Dann fressen ihn die Raben
alles, was wir taten, in irgendeiner Weise etwas mit Jonathan zu tun.
In der fünften Klasse wechselte ich die Schule – davor war ich auf die Sortedamsschule gegangen. Aber dort trieb ich immer alles zu bunt. Wenn die anderen an fremde Fenster klopften, sprühte ich meine Tags darauf. Wenn die anderen sie tagten, zertrümmerte ich sie. Irgendwann hatte ein junger und ziemlich faschistoider Lehrer deshalb meinen Basketball konfisziert, woraufhin ich eine Bockwurst in den Auspuff seines Alfa Romeos steckte. Und da hatte ich den Salat. Der Lehrer drohte mitRepressalien, einem Gespräch mit dem Schulinspektor und so weiter.
Also saß ich plötzlich in einer neuen Klasse neben einem großen, schlaksigen Jungen, der Jonathan hieß, und das Erste, was er tat, war mich zu Makrelenbroten zu sich nach Hause einzuladen. Nach der Schule trafen wir uns, um zu ihm zu gehen. Mateus rannte hinterher. Und dann hockten wir zu dritt bei Jonathan zu Hause in der Küche und aßen Roggenbrot mit Makrelen in Tomatensoße. Keiner von uns sagte etwas. Und so blieb es. Jeden Tag gingen wir nach der Schule zu einem von uns nach Hause, hingen rum und redeten nicht viel. Wir konnten auch ins Kino gehen oder auf den Basketballplatz, es machte keinen Unterschied. Wir passten einfach zusammen. Jonathan war ernst, Mateus und ich dagegen noch ein bisschen unreif. Dafür hatten Jonathan und ich schon in der sechsten Klasse Haare auf den Eiern, während Mateus über seine haarlose Zwiebel fluchte. Mateus und Jonathan konnten sich problemlos in eine Klasse einfügen, wohingegen ich hin und wieder eine helfende Hand brauchte. Auf diese Weise bildeten wir eine Einheit: Wir brauchten uns alle drei gegenseitig.
Die Vorstellung, dass Jonathan bei den Fischen schlief, führte in gewisser Weise auch mit sich, dass es Mateus und Nick nicht mehr gab. Und es gab keinen Zufluchtsort. Nur traurige Wirklichkeit.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich leicht benebelt und irgendwie traurig. Und wie immer hatte ich Henriks Existenz verdrängt. Seit zwei Jahren schon überraschte es mich, dass er tatsächlich bei uns wohnte. Als ich die Treppe runterkam, las er gerade Zeitung. A-wink-and-a-gun. Ich machte mir eine Portion Haferbrei und schnappte mir den Kulturteil der Zeitung.
„Nick?“ Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie er die Zeitung ein Stückchen senkte.
„Nick?“, fragte er noch einmal. Ich sah auf.
„Nick.“ Er schloss die Augen. „Deine Mutter macht sich ziemliche Sorgen um dich.“ Ich senkte meinen Blick wieder.
„Nick, ich meine es ernst. Wir merken doch, dass etwas nicht stimmt. Aber es ist wichtig, dass du mit uns redest, wenn es etwas gibt, was dich belastet.“ Ich sah ihm in die Augen.
„Und … Henrik … wo liegt deiner Meinung nach das Problem?“ Er sah auf den Tisch und zeigte auf einen braunen Klumpen, der zwischen uns beiden lag.
„Das da, Nick, das wissen wir beide, ist Hach.“ Hach?! Zum Totlachen. Dort lag ein Klumpen typisches Discounthasch. Mit Sicherheit steinhart.
„Das geht gar nicht. Diesmal können wir noch ein Auge zudrücken, aber nur, wenn du dich bereit erklärst, mit uns darüber zu sprechen.“
„Das da geht wirklich nicht, da hast du recht“, antwortete ich. Er wirkte spürbar erleichtert.
„Das ist Dreck. Höchstens 50 Kronen das Gramm. Ich zeig dir jetzt mal was.“ Ich zog den halben Afghanenjoint aus der Tasche. „Riech mal daran.“ Ich schloss die Augen und ließ meine Nasenflügel vibrieren.
„Das ist ja … also. Du bist ja richtig kriminell!“
Ich stand auf und ging gemächlich die Treppe hinauf zu meinem Zimmer.
„Komm sofort zurück, junger Mann!“
Ich drehte die Anlage, die ich zur Konfirmation bekommen hatte, bis zum Anschlag auf und bemitleidete mich selbst zum Dröhnen von Slipknot . All Hope is Gone.
In recent years, the Animal Liberation Front (ALF) has become one of the most active extremist elements in the United States. Despite the destructive aspects of ALF’s operations, its operational philosophy discourages acts that harm “any animal, human and nonhuman”.
James F. Jarboe,
Chef der Abteilung für inneren Terrorismus im FBI
Es war Samstag. Am Montag begann die Projektwoche, in der wir unterrichtsfrei hatten und uns unseren Gemeinschaftsarbeiten widmen sollten. Noch zwei Tage, und ich würde Liv die ganze Woche lang jeden Tag sehen. Liv und ich. Zielstrebig auf dem Weg zu neuen … Einsen. Liv und ich, die eifrig diskutierten. Drauflosschrieben. Die
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