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Dann fressen ihn die Raben

Dann fressen ihn die Raben

Titel: Dann fressen ihn die Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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auch aufgegeben, aber Mateus war nicht mehr zu bremsen.
    „Mateus, zum Teufel!“, rief ich, als wir ein gutes Stück weitergekommen waren. Er blieb sofort stehen, beugte sich vornüber und japste und sabberte, als stünden seine Lungen kurz vorm Kollaps.
    „BIST DU WAHNSINNIG?“, schrie er und schlug halbherzig nach mir. Er beugte sich wieder vor. Dann lachte er.
    „Fuck, waren die aber schnell … Was ist eigentlich mit den restlichen Plakaten?“
    „Scheiß drauf.“ Ich holte einen Afghanenjoint aus der Tasche, zündete ihn an und hielt ihn Mateus hin.
    „Nein, verdammt. Ich muss doch … morgen auch noch was arbeiten können.“
    „Du kannst morgen tun und lassen, was du willst. Alles, was du brauchst, ist ein bisschen Selbstdisziplin.“
    „Und damit kennst du dich natürlich aus“, antwortete er und riss mir den Joint aus der Hand.
    „Du kannst mich mal“, sagte er dann und nahm einen Zug. Überrascht betrachtete er die Glut.
    „3 … 2 … 1 …“, zählte er, „jetzt bin ich breit.“ Er lachte albern. Ich rauchte noch ein bisschen weiter, während wir grinsend den Strandboulevard hinunterliefen. Dann bekam ich eine SMS. Von Rie. Woher sie meine Nummer hatte, wusste ich nicht.
    Heute wieder Party. Kommst du vorbei?
    „Wer ist das?“, fragte Mateus.
    „Booty call“, antwortete ich.
    „Och Mann“, sagte er beleidigt, „warum schreibt mir nie eine, wenn sie es gerade nötig hat?“
    „Tja, wahrscheinlich liegt es daran, dass du dich nur mit der Crème de la Crème zufriedengibst?“ Glücklicherweise lachte er auch diesmal.
    „Ist sie denn lecker?“, fragte er.
    „Jepp.“
    „Welche Kategorie? Aldi? Edeka?“
    „Nein, reinste Feinkost!“, antwortete ich grinsend und zwinkerte ihm zu.
    „Dann sieh zu, dass du wegkommst, du … Springbock. Ich mach mich auf den Heimweg.“ Ich brachte ihn noch schnell nach Hause – hauptsächlich deswegen, weil ich mir dann sein Fahrrad ausleihen konnte – und radelte zum Wohnheim des Rigshospitals. Die Brandschutztür, die zum Partyraum führte, war zum Garten hin nicht abgeschlossen, sodass ich mich auf diesem Weg hineinschleichen konnte. Rie war eindeutig schon ziemlich angeheitert. Sie begrüßte mich und plauderte ein wenig, doch schon knapp zwei Minuten nach meiner Ankunft begann sie mich zu küssen, und zwar ziemlich gierig. Ich legte meine Hände auf ihre Hüften und versuchte, ein wenig mit ihr zu tanzen, aber sie war mit dem Kopf schon ganz woanders. Sie schmeckte nach Lakritz und Schnaps.
    Langsam taumelten wir zu ihrem Zimmer hinauf, wo wir schnellen Sex ohne großen künstlerischen Anspruch hatten. Anschließend wartete ich, bis sie eingeschlafen war und befreite mich vorsichtig aus ihrer Umarmung, um nach Hause zu gehen. Als ich dort ankam, drang Musik und Stöhnen aus Sandras Zimmer. Sie war wirklich auch kein Kind von Traurigkeit.

A group calling themselves Brigade G of the Animal Liberation Front claims to have detonated a device at the home of Glaxo SmithKline executive Paul Blackburn.
    BBC News, 28. September 2005
    „Die Kuh springt hoch, die Kuh springt weit, warum auch nicht, sie hat ja Zeit“, sagte Henrik augenzwinkernd in den Rückspiegel, als wir auf der Autobahn nach Holbæk eine Kuhweide passierten. Sandra und ich saßen hinten. In unserem Auto, mit Henrik am Steuer und unserer Mutter auf dem Beifahrersitz. Sie hatte uns erklärt, dass Henrik und seine Frau sich das Auto seit der Scheidung teilen mussten, weshalb es ihm nur in ungeraden Wochen zur Verfügung stand. Sandra sagte keinen Ton und saß mit geballten Fäusten da.
    „Wir werden uns dort mit Carsten und Celine treffen“, sagte Henrik. Das waren seine beiden Kinder, und die waren von der anstrengenden Sorte. Wenn man mit ihnen Zeit verbrachte, brummte einem anschließend der Schädel. Celine war sechzehn Jahre alt, ein Funkenmariechen mit braun gebrannten Beinen, die kurze, luftige Kleidchen trug, bei deren Anblick den alten Böcken das Wasser im Munde zusammenlief. Sie musste ständig zu irgendwelchen Vereinstreffen oder in die Turnhalle. Mit ihr hatte vor allem Sandra ein Problem. Carsten war dagegen schlimmer. Er gehörte zu jenen Typen, die auf dem Dorf als cool galten. Die sich an der Tanke oder auf dem Supermarktparkplatztrafen und gerne Rouladen aßen. Ansonsten ging er aufs Wirtschaftsgymnasium. Meine Mutter und Henrik erteilten uns ständig irgendwelche Aufträge, damit wir uns kennenlernten. Zum Beispiel gemeinsam das bestellte Essen beim Imbiss

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