... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
seiner Stimme hörte. Sie verfluchte sich dafür, die Kontrolle über ihre Worte verloren zu haben. Es war gemein und ungerecht, Adrian zu benutzen, um Matt’n zu verletzen. Das hatte keiner von beiden verdient. Außerdem war es unter ihrem Niveau.
„Tut mir l eid, Clausing.“
Einen langen Augenblick s prachen sie kein Wort. Wie er Suse inzwischen kannte, wartete sie offenbar gespannt auf seine Antwort, einzig und allein, um ihm sofort eine weitere giftige Erwiderung entgegenschleudern zu können.
Beschwichtigend legte sie ihm die Hand auf die Brust. „Entschuldige , Matt’n. Ich würde diese Worte gerne zurücknehmen. Erstaunlicherweise gelingt es mir immer wieder, genau das Falsche zu sagen. Aber damit sage ich dir ja nichts Neues.“
„Mir tut es ebenfalls leid, die Nerven verloren zu haben“, lenkte er reumütig ein. „Ich weiß nicht, was mit mir los ist.“
Das Schweigen dauerte an, wurde schwer und erdrückend, bis sich Matthias schließlic h einen Ruck gab, es zu beenden.
„Du siehst wirklich hübsch aus“, bemerkte er mit einem gequälten Lächeln. „Wunderschön.“
Suse hielt ihm ein unsichtbares Mikrofon unter die Nase. „ Darf ich das noch mal hööör’n?“
Er s chaute ihr in die Augen und sie hielt seinem Blick stand. Mit einem Mal spürte er eine überwältigende Sehnsucht. Als hätte auch sie es bemerkt, wandte sie den Kopf ab und ihm stieg die Röte ins Gesicht.
„Das bist du selbstverständlich immer, Wireless , heute dagegen … Ich wusste gar nicht, wie gut Máire nähen kann.“
„ Und wer, denkst du, hat dir als Kind deine zerrissenen Hosen gestopft? Máire hat mir Geschichten erzählt … oh, Mann! Unglaublich, was für ein wilder Kerl du gewesen sein musst. Obwohl, nach dem zu urteilen, was ich über deinen letzten Ausritt gehört habe, scheinst du dich nicht so viel geändert zu haben.“
Er fuhr sich mit den Fingern durch das wirre Haar und starrte auf einen Punkt in der Ferne. Er sah dramatisch aus. Düster und schwermütig. Der Fürst der Finsternis.
„Wie geht es “, hakte sie, Mitgefühl heuchelnd, nach, „deinem Kopf? Sind irgendwelche bleibenden Schäden zu erwarten? Der arme Pádraig ist um zehn Jahre gealtert, während er dich von dem Stein gekratzt hat.“
Er hörte das schadenfrohe Lachen in ihrer Stimme, wenngleich lediglich ein Mundwinkel etwas nach oben zuckte. Wie gerne hätte er ihr dieses freche Grinsen von den süßen Lippen geküsst. Er schluckte hastig.
„Dass du dich trotz allem noch auf dieses schwarze Biest wagst , also wirklich! Man könnte dich für lebensmüde halten.“
„Es war nicht seine Schuld“, bekannte er zerknirscht.
„Bist du ausgeritten oder wolltest du gerade los?“
Als er nicht reagierte, stupste sie ihn am Arm. „He! Willst du nicht vielleicht doch mitkommen? Falls du vorhast, heute noch einen Menschen aus dir zu machen, könntest du als mein Anstands-Wauwau auftreten. Was hältst du davon? Unter deinem wachsamen Auge wird es sicher niemand wagen, sich mir in unlauterer Absicht zu nähern.“
Zweifel und die Angst vor ihrer erneuten Ablehnung standen ihm ins Gesicht geschrieben, als er beinahe schüchtern nachfragte: „Und du … du würdest mit mir …“
„Ja.“
„Und Fearghais?“
„Was soll mit ihm sein?“
„Ean?“
„Quatsch nicht so d usslig, Clausing. Oder willst du, dass ich es mir anders überlege?“
„Es dauert höchstens fünf Minuten.“
Sie schaute ihm hinterher und konnte der Versuchung nicht widerstehen , die geschmeidigen Bewegungen seines muskulösen Körpers mit einem sehnsuchtsvollen Blick zu verfolgen. Wie sehr sich doch seine Gestalt von seinem Gesicht unterschied! Die salzige Luft der Meere, der beständige Seewind und die Last der Verantwortung, die er für sein Schiff, seine Besatzung und die Ladung trug, hatten sein Gesicht geformt und ihn vor der Zeit altern lassen. Die Falten in seinen Augenwinkeln und um seinen Mund hatten sich tief eingegraben und erzählten von seiner Strenge und seinem Pflichtbewusstsein. Von Sorgen und Schmerz, Trauer und Verlusten.
Manche Männer, wie Ean beispielsweise, blieben ewig kleine Jungs. Dokto ringenieur Matthias Emanuel Clausing, Kapitän zur See und Graf von Sean Garraí, war dagegen vermutlich bereits als Mann zur Welt gekommen. Die wenigen Wochen im Jahr, die er unter Máires Fittichen in Killenymore verbringen durfte, hatten nicht verhindern können, dass er, um den hohen Ansprüchen seines Vaters gerecht zu werden, sich nur
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