese aufhielt und vermutlich kräftig dem

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